Das Partyboot setzte an und die Musik dröhnte durch alle Wände, Alkohol wurde überall verteilt und junge Menschen bewegten sich rhythmisch zur Musik, während das Boot weiter aufs Meer fuhr und die Landzunge langsam aus Nidas Blickfeld verschwand.

Es war ihr 21. Geburtstag und ihre Eltern hatten ihr und ihrem Zwillingsbruder allein mit ihren hundert engsten Freunden - na ja, eher wohl Neons hundert engsten Freunden - auf dieses Boot gesetzt, damit sie den Geburtstag ihres Lebens haben konnte. Doch Nida wollte all dies nicht. Sie war kein Mensch, der Menschenmassen wirklich mochte. Sie wollte auch im Gegensatz zu ihrem drei Minuten jüngeren Bruder nicht hier sein, sondern lieber mit ihrer Familie im kleineren Kreis feiern - wenn es denn unbedingt eine Feier sein sollte. Doch ihr Bruder, den sie wirklich von Herzen liebte, hatte sie gebeten, sich zu überwinden. Die beiden Geschwister könnten wirklich nicht unterschiedlicher sein. Und so ergab sie sich und verließ endlich ihr Zimmer und ging auf Deck, wo sie sich durch die Menschenmasse drängte. Sie kannte all die Menschen, aber sie redete nicht unbedingt gerne mit ihnen und so setzte sie sich einfach mit einem Becher mit irgendeiner komisch riechenden Flüssigkeit auf einen der Sonnenstühle und trank ihren Becher aus, als sie plötzlich auftauchte und sich Nidas Welt schlagartig ändern sollte.

Daya handelte gegen jegliche Vernunft. Es war ihr egal. In diesem Moment war ihr einfach alles egal! Und so schwamm sie so schnell sie ihre Flosse trug gen Oberfläche und öffnete ihren Mund und atmete. Sie atmete die Luft ein, strich sich das helle Haar aus dem Gesicht und sah sich um. Sie war nicht mehr weit vom Festland entfernt - ihrem Ziel. Zielsicher schwang sie ihre Schwanzflosse nach hinten, als sie plötzlich Lichter in der Ferne sah. Angst, aber auch Neugierde machte sich in ihr breit, wobei letztes letztendlich siegte und sie schwamm auf das seltsame Objekt zu.

Ihr ganzes Leben hatte sie von Menschen gehört. Sie jedoch nie gesehen. Sie waren gefährlich, hatte man ihr immer gesagt. Sie würden sie töten wollen. Ihr grausame Dinge antun. Doch etwas in Daya hatte sich immer gesträubt, die ganzen Sagen über die Menschen zu glauben. So zog sie sich, nachdem sie an dem Objekt angekommen war, auf die kleine Platte am Ende des großen weißen Dings. Sie hievte ihre Schwanzflosse, die fast zwei Drittel ihres Körpers ausmachte, nach oben und sah sich um. Und gerade als sie sich in die Richtung eines weißen Stofffetzens bewegen wollte, begann ihre Schwanzflosse sich zu erhitzen. Es war fast ein unerträglicher Schmerz, doch Daya schaffte es nicht aufzuschreien, als etwa fünf Minuten später ihre Schwanzflosse verschwunden war und vor ihr zwei Beine lagen. Unter Schock betrachtete sie ihre neuen Gliedmaßen und bewegte sie. Schock wandelte sich schnell in Ekstase um und sie versuchte aufzustehen. Es war schwerer, als sie es gedacht hätte, aber sie schaffte es und ging Schritt für Schritt wie ein Baby auf den weißen Stofffetzen zu und band ihn sich um den Körper. Ihre Arme fanden zwei Löcher und ihr Oberkörper wurde von dem Stoff bedeckt, ehe sie sich auf den Weg machte - ohne ein klares Ziel, aber mit dem Willen Menschen zu sehen.

In einem Bademantel bekleidet und ohne Schuhe tippte sie wie eine Elfe, wie ein Fabelwesen durch die Menschenmenge. Jemand drückte ihr einen Becher in die Hand und Nida beobachtete sie. Sie trank, grinste und sah sich die Menschen um sich herum an. Nida kannte sie nicht, wurde ihr sofort bewusst. Die junge Frau begann sich zu bewegen und fing an zu tanzen, ahmte die Bewegungen der anderen Menschen nach. Sie war so anders. Anders als alle anderen Menschen, die sie bisher in ihrem Leben gesehen hatte. Sie war ohne jegliche Sorge. Sie war frei. Und als sie auf Nida zu getippelt kam, stand sie sofort auf und die Augenpaare der Frauen trafen sich. Daya lächelte und nahm Nidas Hand, ehe sie weiter tanzte.

Doch es gibt einen Grund, warum Dayas Clan sich von Menschen fernhält. Denn die Warnungen sind wahr. Und sollte Daya mit Wasser in Kontakt kommen, würde sie sich zurückverwandeln und wenn Menschen sie dann erkennen würden, würden sie die Jagd auf sie beginnen.

• • • •

© Xayah