Suche nach Beiträgen von Alina
Erste Seite | « | 1 ... 15 | 16 | 17 | 18
Die Suche lieferte 177 Ergebnisse:
Kapitel 1, Episode 4
von Alina am 13.10.2016 20:21Waldorf-Astoria, Fifth Avenue and 34th Street, New York
19th of April, 1920
Quelles des Bildes (bearbeitet von Alina)
Als Cathy das Zimmer 216 verlässt, lehnt sie sich kurz mit dem Rücken an die Tür und atmet pustend aus. Sie streicht ihr Kleid glatt und fährt sich durch ihr Haar, bringt es in Ordnung. Sie hätte es schon im Zimmer tun sollen, da gab es wenigstens einen Spiegel, aber die Zeit drängte. Sie war sicherlich eine halbe Stunde in Buchanans Zimmer gewesen, wenn nicht sogar länger. Sie eilt den Flur herunter und entscheidet sich eine Toilette aufzusuchen, bevor sie wieder zur Rezeption zurückkehren würde. Natürlich war es jetzt wieder ihre Aufgabe, sich eine Geschichte auszudenken, das war wieder typisch. Die Männer hatten all den Spass und sie, ja sie musste sich jetzt eine Ausrede ausdenken. Sie stürmt in eine Gästetoilette und begutachtet sich und nochmal die Kleidung, alles scheint gut zu sitzen. Bill, wie sie ihn nun nennen durfte, hatte sie gar nicht ganz entkleiden müssen und das war auch in ihrem Sinne. Sie streicht hier ein paar Haare aus dem Gesicht und ordnet da eine der schwer zu bändigenden Locken. Ja, so wird es gehen. Sie wird sagen, dass ihr etwas schlecht geworden ist und sie sich mal für ein paar Minuten hinlegen musste. Sie hatte ein Glas Wasser getrunken und nun war es schon wieder viel besser. Würde man ihr eine solche Geschichte nicht abnehmen wollen und es käme sogar zum Eklat, so würde sie halt die Wahrheit sagen müssen, wenigstens Mr. Boomer. Sie würde ihm sagen, was vorgefallen wäre und er würde wohl lächeln und ihr sagen, dass sie bestimmt dafür gesorgt hätte, dass das Waldorf-Astoria Mr. Buchanan noch lange als dauerhaften Stammgast willkommen heissen könnte. Sie würde verlegen lächeln und nicken und dann würde Boomer sie wieder an die Arbeit schicken.
Nochmal atmet sie pustend aus, als die Arbeit vor dem Spiegel getan ist. Wenn man es genau nähme, so hatte sie auch ihren Spass gehabt. Dabei hatte sie ihn vorher nochmal ganz ausdrücklich gewarnt. Man würde sie vermissen und es wäre auch generell auch nicht so gedacht, dass die Zimmermädchen mit den Gästen verkehren würden. Bill hatte nichts darauf geantwortet und sie zu sich gezogen. Sie hatte sich nicht gewehrt.
Natürlich war Bill schon angetrunken, aber genau deshalb hatte er auch keine Vorsicht walten lassen. Nachdem er von ihrer Haut gekostet und ihr sogar einen Kuss geraubt hatte, hatte er sie aufs Bett geworfen, dieser Unhold aus Tennessee. Und er hatte sie hart genommen – so hart, dass sie selbst ein tiefes Prickeln in sich spürte, von dem sie immer noch mehr wollte. Sie hatte sein Hemd zerrissen am Rücken und sicher trug er auch Spuren ihrer Nägel auf seiner Haut. Sie blickt ein letztes Mal prüfend in den Spiegel und lächelt etwas dümmlich, so wie man nur lächelt, wenn man gerade Sex hatte und diesen auch genossen hatte.
Sie wäscht sich noch gründlich die Finger, als sie an Bill und seinen Rücken denkt. Dort ist tatsächlich etwas Blut unter einigen Nägeln. Bill würde lange an diesen Abend zurückdenken, selbst wenn er schon längst wieder in seinem Hinterwäldlerkaff war. Sie hatte noch nie ein hübsches Mädchen aus Tennessee gesehen, alle sahen aus wie die Tiere, die sie anscheinend den ganzen Tag hüteten. Kein Wunder, dass Bill sich nach Abwechslung sehnt, denkt sie.
Dann eilt sie wieder herunter zur Rezeption. Dort steht niemand, weder hinter der langen Theke, noch auf ihrem Platz. Das ist ihr ganz recht und sie nimmt ihren Platz ein. Mittlerweile ist es so spät, dass sie sich sicher bald hinlegen kann. Manchmal kommt es vor, dass ein Mädchen geweckt werden muss, wenn ganz spät nachts etwas zu tun ist, aber dafür lässt man sie dann morgens etwas länger schlafen.
Es vergeht sicher eine gute Stunde und es geht bereits auf Mitternacht zu. Cathy freut sich bereits auf den wohlverdienten Schlaf, als sie mitbekommt, dass Bill, also Mr. Buchanan wie sie ihn jetzt wieder im Gedächtnis behalten sollte, nach einer weiteren Flasche Whiskey verlangt. Anscheinend ist die Party für ihn noch lange nicht zu Ende. Cathy lächelt in sich hinein und sie ist froh, dass ein anderes Mädchen diesen Auftrag verrichtet. Als das Mädchen aus ihrem Blickfeld verschwunden ist, nickt Mr. Boomer Cathy zu. Sie versteht den Blick: „Leg dich schlafen, es ist genug." Sie nickt ihm ebenfalls zu und macht sich dann endlich auf den Weg, hoch in den Schlafsaal der Mädchen, die kein eigenes Zimmer bekommen haben, aber trotzdem im Hotel schlafen. Und währenddessen überlegt sie, wann dieser Mr. Boomer eigentlich schläft. Eigentlich ist er immer irgendwo, wo man ihn braucht.Soundtrack für diese Episode: Eddie Cantor - All The Boys Love Mary
Kapitel 1, Episode 3
von Alina am 12.10.2016 21:05Waldorf-Astoria, Fifth Avenue and 34th Street, New York
19th of April, 1920
Quelle des Bildes (bearbeitet von Alina)
Cathy arbeitet bereits wieder seit einigen Stunden, es ist früher Abend. Der Tag war heute etwas ruhiger. Morgens hatte sie einige Zimmer geputzt, am Nachmittag hatte sie in der Küche geholfen und einen Botengang erledigt. Jetzt würde sie noch etwas Wäsche machen und sich danach um die Wünsche der Gäste kümmern, beispielsweise wenn sie etwas auf dem Zimmer essen wollen oder eine besondere Flasche Champagner bestellen. In der kurzen Zeit, in der Cathy im Waldorf-Astoria arbeitete, hatte sie schon allerhand seltsame Wünsche erfüllt. Sie zeigte den leichten Mädchen die Zimmer, auf welche sie bestellt wurden, sie holte dicke, kubanische Cigarren aus dem Tabakladen an der 36th und sogar Verhütungsmittel musste sie des Nachts besorgen. Dafür gab es glücklicherweise einen nahen Apotheker, der die Bedürfnisse der Hotelgäste kannte und den man nachts wecken konnte, allerdings gegen ein recht hohes Entgelt. Einmal war sie sogar mit einem Vorwand gerufen worden und man bat sie, bei einem Strassenverkäufer, der ihr beschrieben wurde, ein Beutelchen mit weißem Pulver zu kaufen. Erst im nachhinein hatte sie sich für ihre Naivität verflucht, denn es war sicherlich Rauschgift, welches sie dort für einen hohen Preis gekauft hatte. So etwas würde sie nicht wieder tun, zumindest würde sie Mr. Boomer informieren und ihn fragen.
Cathy gehörte zu den Mädchen, die oft tagelange Schichten arbeiteten, weil es zu Hause sowieso nichts gab, das auf sie wartete. Eine trostlose, kleine Absteige in Brooklyn, kalt und dunkel, in einer Gegend in der man auch schon tagsüber nicht gerne unterwegs war. Da war es besser, in Manhattan zu arbeiten und ein Dach über dem Kopf zu haben. Sie würde sogar hierherziehen wollen, aber alle Zimmerwohnungen waren bereits belegt und Cathy stand auf der Warteliste nicht gerade oben.
Die Wäsche dauerte etwas länger als geplant, aber es gab keinen Grund zur Eile. Cathy sitzt im Pausenraum und kaut an einer Möhre und schaut aus dem ebenerdigen Fenster, durch das sie nur die Füsse der vorbeieilenden Passanten sehen kann. Die letzten Zuckungen des Feierabendverkehrs wälzen durch die Strassen. Sie beisst wieder ab, es knackt laut. Als sie fertig ist, kehrt sie zu ihrer eigentlichen Basis zurück, wo laut Mr. Boomer immer ein Mädchen stehen soll, nahe der langen Theke der Rezeption. Gerade steht niemand da und so nimmt Cathy diesen Platz ein. Dort darf man sich nicht setzen, sondern man muss stehen, lächeln und hübsch aussehen. Cathy kann das gut und dies ist ihrer Meinung nach auch keine verschwendete Zeit. Denn wer weiss, vielleicht betritt eines Tages ein schneidiger, junger und vielleicht sogar wohlhabender Mann das Hotel, verliebt sich Hals über Kopf in sie und schon ein Jahr später wohnt sie in Arizona auf einer riesigen Ranch oder noch besser, in Kalifornien. Sie seufzt und lächelt. So kann man sich die Zeit gut vertreiben, mit Tagträumen.
Sie erledigt einige langweilige Botengänge und Besorgungen für Gäste bis zum späten Abend. Dann wird sie zum Zimmer 216 bestellt und zwar ohne Angaben von Gründen. Das ist vielleicht ungewöhnlich, aber es passiert nicht so selten, wie man annehmen möchte. Manchmal ist es den Gästen peinlich, am Haustelefon ihren Wunsch explizit zu äussern.
Als Cathy das Zimmer betritt, nachdem Mr. Buchanan sie mit einem lauten „Herein!" hineingebeten hatte, kann sie schon an seinem Blick erkennen, wo der Schuh drückt. Aber sie lässt sich nichts anmerken.
„Ah, Cathy. Schön, dass Sie schon da sind." Mr. Buchanan räuspert sich und fährt fort. „Setzen Sie sich doch, nur einen Augenblick."
Cathy sieht den Mann etwas prüfend an, zuckt dann kurz mit den Schultern und setzt sich auf einen der mit edlem Stoff bezogenen Stühle. Mr. Buchanan hatte getrunken, jedenfalls ein bisschen. Cathy kann es nicht nur sehen, sondern auch riechen, ihre Nase ist mehr als gut in diesen Dingen. Im Hintergrund läuft leise Musik, er hatte eine Platte aufgelegt und das Grammophon quäkt leise vor sich hin.
„Kann ich dir denn... kann ich Ihnen denn etwas zu trinken anbieten, liebe Cathy?" Seine Stimme war kurz davor, eine lallende Färbung zu bekommen, aber noch hatte er sich ganz gut im Griff. Lediglich seine Wortwahl zeugte davon, dass er in Gedanken mit Cathy bereits sehr viel vertrauter war, als in der Realität. Cathy lächelt und schüttelt mit einem bedauernden Lächeln den Kopf.
„Nein, Mr. Buchanan. Sie wissen doch, dass ich noch arbeiten muss." Cathys Blick ist offen, es war keine Lüge.
„So spät noch? Warum muss ein junges Ding so spät noch arbeiten?" Die Frage war wohl rein rhetorischer Natur. „Wann haben Sie denn Feierabend, liebe Cathy?"
Cathy überlegt gerade, was sie antworten soll, als Mr. Buchanan plötzlich sagt: „Stehen Sie mal auf, Cathy. Und dann drehen sie sich einmal."
Cathy sieht den Mann mit dem Glas in der Hand erst etwas verblüfft an, doch dann tut sie es. Sie steht auf und dreht sich einmal langsam. Buchanan hat ein zufriedenes Grinsen im Gesicht und sagt daraufhin, als sich Cathy im wieder zuwendet: „Weisst du, du bist ein sehr hübsches Mädchen, Cathy." Dann klopft er auf seinen Oberschenkel, als würde er Cathy herbeirufen wollen, sie einladen wollen, dort Platz zu nehmen.
„Finden Sie, dass das so eine gute Idee ist, Mr. Buchan..." Sie wird unterbrochen. „Nenn mich Bill. Einfach Bill, ja? Tust du mir den Gefallen?" Cathy nickt und kommt langsam näher. Sie versteht es, ihren Gang lasziv aussehen zu lassen und bleibt kurz vor Mr. Buchanan stehen und blickt von oben auf ihn herab – eine Geste, die ihm in diesem Moment einfach gefallen muss. Ihr Blick fällt kurz auf den ihr angebotenen Platz, dann lächelt sie, aber ihre Grübchen sieht er dabei nicht. Sie beugt sich vor, bis sich ihr Kopf nur noch ein Stückchen über dem ihres Gegenübers befindet. Sie schaut ihn an und Buchanan fällt es schwer, Augenkontakt herzustellen, denn Cathys helles Dekollete strahlt ihn nahezu an. Cathy sieht es und kann ein verschmitztes Grinsen nicht unterdrücken. Sie spürt komischerweise keine Unsicherheit, was ihre Reize angeht. Sicher, sie konnte es nicht einschätzen, inwiefern es wirklich eine gute Idee ist, sich mit einem Gast einzulassen und dann war da noch diese Geschichte mit Mr. Richards...
Sie schiebt diesen Gedanken allerdings wieder schnell zur Seite. Auch jedes respektlose Abblocken seiner Annäherungsversuche ist Cathy absolut fremd, aber sie hatte in Baltimore doch immerhin gelernt, dass sie ein Mitspracherecht besass, was passieren würde und vor allem, wann es passieren würde. Daran denkt sie jetzt, als sie in die leicht blutunterlaufenen Augen des Mannes unter ihr blickt. Sie nähert sich ihm so, dass sich ihre Nasenspitzen beinahe berühren und dann flüstert sie: „Ich bin sicher, dass Sie nur ein Glas zuviel getrunken haben... Bill." Seinen Namen betont sie deutlich, besonders das lange 'L' lässt sie lange nachklingen, sodass er für einen Augenblick ihre Zunge sehen kann. Ihr Blick flackert, irrt zwischen seinen beiden Augen hin und her. Dann richtet sie sich wieder auf und macht einen halben Schritt zurück. Buchanan starrt sie nur an, trinkt dann sein Glas mit einem Zug leer.
So mutig wie er eben auch war, so unsicher scheint er sich jetzt zu sein, mit wem er es zu tun hat. Sein Blick verrät vieles. Cathy scheint ebenfalls jung zu sein, aber nicht so unsicher wie dieses schwarze Hausmädchen, daheim in Tennessee, die gar nicht sprach, wenn er anzüglich wurde und die nicht mal stöhnte, sondern nur leise keuchte, wenn er sie in einer dunklen Ecke der Scheune nahm. Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Erst als Cathy sich herumdreht und bereits wieder die Tür öffnet, realisiert er, dass er zuviel Zeit hat verstreichen lassen. Er steht mit einem Ruck auf, sodass der Stuhl hinter ihm wackelt. Cathy bleibt nochmal im Türrahmen stehen und lächelt ihn fragend an...Soundtrack für diese Episode: Nora Bayes - Freckles
Kapitel 1, Episode 2
von Alina am 12.10.2016 20:55Waldorf-Astoria, Fifth Avenue and 34th Street, New York
19th of April, 1920
Quelle des Bildes
Cathy eilt über die Strasse und erschreckt sich, als ein Automobil hupt. Daran muss sie sich erst gewöhnen, denn hier in New York gibt es so viel mehr Automobile als in Baltimore! Sie betritt eine Bäckerei, kauft ein Brot und ein Stück Kuchen und spaziert dann Richtung Bryant Park. Sie muss bis herunter zur 40th Street laufen, aber es lohnt sich nicht für diese Pause in ihre kleine Wohnung zu fahren. Es hat sich bewährt, die zwei Stunden im Park zu verbringen, bevor sie weiterarbeiten muss. Ihre wachen und aufmerksamen Augen schauen immer wieder in die zahllosen Gesichter, die ihr entgegenkommen, doch fast nie ist jemand dabei, den sie vorher einmal gesehen hat. Das war in Baltimore noch anders.
Ja, Baltimore! Sie atmet tief aus, als sie an ihre Heimatstadt denkt, aber es ist kein Heimweh und erst recht kein Bedauern. Sie betritt den Park, geht an dem Enten- und Schwanenteich vorbei und setzt sich auf ihre Lieblingsbank, die erfreulicherweise frei ist. Baltimore, ja Baltimore. Dahin würde sie so schnell nicht zurückgehen, sie wäre schön dumm, wenn sie das täte. Was für ein Drama war es zuletzt gewesen. Ihre Eltern, die Nachbarn, die Familie Richards und sogar die Polizei. Sie war irgendwann Hals über Kopf zum Bahnhof gelaufen und war einfach davongefahren. Man würde wohl nicht nach ihr fahnden, dafür gab es keinen Grund. Aber sie hatte sich nicht zur Verfügung der Polizei gehalten, wie man es ihr angeraten hatte. Dabei hatte sie ihre dummen Fragen schon tausendmal beantwortet, immer wieder. Aber genauso wie ihre Eltern und die Nachbarn hörten sie einfach nicht mit dieser ewigen Fragerei auf.
Es entsprach der Wahrheit, dass sie die letzte Person gewesen war, die den Hausherrn, Mr. Richards zuletzt am Abend noch lebendig gesehen hatte. Das hatte sie auch zu Protokoll gegeben, obwohl sie es jetzt bereute. Damit hatte die ganze Fragerei nämlich erst angefangen. Ob ihr irgendetwas aufgefallen wäre; ob sie sich an irgendetwas erinnern könnte; ob Mr. Richards noch irgendetwas gesagt hätte; ob sie irgendjemanden gesehen hätte, der noch im Haus war oder zu Besuch kam, vielleicht sogar eine Frau. Fragen über Fragen. Cathy hatte schnell begriffen, dass sie schon viel zu viel erzählt hatte. Sie hatte nicht erzählt, dass Mr. Richards, der ehrenwerte Mr. Richards ihr wieder mal auf den Po geklopft hatte. Sie hatte verschwiegen, dass sie diesen Klaps zwar mit einem Grinsen, aber auch der üblichen Warnung kommentiert hatte. Auf den Mund gefallen war sie nicht, auch wenn sie immer Respekt vor Mr. Richards gehabt hatte und auch noch jetzt hat – auch wenn er jetzt tot war, warum auch immer.
Er hatte wohl kurz vorher mit einer Frau verkehrt, bevor er dann nach Angaben des Gerichtsmediziners einen Herzstillstand erlitten hatte. Das war keine Neuigkeit für Cathy, denn sie wusste genau, mit wem Mr. Richards zuletzt verkehrt hatte. Aber das würde sie der Polizei nicht erzählen und erst recht niemals ihren Eltern. Sie würden sie für eine Dirne halten, besonders ihre Mutter würde das tun. Dabei hatte sie sich eigentlich nichts vorzuwerfen. Sie war den Anzüglichkeiten von Mr. Richards lange genug ausgesetzt gewesen, hatte ihn vertröstet, war ihm aus dem Weg gegangen und hatte die Klapse auf den Po stillschweigend hingenommen und es nie an Höflichkeit und Verschwiegenheit fehlen lassen. Nur an diesem einen Tag, da war sie ihm gefolgt und hatte sich nicht verlegen und mit roten Wangen aus seinem Griff gewandt. Sie war ihm in sein Schlafzimmer gefolgt und hatte es selbst dann nicht versäumt, eine letzte Warnung auszusprechen, dass dies sicher keine gute Idee sei. Doch das sah Mr. Richards anders. Er hatte sie genommen, als wäre es eine längst überfällige Selbstverständlichkeit. Und er war grosszügig gewesen, als er ihr danach zehn Dollar zusteckte und schmunzelnd meinte, sie solle sich ein schönes Kleid davon kaufen.
Sie hatte der Polizei nicht mehr erzählt, weil die Männer sie während der Befragung immer mehr bedrängten und weil sie befürchtete, die zehn Dollar wieder herausgeben zu müssen, wenn sie die Wahrheit sagen würde. Und was würden ihre Eltern sagen, wenn die Polizei diese Aussage weiterverfolgen würde und hinterher noch alles herauskam? Oder noch schlimmer, dass man sie am Ende sogar noch verdächtigen würde! Ihr reichte es zu wissen, dass sie nichts mit dem Tod von Mr. Richards zu tun hatte. Und wenn der alte Knacker wirklich wegen ihr einen Herzstillstand erlitten hatte, so war es doch sicher ein schöner Tod gewesen. Sie muss trotz des ernstes Themas kurz lächeln, wenn sie an Mrs. Richards, seine Gattin, denkt. Sie sah aus wie ein Rottweiler. Es war kein Wunder, dass er Cathy nachgestellt hatte. Sie wusste sehr genau, dass es ein tiefer Wunsch von ihm gewesen war, mit ihr zu schlafen und diesen Wunsch hatte er sich immerhin noch erfüllt, bevor der Sensenmann... bevor der Herr ihn zu sich gerufen hatte.
Sie schaut auf eine Ente, die gerade nahe ihrer Bank über den Weg watschelt und pustet eine rote Locke aus dem Sichtfeld. Sie seufzt und lehnt sich zurück. Sie hat plötzlich keinen Hunger mehr und nimmt sich vor, das Stück Kuchen für später aufzuheben, für ihren Feierabend. Man wird sie hier nicht finden, in diesem Moloch, der nur aus den Reichen, Schönen und Abenteuerlustigen wie ihr zu bestehen scheint. Sie kann die Wolkenkratzer sogar über den Baumwipfeln emporragen sehen. Nein, man wird sie hier nicht finden und man wird auch sicher gar nicht nach ihr suchen, aber sie kann auch nicht mehr nach Hause. Dieses Wissen lastet in diesem Moment etwas schwer auf ihrer Stimmung. Sie zieht eine Schnute und steht dann auf, bricht ein Stückchen vom frischen Brot ab und wirft es in kleinen Krummen in Richtung der Ente, die sich sogleich darauf stürzt. Cathy betrachtet es mit einem Lächeln, lässt den Kopf in den Nacken fallen und fängt einige Sonnenstrahlen mit ihrer Nase.
Soundtrack für diese Episode: Charles Harrison - I'll Be With You In Apple Blossom Time
Re: ☁ HOL DIR HILFE ☁
von Alina am 12.10.2016 14:06Ja, ich habe festgestellt, dass es einen Moment dauert, bis Änderungen wirksam werden. Ich habe jetzt wieder meine ursprüngliche Idee hergestellt, die du hoffentlich NOCH kreativer findest. ;)
Vielen Dank für deine Hilfe.
Re: ☁ HOL DIR HILFE ☁
von Alina am 12.10.2016 14:01Ich habe eine Signatur eingefügt und zudem noch die Quelle im Profil angegeben. Trotzdem wird sie nicht angezeigt und ich habe in eurem Regelwerk auf keine Information darüber gefunden, welche Restriktionen es geben könnte. Habe ich etwas übersehen?
Edit: die Frage hatte sich in dem Moment erledigt, als ich diesen Beitrag abgesendet habe. Ich habe gerade 500 Coins erreicht, liegt es vielleicht daran? Vorher ging es tatsächlich nicht.
Auch wenn mir jetzt geholfen ist, vielleicht möchte jemand trotzdem die Frage beantworten, warum es vorher nicht ging. Vielen Dank im voraus.
Kapitel 1 - New York
von Alina am 12.10.2016 03:24Waldorf-Astoria, Fifth Avenue and 34th Street, New York
19th of April, 1920
1. Mr. Buchanan
Mister Buchanan hatte das Hotel schon längst verlassen, als Cathy sein Zimmer betritt. Es ist das Zimmer 216 und es kommt Cathy jedes Mal, wenn sie es betritt, ein kleines bisschen grösser vor als die anderen Zimmer, die sie vorher geputzt hat. Liegt es an dem Gebäudeplan, den sie vor kurzem aus Zufall gesehen hatte, als sie dem Manager Mr. Boomer über die Schulter gesehen hatte, als er gerade einem Handwerker etwas erklärte, oder liegt es an dem Wissen, dass Mr. Buchanan ein wohlhabener Mann zu sein scheint? Zumindest das lag auf der Hand: der Mann aus Tennessee konnte nicht arm sein. Überall lagen teure Fachzeitschriften herum, die sich wohl mit der Wirtschaft beschäftigten. Es war auch offensichtlich, dass Mr. Buchanan mit Baumwolle handelte oder sie vielleicht selbst produzierte. Auf dem Tisch lagen achtlos Listen mit Preisen und Bestellungen.
Cathy seufzt und schaltet das Radio ein. Dann beginnt sie damit, den Raum zunächst feucht abzuwischen. Keine Fläche darf sie vergessen. Unter einem Stuhl findet sie ein Büstenhalter, der unmöglich von Mr. Buchanan stammen konnte. Sie überlegt kurz, dann hebt sie ihn auf und legt ihn ordentlich zusammen. Dann überlegt sie wieder und sieht sich um. Sie legt ihn auf den Stuhl, das wird wohl das Beste sein.
Dann widmet sie sich dem grossen, ovalen Spiegel, der nahe einer Wand steht. Sie benutzt eine besondere Lauge, die für Fenster und Spiegel gedacht ist und wischt darüber. Was sie im Spiegel erblickt, hat Mr. Buchanan schon zu dem ein oder anderen Kommentar verleitet, wenn sie sich zufällig begegneten. Sie schaut in grüne Augen, die etwas Katzenartiges haben. Ihre Augen verengen sich, als würde sie prüfend schauen und dann ist es besonders offensichtlich. Sie lächelt sich im Spiegel an. Wenn sie künstlich lächelt, dann wirkt sie wie diese Frauen auf den Titelseiten der Modemagazine, von denen Mr. Buchanan auch welche besitzt und die Cathy sich manchmal heimlich für fünf Minuten anschaut. Wenn sie natürlich lächelt, so wie jetzt, dann sieht sie ganz leichte Grübchen in ihren Wangen, die sie viel sympathischer wirken lassen und keinesfalls wie ein Vamp. Ihr kurzes, gelocktes Haar gibt ihr zudem etwas Spitzbübisches. Es war nicht unüblich hier in New York, so eine Frisur zu tragen. Ihre Mutter jedenfalls würde ihr wohl etwas erzählen. Der Herr Jesus würde so keinen Gefallen an ihr finden. Das gleiche galt auch für ihre Hosen, die sie am liebsten in ihrer Freizeit trug. Auch diese waren dem Herrn ein Graus, wenn sie ihre Mutter fragen würde.
Sie dreht sich und betrachtet sich im Profil. Mit ihren 1,70 Metern war sie nicht gerade klein, ihre Figur konnte man ohne weiteres als weiblich, sogar üppig beschreiben. Mit ihren Brüsten konnte sie durchaus zufrieden sein, wenn sie ihr Gewicht und ihre Statur berücksichtigte. Auf ihrem Dekollete tanzten einige der blassen Sommersprossen, die sich vor allem auch im Sommer auf ihrer Nase wiederfanden. Ihre Haut war hell, fast blass und wenn sie zu fest auf ihren Arm drückte mit einem Finger, so sah man die Stelle noch ein paar Stunden später.
Ja, sie war ganz zufrieden mit sich, wenn sie sich so im Spiegel betrachtete. Dann seufzt sie wieder, schaut auf die Uhr und macht schnell weiter. Wenn sie sich beeilt, kann sie noch eine oder zwei Minuten einen Blick in das neue Magazin werfen, mit einer Frau darauf, die ein wunderschönes Kleid trägt...
Soundtrack für diese Episode: Al Jolson - Tell Me
Das Zimmermädchen [FSK18]
von Alina am 12.10.2016 02:30Hallo, ich heisse Lina und ich habe schon seit längerem eine Idee für mehrere Kurzgeschichten, beziehungsweise Rollenspielepisoden im Kopf. Es geht um ein geheimnisvolles Zimmermädchen, welches natürlich in einem Hotel anzutreffen ist. Ich bin ein wenig von der Figur der Moira O'Hara inspiriert worden (American Horror Story).
Quelle des Bildes
Zur Story:
Catherine Hasselmann kommt als Tochter von deutschen Einwanderern zur Welt. Ihre Grosseltern kamen in den 1870er Jahren nach Amerika, liessen sich in Baltimore, Maryland nieder. Dort lernten sich auch ihre Eltern kennen und im Jahre 1901 wird Cathy, wie sie in Kurzform gerufen wird, geboren.
Die Mutter ist strenge Protestantin, der Vater ist jedoch eher weltlich eingestellt. Wie sein eigener Vater, also Cathys Grossvater, so gehören auch die Hasselmanns der deutschen Gemeinde von amerikanischen Siedlern in Baltimore an, der "German Society of Maryland", die ein Jahr vor Cathys Geburt unter anderem von ihrem Grossvater gegründet wird.
Quelle des Bildes
Cathy wächst heran und wird eine hübsche, junge Frau. Sie arbeitet zunächst in privaten Haushalt als Haushälterin, später geht sie jedoch nach New York, um dort als Zimmermädchen in den vielen, grossen Hotels zu arbeiten. Dort verliert sich zunächst ihre Spur und auch der Kontakt zu ihrer Familie reisst dort vollständig ab.
Quelle des Bildes (bearbeitet von Alina)
Wer sich für eine Rollenspielepisode interessiert, kann sich gern bei mir melden. Es sollte sich von selbst verstehen, dass ich Cathy spielen werde, weil ich eine Hintergrundgeschichte für sie entworfen habe, die ich im Spiel natürlich berücksichtigen werde und die auch der Grund ist, warum die obige Beschreibung etwas kryptisch ausfällt. Sie ist eine geheimnisvolle Person und wenn überhaupt, so kommt man ihrem Geheimnis nur langsam auf die Schliche.
Wer sich für die Geschichte, aber weniger für ein Rollenspiel interessiert, kann ab und zu vorbeischauen. Ich hoffe, dass bald die ersten Episoden und Kurz-
geschichten fertig sind. Danke für eurer Interesse.
Was noch fehlt, sind die Genres, die ich ansprechen will:
Thriller / Crime / Mystery / Horror / Erotik
Kapitelindex
Kapitel 7 - Paris 1968
Kapitel 8 - Paris 1968
Kapitel 9 - Berlin 1984
Kapitel 10 - Moskau 1992
Kapitel 11 - Zurück in New York 2001