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The Headwinds - Handlung

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Zladune

26, Weiblich

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Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 26.08.2022 18:41

In der Zwischenzeit hatte Notos seinen Hustenanfall in den Griff bekommen. Seine gute Laune eher weniger. Das Grummeln der Heilerin entlocke ihm erneut ein Lachen, wenngleich es eher verhalten klang. „Gifte haben mich bisher meist nicht wirklich zum Lachen gebracht, das stimmt", gab er ihr schmunzelnd recht, verscheuchte dabei die aufkommenden Bilder und Erinnerungen. Zusammen mit der strengen Stimme, in der ein winziger Hauch von Mitleid schwang. Es ist nur zu deinem Besten, Junge. Der Drachenritter schüttelte sachte den Kopf. Natürlich war es das gewesen. Es hatte ihm sogar ein paar Mal das Leben gerettet. Änderte nichts daran, dass es angenehmere Dinge im Leben gab. Er bekämpfte die lästigen Gedanken wie immer mit einem amüsierten Lächeln: „Aber ansonsten nehme ich die Herausforderung an. Ich bin gespannt, was du dir einfallen lässt. Aber du tust ja fast so, als wäre etwas verkehrt daran, über solche Dinge zu lachen." Es brachte ihm auf jeden Fall mehr, als sich dem Zorn oder Trauer hinzugeben. Man musste nicht alles zu ernst nehmen. Erst recht nicht sich selbst.

Für einen Moment haderte der Weißhaarige damit, Nirah mehr darüber zu erzählen, mit wem sie sich verstehen würde. Allerdings... es war wohl kein Geheimnis, welches er hütete. Jeder in Arcadia würde diese Information über ihn mit wenig Mühe herausfinden. „Mit meiner Schwester", antwortete er ihr aufrichtig, mit einem warmen Ausdruck im Gesicht. „Sie hat mich früher immer auf solche Art und Weise auf die Schippe genommen." Angefangen damit, dass sie sich bereits als kleines Kind, als er noch normal sehen konnte, immer an den abwegigsten Orten versteckt hatte. Nur um ihn dann mit einem lauten „Überfall!" zu Boden zu werfen. Er hatte sie dafür bei gemeinsamen Bootsausflügen immer in einem Moment der Unaufmerksamkeit ins kalte Wasser geschubst. Auch wenn sie dort bei der darauffolgenden Rangelei trotzdem irgendwie immer beide lachend gelandet waren. Als Neela ihre Ausbildung anfing, hatte sie ihm dann einmal irgendein juckendes Pulver ins Bett gestreut. Und er hatte ihr daraufhin eine Spinne auf die Schulter gesetzt. Notos begann bei dem Gedanken an das erschrockene Quietschen schweigend zu grinsen. Er mochte seine Schwester, wirklich. Aber war er froh, dass ihre Neckereien inzwischen nicht ganz dieselben Grade wie früher hatten. Obwohl er mit den Feuerbeeren den Krieg wieder um eine Punkt gewinnen könnte...

Eine Waffe, die Nirah ihm schließlich auch übergab. Er bedankte sich lächelnd und steckte die Beeren in einen seiner Seitenbeutel. Vielleicht würde er sie später versuchen zu rösten. Auch wenn er es wegen seiner Wunde wirklich nicht übertreiben sollte. Nicht dass sie sich noch ausbreitete.

Schade nur, dass das Wesen, welches sie verfolgte, ihnen einfach keine Ruhe geben wollte. Notos hätte zu gerne nocheinmal nachgehakt, was man tun musste, um ein getötetes Wesen auf den rechten Weg zur Mutter zu bringen. Und wer war sie überhaupt? Auch wenn er der Heilerin nicht ganz folgen konnte, hatte sie tatsächlich bereits seine volle Aufmerksamkeit erlangt, als sie von einer möglichen Störung des Gleichgewichtes sprach. Der Erhalt des Gleichgewichtes – das war eigentlich Teil seiner Arbeit. Und er verstand sehr wohl, wie wichtig es war, die fragile Harmonie und Stabilität zwischen den Gilden und Orden zu wahren, damit niemand einen unfairen Vor- oder Nachteil erlangen konnte. Aber auch auf das Gleichgewicht in der Natur musste geachtet werden, insbesondere zwischen Menschen, Drachen und Monstern oder Tieren. Allerdings schien die junge Frau eine andere Art von Gleichgewicht im Kopf zu haben. Sie lebten also in einem ewigen Kreislauf. Nun... in gewisser Weise konnte man das vielleicht so betrachten. Auch wenn er nicht das Gefühl abschütteln konnte, dass sie noch von etwas anderem sprach...


Leider würde er seine Neugier fürs erste nicht stillen können. Nirah bestätigte seine Vermutung: Was auch immer sie bis hierher verfolgt hatte, konnte unmöglich ein einfaches Tier sein. Und weshalb er darauf kam, dass es ein Tier war... Der Weißhaarige gab ein lautloses Seufzen von sich. „Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist..." Erneut ließ er seine Aufmerksamkeit auf dem Wesen ruhen. „..hellblau".

Schlagartig öffnete er die Augen wieder, als seine Begleiterin ihm Recht gab, dass draußen etwas lauerte. Wie...? Wie konnte sie mit Sicherheit sagen, dass dort etwas war? Konnte sie etwa auch... Nein, niemals. Notos hatte bereits zu einer misstrauischen Frage angesetzt, da stand die Heilerin plötzlich auf, drückte ihm das gebratene Fleisch in die Hand und verschwand nach draußen. „Nirah?!" entkam es ihm zischend, doch sie hatte den Schutz des Lagers bereits verlassen. Als ob er einfach nur warten würde!

Beinahe hätte der Weißhaarige das Fleisch einfach auf den Boden gelegt und wäre ihr nachgelaufen. Beinahe. Wenn da nicht in seinem Hinterkopf ihre vorherige Predigt herumgeistern würde. Wenn er schon ein Tier um sein Leben gebracht hatte, konnte er ihm wenigsten den nötigen Respekt erweisen und es nicht einfach wie Abfall wegwerfen. Leise fluchend holte Notos aus seiner Seitentaschen ein kleineres Tuch hervor, welches er eigentlich nur ab und an bei seiner Arbeit nutze und legte das Essen darauf, bevor er ohne weiter zu Zögern nach seiner Hellebarde griff.

Zeitgleich mit Nirahs Hilfeschrei erklang ein scharfes Surren, als die Klinge der Waffe durch die Luft schnitt. Mit einem dumpfen, vibrierenden Ton stieß die Barte auf Widerstand. Ein Aufjaulen war zu hören, das Wesen schlidderte aufgrund des kraftvollen Hiebes wankend zur Seite – doch es fand dank seinem massigen Gewicht schnell wieder Halt. Das tiefe Knurren überschattete fast den Laut von einem kleinen Objekt, welches vor der Kreatur zu Boden fiel.

Das Notos hatte mit seinem Eingriff nicht viel an Abstand zwischen der tiefroten, massiven Aura und dem am Boden liegenden, orangen feurigem Flimmer gewonnen, als er zwischen die Heilerin und ihren Angreifer schritt. Die Spitze der Waffe war auf das Monster gerichtet. Der Ritter erwiderte den dunklen, drohenden Ton des Biestes. „Wag es nicht sie anzurühren." Ruhig aber bestimmt. Die Zeit für beschwichtigende Worte war längst vorbei.

Das Wesen schüttelte sich und setzte lauernd eine Pfote vor die andere, während es um den blinden Ritter im Kreis herumwandern wollte. Doch Notos folgte den Bewegungen aufmerksam, immer darauf bedacht, dass das Monster keine freie Schussbahn auf seine Begleiterin haben konnte. Und er brauchte nicht lange, um die wichtigsten Informationen zu bekommen. Die blutrote Aura legte sich um einen muskulösen Körper, der tatsächlich entfernt an den seines Partners erinnerte. Raubkatzenartig. Nur weitaus größer, mit breiteren Schultern und Pranken. Vermutlich über zwei Meter. Allerdings schien die Aura an manchen Stellen weniger dicht, insbesondere am Rücken nahe des Nackens und vereinzelt an der Seite des Bauches sowie den Pfoten. Der Weißhaarige konnte es zwar nicht sehen, aber er vermutete stark eine flache oder hornartige Panzerung sowie scharfe Krallen. Am Hals bis übers Kinn und fast zur Nase traten bereits Verfärbungen in der Aura auf – die frische Wunde seines vorherigen Angriffs.

Der Weißhaarige verfestigte den Griff um seine Waffe. Er musste Nirah zumindest Zeit geben, um sich wieder aufzurappeln. Um sich in Sicherheit zu bringen. Und plötzlich, ohne Vorwarnung, preschte er auf seinen Gegner zu, mit einer Geschwindigkeit, die wohl selbst das Biest nicht erwartet hatte. Die Spitze am Kopf der Waffe wie bei einer Lanze auf das Wesen gerichtet, vollführte der Ritter mehrere stichartige Bewegungen, die die große Raubkatze etwas mehr auf Abstand brachten, bevor sie eine Pfote anhob und einen Gegenangriff startete. Notos war fokussiert auf die Körpermitte, sah den anbahnen Prankenhieb – und wich vorrausschauend aus, rückte seine Hände auf dem Schaft seiner Waffe näher zusammen und schwang die Hellebarde wie eine Axt, traf damit die Flanke des Monsters.

Der darauffolgenden Biss-Attacke entkam der Drachenritter intuitiv, ohne groß nachzudenken. Es war, als hätte er den Kopf abgeschaltet, alle Hiebe und Stiche waren fließend, jahrelang einstudiert, die Bewegungsabfolge in seinem Körper eingraviert. Und sein tänzelnder, schneller Kampfstil und Ausweichmanöver waren perfekt für einen großen, massigen Gegner wie diesen – wenn man alleine war. Es war nur ein Moment. Ein Augenblick, als er zu sehr in dem Schlagabtausch mit dem Biest vertieft war. Sie kamen der Heilerin verdächtig nahe. Die Wunden am Körper des Monsters vermehrten sich langsam, aber die Wut ließ nicht nach. Es erhaschte einen Blick auf die junge Frau. Und die Entfernung war klein. Viel zu klein. Abrupt ließ es auf einmal von dem blinden Weißhaarigen ab, wandte sich mit ein paar schnellen Laufschritten zur Heilerin und wollte erneut einen Satz machen. Notos reagierte instinktiv. Sofort drehte er die Hellebarde in seiner Hand und versuchte sich mit der gebogenen Klinge an der flachen Panzerung im Nacken einzuhaken. Als er Halt fand, zog er mit aller Kraft seinen Gegner zu sich – im selben Moment, als dieser zum Sprung ansetzte. Ein schmerzerfülltes Jaulen erklang, zeitgleich mit einem reißenden Geräusch. Das Monster änderte ruckartig sein Ziel.

„Jasper!" Erneut erklang Surren, als sein Partner seine Präsenz bekanntgab, auf dem Rücken des Biests landete und seine Krallen tief in die frische Wunde am Nacken bohrte. Die Raubkatze bäumte sich bei dem elektrischen Schlag auf. Und Notos nutze dies, duckte sich unter eine der Pranken, um seine Waffe noch ein letztes Mal zu schwingen. Die tiefrote Aura verfärbte sich, wurde um den Bauchbereich rum zunehmend dunkler. Der Weißhaarige machte einen Satz nach hinten, spürte bald kleine Krallen, die sich in seine Schulter bohrten. Zwei Hinterpfoten suchten Halt auf seinem Rücken. „Letzte Chance.", gab Notos knapp von sich. Die Kreatur atmete heftig. Dann stellte sich auf seine Hinterbeine, gab ein lautes Brüllen von sich. Der Weißhaarige schnaubte leicht lächelnd. „Dachte ich mir". Die Schwingen seines Partner breiteten sich drohend in voller Größe aus, während der Drachenritter seine Hellebarde anhob. Die Spitze der Klinge leuchtete hell auf, als vereinzelt kleine Blitze um die Waffe aufglimmten.



Antworten Zuletzt bearbeitet am 02.07.2023 17:54.

Saphyr

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 27.08.2022 23:41

Womöglich würde sich Nirah den Kopf darüber zerbrechen, wie es sein konnte, dass sie der Schwester eines so arroganten Mannes ähnelte. Darüber, was er mit den Feuerbeeren bezwecken wollte. Oder warum er nicht einmal eine grundlegende Ahnung von ihrer Lebensweise zu haben schien. Vielleicht würde sie sich einfach nur über Notos ärgern, wegen allem natürlich. Darüber sinnieren, welche anderen möglichen Racheakte es noch gab, wäre auch eine Option. 
Gerade hätte sie das alles lieber getan, zur Abwechslung. Sie hatte jedoch nicht wirklich die Zeit dafür. Um es untertrieben auszudrücken. Dieser verdammte Wolf. Nirah kam es vor, als würde er ein Spiel mit ihr spielen.
Komm, ich leite dich weg vom Dorf, damit du einen unangenehmen Fremden triffst. Sieh, ich kann dafür sorgen, dass ihr nicht in Ruhe rastet, weil euch meine Anwesenheit besorgt. Ach und übrigens, komm doch eben bei völliger Dunkelheit entgegen jeder Vernunft tiefer in den Wald, ich habe eine Überraschung für dich ... Hinter dir! Bin dann mal weg. 
Wenn, dann konnte Nirah keine weitere Spielregel erkennen, außer dass sie in Bedrängnis gebracht werden sollte. Und der letzte Zug spielte ganz eindeutig mit ihrem Leben. 
Selbst jetzt noch brannte in ihr das Verlangen, ihm Auge in Auge gegenüberzustehen, was völlig absurd war. Schließlich zweifelte sie noch immer an seiner Existenz. 

Falls er nur ein Streich ihrer Sinne war ... Das riesige Monster vor ihr existierte auf jeden Fall. Nirah wurde erst klar, dass es deutlich massiver, dafür auch kleiner war als angenommen, als es sich mit einem dumpfen Schlag auf seine Vorderpfoten fallen ließ. Es holte mit seiner gefährlichen Pranke aus. Ihr Bein in Gestrüpp verfangen, welches sie wie Treibsand festhielt. Der Bogen zu weit weg. Den Dolch ausgestreckt, leider keine allzu nützliche Waffe gegen solch ein Ding. Der Schrei, für den sie sich schämen würde, hätte sie nicht Angst, von oben bis unten aufgeschlitzt zu werden. 
Nirah schob sich ruckartig nach hinten, versuchte sich verzweifelt zu befreien, um den Klauen zu entgehen. Zu langsam. Sie hielt mit aller Macht die Augen offen, auch wenn sie den starken Drang hatte, sie im Moment des eintreffenden Angriffs zu schließen. 

Ein Angriff, der ausblieb. Sie brauchte einen Moment, um zu verstehen, warum. Sie sah, wie etwas aufblitzte und wie aus den beiden hervorstehenden glitzernden Fangzähnen des Monsters nur noch einer wurde. Der andere wurde mit einem lauten Krachen abgetrennt. Das bullenhafte Ding, mit dem Kopf und den Pfoten einer hässlichen Katze, stolperte verwirrt zur Seite. Nirahs Blut rauschte in ihren Ohren. In die Gewissheit, dass sie gerade einem tödlichen Treffer entgangen war, mischte sich etwas anderes. Eine Stimme, in ihrer Gefasstheit unpassend zu ihrem eigenen inneren Chaos. Notos? Aber ... wie?

Das Monster entschied sich, dass es zuerst den unerwarteten Gast zerfleischen wollte. Nirah hatte geahnt, dass Notos kämpfen konnte. Ein wenig. Gut genug, um eine Gefahr für sie zu sein, sollte er es darauf anlegen. Nur brauchte es nicht viel, um sie zu übertreffen.
Immer wieder drang Mondlicht durch das dichte Blattwerk, kaum hell genug und flackernd. Es erzeugte schattenhafte Konturen. Es ließ ihn geradezu wirken wie einen tosenden Gewittersturm, der unbarmherzig über seinen Gegner hereinbrach. Die fließende Eleganz seiner Bewegungen war in der Lage, der Kreatur souverän Schaden zuzufügen, während er selbst jeder Attacke entging. Es war absolut unmöglich, dass er völlig blind war. Allein ein gutes Gehör wäre nicht in der Lage, ihm solche Präzision zu verschaffen.

Nirah besann sich darauf, dass sie später noch verwundert und eigenartig fasziniert von dieser plötzlichen Zurschaustellung von Kampfgeschick sein konnte. Sie riss erneut an ihrem Bein, welches sich mit jeder Bewegung mehr verhakte. Fast schien es, als hätten die dornigen Ranken ein Eigenleben entwickelt. Sie waren fest entschlossen, sie nicht mehr gehen zu lassen, zogen sich fester um ihren Knöchel. Sie zogen tatsächlich.
Die ersten Dornen durchdrangen ihre Kleidung und erzeugten einen stechenden Schmerz. Nirah beugte sich nach vorne, um sich mit ihrer Klinge Freiheit zu verschaffen ... und sah direkt in die leuchtend roten Augen des Monsters. Es machte einen Schritt auf sie. Fast beiläufig setzte es seine Pfote auf ihr gefangenes Bein und grub seine Klauen mühelos hinein, während es sich hungrig über das Maul leckte. Nirah keuchte auf vor Schmerz. Das Wesen setzte zum Sprung auf ihre Kehle an.
Bevor es sich auf sie stürzen konnte, wurde es zur Seite gerissen. Der Druck auf ihrem Bein verschwand, die Schmerzen wurden stärker. Dafür war sie frei. Das Monster hatte bei dem unerwarteten Manöver die sich windenden Ranken zerfetzt.

Sie ignorierte mit zusammengebissenen Zähnen die Verletzung genauso wie das warme Blut, das spürbar an ihrer Wade hinabrann, und hievte sich hoch. Wild sah sie sich nach ihrem Bogen um. Sie brauchte eine Waffe! Die Pfeile in dem Köcher an ihrer Hüfte hatten alles erstaunlicherweise gut überstanden. Während Notos  - und Sir Jasper? - weiter kämpfte, fand Nirah schließlich ihre Waffe mehr durch Zufall als alles andere. Sie brachte humpelnd etwas Abstand zwischen sich und den Kampf. Vor allem brachte sie sich in eine geeignete Schussbahn. 
Das Monster bäumte sich abermals auf und öffnete weit das Maul, um ein markerschütterndes Brüllen abzugeben. Nirah nutzte ihre Chance und feuerte einen Pfeil in seinen Rachen. Das Vieh ließ abrupt die Zähne aufeinander krachen, als hätte er ihre Tat vorausgesehen. Das Projektil donnerte von außen gegen sein Gebiss, anstatt hineinzufliegen. Der zweite, nicht sehr dicke Reißzahn fiel zusammen mit einigen Tropfen Blut des Monsters zu Boden.

Plötzlich wanden sich Blitze um Notos' Waffe - echte Blitze? Woher auch immer sie kommen mochten, Nirah kam nicht dazu, das Phänomen zu hinterfragen. Sie erzeugten genügend Helligkeit, dass sie sah, wie der Boden unter seinen Füßen sich regte und sie fühlte dieses Mal, wie die Magie umherwirbelte. "Pass auf!", rief sie ihm zu, während sie schon zielte. "Die Ranken! Es will dich fangen." 
Daraufhin traf eine Pfeilsalve das Wesen am Hals und an der Brust. Ein Geschoss nach dem anderen, so schnell wie sie konnte. Einige prallten an seiner Panzerung ab. Die restlichen Pfeile blieben stecken, allerdings sah es so aus, als finge die feste Haut jeden größeren Schaden an seinem Inneren ab. Nirah hoffte inständig, dass sie Ablenkung ausreichte, um Notos davor zu bewahren, wie sie zuvor, hilflos am Boden zu liegen. In blinder Rage schlug das Monster, immer noch aufrecht stehend, um sich. Nirah konnte nicht sehen, ob es Notos erwischte. Möglich wäre es, denn mit kalkulierten, durchdachten Attacken war es vorbei. Wie wahnsinnig setzte es seine verbliebenen Kräfte ein, nun eindeutig mehr in der Verteidigung als in der Offensive.

Nirah nahm den nächsten Pfeil. Der vorletzte. Sie konnte nicht mehr darauf hoffen, sein Herz zu treffen oder seinen Hals zu durchbohren. Entschlossen zielte sie auf die beiden tanzenden roten Flecken, die seine Augen waren. Es war schwer zu treffen, da das Monster einfach nicht stillhalten wollte. Noch nicht ... 
Intuitiv entschied sie, wann der richtige Moment gekommen war. Der Pfeil bohrte sich in das rechte Auge. Das Monster schrie auf. Der letzte Pfeil schlug in das andere Auge. Das leuchtende Rot flackerte, wurde verdeckt von einem Schwall aus Blut. Das riesige Wesen taumelte, auf einmal seiner Sicht beraubt.
"Jetzt, Notos!", schrie sie. Das war seine Chance, diesen Kampf zu beenden. 


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Zladune

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Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 28.08.2022 19:40

Notos rechnete mit allem, als das raubkatzenartige Biest ein unheilvolles Brüllen von sich gab. Es war ganz klar von derselben Natur wie ein Berserker. Ignorierte Schmerz fast völlig und war einzig auf Angriff fokussiert. Ab diesem Zeitpunkt war alles möglich. Was er jedoch nicht in Betracht gezogen hatte, war ein Pfeil, der haarscharf an ihm vorbeiflog. Das Monster verstummte abrupt, ein hartes Aufeinanderschlagen von Zähnen hören, kurz darauf gefolgt von demselben gedämpften Geräusch eines Aufpralles wie vor wenigen Augenblicken. Dem Weißhaarigen rannte ein kalter Schauer über den Rücken. Nein, er konnte Fernwaffen wirklich nicht leiden. So eingenommen, wie er von dem Kampf war, hätte Nirah ihn mühelos treffen können, wenn sie gewollt hätte. Dennoch kam er nicht umhin, dass ebenfalls Erleichterung seinen Körper durchfuhr – die Heilerin hatte sich also wieder auf die Füße bringen können. Aber warum war sie noch hier?

Nirahs Manöver hatte den Drachenritter soweit wieder in die Realität zurückgeholt, dass er seinen Sturm an Angriffen vollkommen unterbrochen hatte. Die elektrisierte Waffe fest mit beiden Händen gegriffen, behielt Notos seinen Abstand, rückte nach und nach weiter nach hinten, um vor den wilden Hieben nicht getroffen zu werden. Nur, dass ihm langsam der Platz ausging... falls er sich vorhin die kleine Lichtung richtig eingeprägt hatte, blieb ihm nicht viel, bevor er zum Waldrand stolpern würde. Voller Stämme und dornigem Gebüsch – dort würde er unmöglich kämpfen können.

Noch wartete er aber. Wartete auf eine Lücke in der offensiven Verteidigung. Eine einzige würde reichen. Nur eine einzige... Einen Fuß bereits in Stellung gerückt, die Hellebarde vor sich gehoben, war Notos drauf und dran, ein kleines Risiko einzugehen. Da erklang ein warnender Ruf. Sofort hielt er inne. Ranken? Welche Ranken? Vorhin gab es hier noch keine. Unsicher tätigte er einen weiteren kleinen Schritt nach hinten – und trat auf etwas. Etwas Unebenes. Und es bewegte sich. Er nahm das altbekannte, alarmierte Kribbeln in seinem Nacken wahr. Spürte ebenfalls, wie sich langsam rasche, wirre Gedanken in seinen Kopf einzunisten versuchten. Zeitgleich war es ihm, als hätte ihm jemand einen heftigen Schlag auf eben diesen verpasst. Nicht denken, handeln!

Auf diesen inneren Befehl hin, zwang er sich augenblicklich zur Ruhe, kämpfte die Unruhe nieder. Auch nur der leiseste Anflug von Panik oder Angst wäre Gift für ihn. Stattdessen wand er sich an seinen Partner: „Leih mir bitte deine Augen, mein Freund." Die Antwort kam in Form von Krallen, die sich härter in seine Schulter bohrten. Notos folgte den schnellen Impulsen, richtete sich vollkommend intuitiv nach deren Rhythmus und Länge. Drei kurze Schritte zur Seite. Ein langer nach vorne. Leicht drehen und wieder zwei nach rechts.

Der Weißhaarige tänzelte um das massige Biest herum. Jasper verstand, hatte die Situation in Sekundenschnelle analysiert und bugsierte sie beide auch aus Nirahs Schussbahn, um ihr das Zielen zu erleichtern und nicht versehentlich in ihre Attacken zu laufen. Ein wenig auch zu dem Leid seines Partners, der sich am liebsten trotzdem in beschützerischer Manier zwischen dem Monster und der Heilerin gestellt hätte. So aber blieb ihm nichts anderes übrig, als immer einen Weg hinter die großen Raubkatze zu finden und von dort Stechangriffe auf die harte Panzerung des Wesens regnen zu lassen. Die wilden, undurchdachten Angriffe seines Gegners spielten ihm da fast in die Karten – anhand der Bewegungen der Körpermitte konnte er nach wie vor erahnen, was ihn erwartete. Er musste es nur schneller tun.

 

Auch wenn Notos auf seine überdurchschnittliche Ausdauer stolz war, setzte ihm das ständige Ausweichen mehr zu, als sein eigener vorheriger Attackenhagel. Zumal die Elektrizität immer noch in seiner Waffe strömte, sie wie eine schwach aufglimmende Fackel in tiefschwarzer Nacht wirken ließ. Er musste es zu Ende bringen. Bald. Nicht nur wegen ihm, sondern vor allem wegen Nirah. Und als hätte seine Begleiterin seine Gedanken gelesen, ertönte ihre Stimme. Völlig instinktiv richtete sich seine Aufmerksamkeit auf ihre Aura. Nahm eher unterbewusst die verräterische, ihm nur allzu bekannte Verfärbung an ihrem Bein war. Er reagierte, bevor er ihre Worte richtig registrierte. Erneut flackerten Blitze um seine Hellebarde auf. Stärker, in kürzeren Zeitabständen. Die Luft in seiner unmittelbaren Nähe wirkte mit einem Mal deutlich wärmer, während seine Waffe unter seinen Händen aufleuchtete, als würde flüssiges Licht sie durchfahren. Jasper breitete abermals auf seinem Rücken die Flügel aus – als würde er ihrem Erkennungsnamen alle Ehre machen wollen.

Nirah musste ihm den Befehl nicht zweimal geben. Notos sprintete los, fegte über die dornenbesetzten Ranken hinweg auf das Biest zu. Dieses bäumte sich aufgrund der plötzlichen Erblindung – oder war es eher der Schmerz der zwei Pfeile, die in seinen Augen stecken? – auf, schwang noch ein letztes Mal mit einer Pranke um sich. Notos erkannte die anbahnende Bewegung, erhöhte sein Tempo. Zielte. Mitten ins Herz. Und spürte Widerstand. Die scharfe Spitze der Waffe bohrte sich in die dicke Haut des Biestes und der Ritter erhöhte mit Kraft den Druck – und Strom durchfuhr das Monster, war für einen winzigen Moment als blitzartige Musterung auf seinem Fell erkennbar, während zeitgleich nur wenige Zentimeter entfernt vom weißhaarigen Kopf Krallen vorbei donnerten.

Das Gebrüll stoppte unnatürlich abrupt. Der Gestank von verbrannten Haaren erfüllte die Luft. Ein paar Augenblicke verstrichen, in dem Notos dem Raubtier so nahe wie noch nie davor war. Dann wankte es nach vorne. Der Ritter schaffte es gerade noch so, mit einem Ruck die Hellebarde aus dem verkohlt riechenden Fleisch zu ziehen und nach hinten zu taumeln, bevor ihn das Monster unter sich begraben konnte. Mit etwas Mühe versuchte er nicht über die Ranken zu stolpern, um rücklings auf dem Boden zu fallen. Nur damit ihm kurz danach die Knie nachgaben. Den Körper leicht nach vorne gekrümmt, zog Notos scharf die Luft ein. Und atmete zitternd wieder aus. Instinktiv fasste seine Hand an seine Seite, während diese eine Woge von stechendem Schmerz durchfuhr. Und sich auszubreiten schien, in kleinen Kreisen um seine alte Wunde. Das war der Preis, den er zu zahlen hatte. Nicht jetzt. Es war mehr ein innerer Befehl, als eine Bitte an seinen eigenen Körper. Nicht jetzt. Er musste noch etwas erledigen.

Der Weißhaarige atmete erneut tief ein, diesmal gefasster und kesselte den wie Feuer brennenden Bereich so gut es ging ein, errichtete seine Barriere, um den Schmerz weitetestgehend ausblenden zu können. Schließlich richtete er sich auf, ohne zu Zittern oder zu Wanken, verbannte die kleinsten Anzeichen seiner vorherigen Schwäche auf seinem Gesicht und in seiner Körperhaltung. Sah sich rasch nach weiteren Gegnern um und stieß seine Hellebarde in den Boden, als er keine erkannte. Damit er die restliche Elektrizität aus dieser in die Erde leiten konnte. Drehte sich danach um, visierte die Heilerin an und ging ruhigen Schrittes auf sie zu.

Jetzt, da die Anspannung des Kampfes langsam nachließ, gewährte er sich, wieder ein paar klare Gedanken zu fassen. Ein kleiner Teil von ihm wollte Nirah aufgebracht anfahren. Sie fragen, weshalb sie auf die hirnrissige Idee gekommen war, mitten in der Nacht den Schutz des Lagers, und was noch wichtiger war, seinen Schutz, zu verlassen. Ein anderer Teil von ihm war... ja, fast schon beeindruckt. Nicht von ihrem Talent mit dem Bogen. Oder nicht nur. Sondern vor allem von ihrem törichten Mut, den sie gerade bewiesen hatte, indem sie hiergeblieben war. Und nicht eine sehr berechtigte Flucht ergriffen hatte. Und der restliche Teil von ihm, der die vorherigen zwei Stimmen in seinem Kopf völlig überschattete.... Notos ' blinder Blick fiel auf die inzwischen deutlich sich verfärbende Aura, die um das Bein der jungen Frau waberte. Ja, der letzte Teil war der, der gerade von einer Welle von Schuldgefühlen erfasst worden war. „Es tut mir leid." Ehrliche Worte, wenngleich weiterhin gefasst ausgesprochen. Wenn er mehr aufgepasst hätte, wäre das alles nie passiert. Ja, wenn... „Das Bein sollten wir uns nachher anschauen. Aber lass und erstmal lieber wieder zurück gehen." Und damit hielt er ihr seine Waffe hin, wie all die vorherigen Male, als er sich von der Heilerin hatte führen lassen. Nur dass er ihr diesmal eine Stütze sein wollte. Bevor er noch mit einem leisen Anflug eines amüsierten Schmunzelns hinzufügte: „Ich kann dich auch tragen, wenn es zu sehr schmerzen sollte" Den witzelnden Unterton konnte er sich dann doch nicht verkneifen, selbst wenn sein Angebot aufrichtiger Natur war. Vielleicht würde es die junge Frau wieder so sehr auf die Palme bringen, dass sie ihre Verletzung für einen Moment vergaß.



Antworten Zuletzt bearbeitet am 29.08.2022 11:33.

Saphyr

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 30.08.2022 02:24

Nirah ließ kraftlos den Bogen sinken. Sofort bemächtigte sich ein erschöpftes Zittern ihrer Muskeln. Nicht unbedingt von der Anstrengung, auch wenn es sie trotz ihrer Erfahrung durchaus gefordert hatte, ihre fünfzehn Pfeile in so kurzer Zeit zu verschießen. Mit einem Mal bröckelte die eiserne Selbstbeherrschung, die sie befähigt hatte, das Monster zielsicher zu treffen. Sie hatte sich verzweifelt an die bloße Notwendigkeit geklammert, ihren Körper ruhig zu halten, den Atem stetig. Trotz oder gerade wegen der Gefahr, die noch immer lautstark wütete. Noch wichtiger, trotz der Schmerzen. Irgendwie hatte sie es geschafft, das Feuer in ihrem Bein zu ignorieren. Vergessen hatte sie es keine Sekunde lang. Es hatte ohne Pause an ihrer Kontrolle genagt, immer bereit, sie zu brechen.
Jeder Fehler hätte im schlimmsten Fall Notos in Gefahr bringen, im besten Fall verhindern können, dass ihre Teilnahme am Kampf irgendeinen nennenswerten Unterschied machte. Glücklicherweise hatten sich Notos und Jasper aus der Schusslinie gebracht und ihr damit das Leben deutlich einfacher gemacht.

Sie verlagerte das Gewicht auf ihr unversehrtes Bein. Sie konnte es sich nicht erlauben, am Boden zu kauern. Nicht, wenn das Monster noch unter den Lebenden weilte. Wer wusste schon, ob es in seiner Wut noch einmal das erwählte Opfer ändern würde. Wobei sie anzweifelte, dass sie noch schnell genug ausweichen könnte.
Wenigstens zögerte Notos nicht, auf sie zu hören. Seine Waffe leuchtete heller auf und er stürzte sich auf das blinde Monster. Sie hatte zuvor kaum Zeit gehabt darüber nachzudenken, aber es war nicht normal, dass jemand eine solche Elektrizität erzeugen konnte. Genau genommen, hatte sie noch nie von jemandem gehört, der das beherrschte. Es musste Magie sein. Nur wie ...? Nirah nahm sich vor, ihn auf diese Fähigkeit anzusprechen. Für jetzt gerade ... Es war vermutlich ein absoluter Glücksfall, dass er sie besaß. Wenn sie sich vorstellte, wie viel schwerer der Kampf gewesen wäre, ohne die Möglichkeit, dem Monster, mit etwas anderem als purer Waffenkraft entgegenzutreten ... Es hielt so schon eine Menge aus. Als müsste er es noch beweisen, blitze plötzlich die gesamte Kreatur auf. Das schiere Ausmaß dessen großer Gestalt wurde ihr erst jetzt klar. Was wäre wohl geschehen, wenn sie ganz auf sich alleine gestellt auf dieses Monster getroffen wäre?

Kurz darauf senkte sich Stille über den Wald herab. Nirah sah gerade noch, wie das Wesen zusammenbrach, da sank sie selbst schon zu Boden. Die Willenskraft, mit der sie sich aufrecht gehalten hatte, war schlagartig verschwunden. Tot. Es war tot. Sie würden leben. Hoffentlich ohne größere Schäden. Sie inspizierte direkt ihre Verletzung. In der Dunkelheit ließ sich allerdings unmöglich sagen, wie tief es war. Tief, sagte ihre innere Stimme.
Sie wusste nur, dass sie noch immer zu stark blutete. Sie musste unbedingt so schnell wie möglich die Blutung stoppen. Es schwächte sie mit jedem Moment mehr. 

Als Notos zu ihr kam, saß sie schwer atmend und mit geschlossenen Augen dort und versuchte mit Atemübungen den Schmerzen beizukommen. Mit mäßigem Erfolg. Sie nahm seine Entschuldigung wahr, verstand sie aber nicht. Der Mutter sei Dank, war er hier gewesen! Das hätte alles ganz anders ausgehen können. Ein Teil von ihr beharrte darauf, dass das gar nicht erst passiert wäre, hätte Nirah ihn nicht getroffen. Dann schliefe sie jetzt bereits in ihrem Bett. Wohlgemerkt in einem warmen, bequemen Bett ohne Fremde und ohne Wölfe. Der Rest war lediglich dankbar über die heldenhafte Rettung. Oh, auf keinen Fall würde sie ihm das ...
Ihr war kalt. Das war kein gutes Zeichen. Die Erkenntnis brachte sie dazu, die Augen zu öffnen und ihren Blick zu fokussieren. "Ich hoffe, du meinst mit nachher jetzt gleich. Ich muss die Blutung stoppen. Es ist tief." fasste sie mit zusammengebissenen Zähnen knapp ihre Analyse zusammen. Alleine beim Gedanken daran, aufzustehen, protestierte alles in ihr. 
In diesem Moment klang es einfach himmlisch, die kurze Strecke nicht eigenständig bestreiten zu müssen und getragen zu werden. Ganz egal, wer sich anbot.
"Ich. Kann. Laufen." presste Nirah giftig hervor, während sie sich nach oben zog. 

Mehr humpelnd als gehend, hing sie an Notos' Hellebarde. In dem Moment als sie aufgestanden war, hatte sich eine hartnäckige Übelkeit in ihr breit gemacht, die sie fast so unangenehm fand wie die Schmerzen. Sehr zum Leidwesen des Mannes, hatte Nirah trotz allem darauf bestanden, kurz beim Leichnam des Monsters Halt zu machen, indem sie sich mit einem gemurmelten "Warte." geweigert hatte, weiterzulaufen. Wenigstens ein paar Pfeile wollte sie über Nacht bei sich haben. Sie zog einen nach dem anderen heraus. Drei. Das musste reichen. Für mehr hatte sie keine Energie. Sie legte sogar noch dem Monster für einige Sekunden die Hand auf dem Kopf, auch wenn sie die Segensworte dieses Mal kurz hielt und nicht laut aussprach. 
Bevor sie sich wieder erhob, sah sie etwas zwischen den Pflanzen aufblitzen. Der Reißzahn, den sie abgeschossen hatte. Sie streckte sich danach aus und nahm ihn an sich. Einige Meter weiter stolperte sie beinahe über den zweiten. Auch diesen nahm sie mit.

Dann folgte sie Notos ohne weitere Extrawünsche. Fast.
Das mehrmalige auf und ab, hinknien und aufstehen, hatte die Übelkeit, die auf ihren Magen drückte, deutlich verstärkt. Kurz bevor sie das Lager erreichten, streikte ihr Kreislauf. Nicht hinfallen. Nirah spürte, wie ihre Sicht verschwamm, ihre Umgebung wankte. Sich keinesfalls die Blöße geben. Verdammt, sie hatte noch nie gut mit starken Schmerzen umgehen können. 
Anstatt an die Hellebarde klammerte sie sich auf einmal an Notos' Schulter. Gerade in dem Moment, als ihre Knie drohten nachzugeben. So bewahrt vor dem Zusammenbrechen, ohne über ihren Stolz springen zu müssen und doch danach zu fragen, getragen zu werden, ließ sie sich zum Lagerfeuer schleifen, wo sie endlich sitzen bleiben konnte.

Es dauerte ein wenig, bis sich ihr Schwindel stabilisiert hatte. Sobald sie konnte, zog sie das, was vom Stoff ihres Hosenbeins übrig war, vorsichtig hoch, damit sie sich die Wunde im Schein des Feuers genauer ansehen konnte. Es war tief. Dort wo das Untier seine Klauen in ihr Bein gegraben hatte, schien es am tiefsten zu sein. Das meiste Blut stammte jedoch von den langen Striemen, die sich von der Wade herab das Bein herunterzogen. Als es zur Seite gerissen worden war und die Ranken zerstört hatte, hatte es leider auch einen großen Teil ihres Fleisches erwischt. 
Nirah begann zittrig in ihrem Beutel zu kramen. Die Salbe. Ob sie die Blutung einer Wunde dieser Größe so schnell stoppen würde, war fraglich, aber ihr blieb nichts anderes übrig. Sie würde ihre Fähigkeiten einsetzen und dann einen Verband anlegen fürs Erste. Das sollte ausreichen, dass sie keine gefährlichen Mengen Blut verlor. Es würde heilen, auch wenn es ein wenig Zeit brauchen würde.
Sie hatte gerade geschafft, die Salbe herauszusuchen, als ihr Blick auf das leere Feuer, nein den generell leeren Platz fiel. Natürlich war Notos da ...
"Wo hattest du das Fleisch hingelegt?", fragte sie argwöhnisch. 



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Zladune

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Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 31.08.2022 20:30

Notos zweifelte keine Sekunde daran, dass Nirah laufen konnte. Die bessere Frage war eher, ob sie laufen sollte. Und da lautete die klare Antwort: Nein, das war eine absolut idiotische Idee. Vor allem bei einer starken Beinverletzung wie der ihren. Sie sollte liegen, belehrte ihn seine innere Stimme, liegen und die Füße hoch lagern. Sonst fließt nur noch mehr Blut nach unten und aus ihrer Wunde. Er ignorierte diese Stimme und die darauffolgenden Gewissensbisse, so sinnvoll das Argument auch klang. Er kannte diese Situationen ja selbst zu gut – er würde es ebenfalls niemals freiwillig zulassen, dass ihn jemand in einem Moment der Schwäche auffindet und sich zu drastischeren Hilfsmaßnahmen verpflichtet fühlt.

So schwieg der Weißhaarige also, unterdrückte nur ein Augenrollen und half ihr auf. Und wäre eigentlich gerne sofort zum Lager gegangen, aber die Heilerin hatte andere Pläne. Es kostete Notos sichtlich Mühe, ihr auf ihre Anfrage lediglich einen unzufriedenen, vorwurfsvollen Blick zu schenken. Eigentlich wäre spätestens das der Punkt gewesen, an dem er ihre Bitte ignorieren und trotz jeglicher Proteste hochhieven und zurück zum schützenden Licht des Feuers bringen sollte. Ich hoffe, du meinst mit nachher jetzt gleich, Notos. Die Wunde ist tief. Ach, aber lass uns einen Umweg zu dem gefallen Biest machen, welches mich fast umgebracht hatte, Notos. Ich werde dir zwar nicht erklären, warum ich hinwill, aber dafür wird sich der Blutverlust bestimmt lohnen, glaub mir!

Der Drachenritter grummelte in Gedanken frustriert vor sich hin, während er darauf wartete, dass seine Begleiterin endlich wieder bereit war, weiterzulaufen. Naja, mehr oder weniger. Ihre Aura, die schon zuvor unruhig zu flimmern begann, flackerte plötzlich kurz auf. Er spürte, wie Sir Jasper auf einmal überrascht abhob und vor ihm auf dem Boden landete. Zeitgleich landete an seiner statt eine Hand auf seinen Schultern, die Finger fest in seine Kleidung gebohrt. Wortlos ergriff er diese, machte sich ein wenig kleiner und platzierte ihre Hand auf seine andere Schulter, damit sie ihren Arm um ihn legen konnte und auf diese Weise mehr Halt fand. Mit seiner anderen Hand versuchte er sie an ihrer Seite zu stützen – so gut es mit einer Hellebarde in der Hand eben ging. Keine Zurechtweisung, nicht mal ein einzelner stichelnder Kommentar kam über seine Lippen, als er sie zum Lagerfeuer führte. Die Augen geschlossen sah er, wie sich ein verräterischer grüner Schimmer auf seine eigene, sonst so intensive blaue Aura legte. Direkt unter seinen Fingerspitzen. Ein kleiner Hauch von sanfter Wärme umspielte diese. Er konnte sich nicht dazu bringen, diese natürliche Reaktion seines Körpers zu unterbrechen. Selbst wenn es seinem eigenen Zustand nicht wirklich half. Es war nur eine kleine Heilung. Sicherlich nicht stark genug, um ihre Verletzung zu heilen. Aber es würde helfen, sie bei Bewusstsein zu halten, vielleicht auch ihre Schmerzen zu lindern.

Im Lager angekommen setzte er Nirah vorsichtig auf dem Boden ab, ließ sich danach selber wieder am Eingang nieder, doch diesmal darauf bedacht, mehr in ihrer Nähe zu verweilen. Während Nirah ihre Wunde inspizierte, durchsuchte Notos zeitgleich seinen eigenen Heilerbeutel. Neela und Aryll hatten ihn genötigt, immer wenigstens ein paar der notwendigsten Heileruntensilien bei sich zu tragen. Da er aus den meisten Aufträgen nicht völlig unverletzt rauskam. Nach einem Moment des ziellosen Suchens, zog er ein kleines, zylinderförmiges Fläschchen aus der weichen Polsterung. Betrachtete es nachdenklich. Und steckte es wieder ein. Er musste nicht sehen, um die kieselsteingroßen Stücke von Jade und Bernstein am Grund des Glases zu spüren. Sicherlich hätte er die Tinktur einnehmen können. Oder Nirah anbieten können. Geholfen hätte es in beiden Fällen, wenngleich eine orale Anwendung bevorzugt wurde. Aber entschloss sich dagegen, so sehr das unterschwellige Brennen seiner Seite ihn dazu auch verlockte. Neela hatte gesagt, er solle es nur in absoluten Notfällen verwenden. Die Medizin war stark, aber kostbar. Und keine ihrer Verletzungen war momentan lebensbedrohlich. Er würde es aushalten. Außerdem hatte er sowieso nach etwas anderem gesucht.

 

Das weitere blinde Suchen des Weißhaarigen wurde von Nirahs Frage unterbrochen. „Ich habe das Fleisch auf ein Tuch gelegt", meinte er abwesend, nahm das forschende Abtasten seines Beutels dabei wieder auf. „Wollte es nicht einfach auf den erdigen Boden legen, aus Respekt zum Tier halber. Hätte dich fast das Leben gekostet." War Notos' nonchalante Antwort wohl nicht sonderlich hilfreich, so lieferte sein Partner mehr Ergebnisse. Das Federbündel hatte sich seit ihrer Ankunft erst mit der intensiven Fell- oder eher Federpflege beschäftigt. Doch nun war ein unterschwelliges Knurren zu hören, als Jasper nahe von einem Abdruck im weichen Erdboden kratzte. Der Ritter mochte zwar nicht sehen, was sein Partner tat, interpretierte das feindliche Verhalten jedoch auf seine Weise. „Vielleicht hatten wir ja noch einen anderen Besucher hier. Aber wir haben wohl momentan wichtigere Dinge zu klären, nicht wahr?" Und damit hielt er Nirah eine Art Lederriemen hin. „Zum Abbinden, damit die Wunde nicht mehr so stark blutet", erklärte er ruhig. Dann pfiff er leise seinen Partner zu sich und hielt ihm ein Stück Stoff hin. „Würdest du es bitte gut mit Wasser tränken? Du bist weitaus schneller am Bach als ich."

Der kleine Drache ließ von dem Knurren ab, wechselte mit schief gelegtem Kopf einen forschenden Blick zwischen den beiden Menschen, nahm dann jedoch vorsichtig mit den Zähnen seinem Partner das Tuch ab. Kurz darauf war er wieder im Dunkeln verschwunden. Notos saß währenddessen von der Heilerin abgewandt, betrachtete wachend den Waldrand. Wirklich konzertieren konnte er sich jedoch nicht. Das unstete Flackern der feurigen Aura hinter ihm machte ihn unruhiger, als er zugeben wollte. Dabei war ihre Wunde nicht mal lebensgefährlich. Noch nicht. Änderte nichts daran, dass ihn ihr Zustand mehr besorgte als sein eigener. Wahrscheinlich lag es nur daran, dass er sich die Schuld für ihre Verletzung zuschob. Nach einer Weile des Schweigens, erhob der Weißhaarige schließlich verhalten die Stimme, ohne die Heilerin dabei jedoch anzusehen: „Sag, darf ich danach den Verband anlegen? Es ist vielleicht ein wenig einfacher und du könntest dich dabei schonmal hinlegen..."



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Saphyr

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 02.09.2022 17:02

Während Nirah sich am Feuer aufwärmte, wurde ihr Kopf langsam aber stetig etwas klarer. Sie entschied, niemals von dem zu reden, was eben vorgefallen war. Es war schon genug, der Schande, dass sie sich so hatte überrumpeln lassen. Dabei war sie normalerweise die Vorsicht in Person. Auf keinen Fall würde sie darauf herumreiten, dass sie sich in ihrer Verwirrung verzweifelt an einen völlig fremden Mann geklammert hatte, wie ein hilfloses Kind. Insgeheim war sie wirklich froh über seine wortlose Hilfestellung, die er ihr bereitwillig entgegengebracht hatte. Und er war warm, angenehm warm. In dem Moment hatte sie seine Nähe genauso willkommen geheißen wie sein Angebot, sie zu tragen. Diese kleine Sicherheit, hatte ihr enorm geholfen, die grässliche Übelkeit zu beruhigen. Das musste er allerdings nicht wissen. Es war ohnehin abzuwarten, wie sehr er es ihr unter die Nase reiben würde, dass er ihr das Leben gerettet hatte. 

Überrascht sah sie auf, als Notos zugab, sich ihre Moralpredigt von vorher zu Herzen genommen zu haben. Wer hätte das gedacht? "Ich lebe noch, oder nicht?" gab sie kühl zurück. Außerdem hätte ich bestimmt auch ohne dich einen Weg gefunden. Es lag ihr auf der Zunge. Sie holte schon Luft, um es auszusprechen. Dann zwang sie sich, es nicht zu tun. Es stimmte einfach nicht. Das war ihm mit Sicherheit genauso klar wie ihr. Sie hatte gerade keine Energie für ihre übliche Großspurigkeit. "Danke ... fing sie an. Was sie eigentlich zu sagen gewillt war, blieb ihr im Hals stecken. "... dass du daran gedacht hast, was ich vorhin gesagt habe." 
Sofort hielt sie Ausschau nach dem Tuch und fand es auch auf dem Boden. Leer. Keine Spur von dem gebratenen Hasen. Dafür schaltete sich Sir Jasper ein. Es war nicht nötig, dass Nirah mehr tat, als sich etwas aufzurichten und nach vorne zu beugen. Sie identifizierte den Abdruck mit nur einem Blick. Natürlich. Was konnte es auch anderes sein, als der eines Wolfes. Ächzend ließ sie sich zurücksinken. Das hatte nicht gut getan. 

"Wichtigere Dinge?", fragte sie entgeistert. "Das ist überaus wichtig! Ich weiß ganz genau, was uns einen Besuch abgestattet hat. Dieses Mistvieh von einem Wolf!" stellte sie fest. Eine Mischung aus Frustration und freudiger Unruhe erfasste sie. Was gab es wichtigeres als den Wolf, der sich zu ihren persönlichen Nemesis entwickelt hatte?
"Er verfolgt mich, ich sage es dir. Hat mich nach draußen gelockt, um uns unseres Abendessens zu entledigen. Ich weiß nicht, wie das sein kann, aber das war volle Absicht. Ich bin mir ganz sicher." versuchte sie ihm ihre Aufregung zu erklären. Der Wolf existierte! Dieses Mal hatte er endlich einen Beweis hinterlassen. Beiläufig nahm sie das Lederband entgegen, ganz in ihren wirren Gedanken gefangen. Wieso? Woher kam er? Was hatte sie falsch gemacht, damit der Wolf sie in den sicheren Tod schickte? Sie kam gar nicht mehr dazu, Notos zu erklären, dass sie sehr wohl wusste, warum man Wunden abband. Es ging unter in ihrem inneren Chaos. Sie nutzte das Band, um es oberhalb der Verletzung, knapp unter dem Knie, um ihr Bein herum zu legen, es zuzuziehen und zu verknoten.  Es war gefährlich, eine Gliedmaße zu lange abzubinden. Die schlechte Durchblutung konnte eigene Probleme hervorrufen. Bis die Wunde versorgt war, war es jedoch keine schlechte Idee. 
"Was will er bloß von mir, Notos?", murmelte sie leise. Als ob gerade er eine Antwort darauf hätte. 

Nirah wollte gerade anfangen ihre Kräutermixtur vorsichtig aufzutragen, als ihr klar wurde, warum Notos Sir Jasper wegschickte. Es wäre weitaus besser, die Wunde und auch die Haut darum herum vorher zu säubern. Sie konnte wirklich nicht ganz bei Verstand sein, wenn sie schon anfing, die grundlegendsten Bestandteile ihrer Ausbildung zu vergessen. Sie sollte sich schleunigst ausruhen. Sonst würde sie morgen in etwa eine so große Hilfe bei der Reise zum Dorf sein, wie Notos es heute gewesen war. Sie legte den Behälter zur Seite, zwang sich zur Geduld, bis der Katzenvogel wieder da war. Sie zupfte derweil ein paar Stofffetzen aus der Wunde und zog ihren Schuh aus, um alles vorzubereiten. 
"Nichts für ungut, aber verstehst du denn etwas von solchen Dingen?", fragte sie auf seinen Vorschlag sie zu verarzten hin. Ein paar Grundlagen schien er zu wissen. Sich schon einmal hinlegen und ihn einfach machen lassen, klang verlockend. Jede Bewegung machte ihr zu schaffen. "Darüber hinaus siehst du doch sowieso nicht, was du tust."
Sie hielt inne, erstarrt in dem Gedanken, der sich ihr aufdrängte. "Das stimmt nicht. Nicht wahr?" stellte sie fest. Sie hatte schon länger den Verdacht, dass er mehr sah als der gewöhnliche Blinde. Der Kampf hatte es eindeutig bestätigt. 

Nirah hatte inzwischen mit den Fingerspitzen vorsichtig das nasse Tuch ergriffen, das Sir Jasper im Maul trug, als er wieder den Lagerplatz betreten hatte. Eine weitere Verletzung konnte sie nicht gebrauchen. Inzwischen blutete es kaum noch. Sie machte sich sogleich daran, Blut und Dreck wegzutupfen. Dabei sog sie mehrmals scharf die Luft ein, wenn sie sich damit weitere Schmerzen zufügte. Doch es musste getan werden. Schließlich sah ihr Bein deutlich besser aus. Sie trug die Kräutersalbe auf die Wundränder auf und war zufrieden mit dem Ergebnis. 

"Donnerschwinge. Sieh mich an." forderte sie Notos auf, der seinen Kopf beinahe scheu abgewandt hatte. Ihre Stimme war ausnahmsweise einmal von ernster Ruhe erfüllt. "Wie viel siehst du?" Nirah wedelte mit den Händen auf sich deutend, um ihre Worte zu unterstützen. Sie fragte sich selbstverständlich auch, wie es überhaupt dazu kam, dass er irgendetwas sehen konnte. Doch das musste warten. Sie hatte keine Lust, das ewige Hin und Her in dem Spiel um Antworten heute noch einmal zu beginnen. Sie hatten bereits festgelegt, dass sie sich austauschen würden. Sein Sehvermögen würde auf die Liste ihrer zu beantwortenden Fragen wandern. 
"Wenn es genug ist ... Also ich ..." Sie zögerte einige Sekunden lang. "Ich wüsste etwas Hilfe mit meinem Bein sehr zu schätzen", sagte sie so leise, dass sie sich selbst nicht sicher war, ob sie es wirklich gesagt hatte. Sie war so müde. Am liebsten hätte sie sich auf der Stelle zusammengerollt und geschlafen. 



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Antworten Zuletzt bearbeitet am 03.09.2022 00:46.

Zladune

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Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 03.09.2022 17:14

Beinahe hätte Notos die Heilerin nach ihrer unbedachten Antwort gereizt angefahren. Ja, sie lebte. Noch. Dieses Mal hatte aber verdammt wenig gefehlt, ihr Leichtsinn hätte sie fast vorzeitig ins Grab gebracht. Allerdings schaffte er es nicht, seine Gedanken laut auszusprechen. Er wäre ein Hypokrit gewesen, wenn er das getan hätte – schließlich hätten ihre Worte genauso gut seine eigenen sein können. Selbst jetzt konnte er noch zu gut die helle, entgeisterte Stimme hören, zitternd und den Tränen nahe. Du hättest sterben können, Notos! Bist du dir dessen überhaupt bewusst?! Und immer war seine Antwort darauf nur ein beschwichtigendes Lachen gewesen. Aber es ist doch nichts passiert! Er seufzte tief und lautlos auf. Und beließ es nur bei einem scharfen Seitenblick, statt Nirah eine Predigt zu halten. Die Götter schienen in letzter Zeit wieder viel Spaß daran zu haben, ihm einen Spiegel vorzuhalten...

Leicht den Kopf schüttelnd, versuchte er Ablenkung darin zu finden, indem er sich nützlich machte und seine eigenen Heiler-Utensilien durchforstete. Und sofort mitten in der Bewegung erstarrte, kaum dass das Wort „Danke" erklang. Angespannt hielt er die Luft an. Oh bitte sag nicht, dass sie vor hatte, sich bei ihm wegen dem Kampf... Nein, sie bedankte sich dafür, dass er zugehört hatte. Sichtlich erleichtert atmete er wieder aus, schmunzelte dabei über sein eigenes Verhalten. Ein Glück hatte sie sich nicht dafür bedankt, dass er sie vorhin knapp vor dem tödlichen Treffer schützen konnte. Einerseits, weil er sich dann ernsthafte Sorgen um ihren Zustand machen müsste. Vielleicht auch einen See für sie suchen gehen sollte. Aber vor allem hätte es nur Unglück gebracht, vorzeitige Dankesreden zu halten. Diesen Dank konnte er allerdings noch akzeptieren.

Er nickte ernst, mit einem Anflug eines Lächelns. „Natürlich. Ich mag vieles nicht wissen, aber ich bin gewillt zu lernen." Und sich ein eigenes Bild zu machen. Nur weil er die Gebräuche oder Denkweisen dieses Gebietes nicht kannte, bedeutete es nicht, dass diese unsinnig oder sogar falsch waren. Und selbst wenn er ihnen nicht zustimmen sollte, so waren sie zumindest wichtig für Nirah. Das mindeste, was er tun konnte, war es, ihren Wunsch zu respektieren und die Regeln dieses Ortes zu achten.

Bei dem darauffolgenden, aufgebrachten Wortschwall, den der Weißhaarige über sich ergehen lassen musste, kehrte dann aber doch ein Teil seiner vorherigen Ausgelassenheit wieder zurück. Mit hochgehobener Braue beobachtete er amüsiert das wilde Aufflackern der feurigen Aura, diesmal jedoch eher einer Mischung aus Freude und Missmut verdankend als ihren Wunden. „Ja, es gibt wichtigere Dinge. Zum Beispiel die Versorgung deiner Verletzung. Um deinen Wolf kannst du dir auch Gedanken machen, wenn du wieder bei Kräften bist.", meinte er mit einem gutmütigen Schmunzeln. Aber er hatte keine Chance, Nirah in irgendeiner Weise dabei zu unterbrechen, sich über ihren nächtlichen Besucher weiterhin auszulassen. Immerhin nahm sie seinen Lederriemen an.

Noch für eine langen Moment beobachte Notos sie mit einem warmen Blick dabei, wie sie den Riemen um ihr Bein umband und dabei unentwegt über den Wolf grübelte und schimpfte. Schließlich wandte er sich mit einem sanftmütigen Lächeln ab, beobachtete lieber wieder den Waldrand, seine Waffe notfalls griffbereit. Nach einer Weile wendete sie sich mit einer Frage direkt an ihn, wenngleich sie wohl keine richtige Antwort erwartete. Nicht dass ihn das daran hindern würde, ihr dennoch seine Meinung zu unterbreiten. „Ich würde sagen, dein Wolf mag dich.", verkündete er schmunzelnd. „Was sich liebt das neckt sich, sagt man ja. Aber vielleicht ist es auch eine Art Prüfung? Bei mir und Jasper verlief es zu Anfang nicht unähnlich." Doch das war wohl eine längere Geschichte. Und wo man vom Übeltäter sprach.... Sein Partner kehrte zurück.

Eine Zeit lang herrschte danach Ruhe. Vermutlich, weil seine Begleiterin zu beschäftigt damit war, ihre Wunde zu versorgen. Sein Partner landete neben ihm und der Weißhaarige spürte den verurteilenden Blick, der ihm zugeworfen wurde. Weil sich der Drache seinetwegen die Pfoten nass machen musste. Instinktiv begann er Jasper entschuldigen hinter den Ohren zu kraulen. Morgen würde er sich auch bei ihm noch bedanken müssen. Schließlich schaltete sich Nirah doch wieder ein. Sie schien seinen Vorschlag, sie zu verarzten, eher skeptisch zu betrachten. Verständlich. „Ich habe mir während meiner Blindheit schon öfters Verbände selber anlegen müssen. Man kann überraschend viele wichtige Dinge erledigen, wenn man nichts sieht." Wobei das ja nicht stimmte, dass er überhaupt nichts sehen konnte. Sagte die flimmernde Aura hinter ihm, die dieselbe Farbe von hellen Flammen trug. Notos lächelte nur sacht auf ihre Erkenntnis. Zumindest so lange, bis sie sich erneut an ihn wandte.

Donnerschwinge. Sieh mich an. Er schreckte zusammen, bevor er sich zögerlich umdrehte. Sein Körper reagierte schneller als ihm lieb war. Wie hätte er ihre Aufforderung auch ignorieren können, wenn die Heilerin diese wie einen Befehl formulierte, sogar seinen Erkennungsnamen benutze... Für einen Moment beobachtete er sie schweigend dabei, wie sie mit den Händen gestikulierte, bei ihrer Bitte offensichtlich zögerte – und statt ihr eine Antwort zu geben, schnellte seine Hand nach vorne, packte zielsicher aber sanft ihr Handgelenk. Ohne großen Druck, nur genug, um sie in ihrer wedelnder Bewegung zu stoppen. Kurz haderte er, beugte sich dann leicht vor und berührte mit seiner anderen Hand für einen winzigen Moment ihre Stirn, als würde er damit ihre Temperatur abschätzen wollen. Und bewegte dieselbe Hand dann noch im selben Atemzug nach unten zu ihrem Bein, tippte behutsam mit den Fingern knapp an den Rändern der Wunde, ohne diese jedoch direkt zu berühren. Verhalten lächelnd hob er den Kopf an, sah ihr dabei unsicher in die Augen. Seine Stimme klang dafür erstaunlich gefasst „Das müsste reichen, richtig?"

Nicht viel später hatte er bereits das nötige Verbandsmaterial in der Hand. Natürlich wusste er, wie man Druckverbände anlegte. Wenngleich es ein wenig ungewohnt war, den mal ausnahmsweise jemanden anderen anzulegen. Während seine Begleiterin sich bereits zurücklehnen und zu ihrer wohlverdienten Ruhe kommen konnte, machte er sich ans Werk. Notos arbeite dabei langsam, aber mit geübten Griffen – und achtete genaustens darauf, dass er die Heilerin nie zu lange direkt berührte. Beinahe machte er einen scheuen Eindruck. Dabei wollte er damit eigentlich hauptsächlich verhindern, dass sich ihre Auren zu sehr überlappten. Er spürte nur zu gut, wie sich dabei jedes Mal wieder das satte Grün an seinen Fingerkuppen zu sammeln begann. Damit musste er vorsichtiger werden. Um seiner Willen, aber auch wegen Nirah – die magischen Überreste seiner Verletzung könnten in diesem Zustand Gift für sie sein.

Nicht, dass ihn das aufhalten würde. Natürlich ließ er es sich nicht nehmen, immer mal wieder wie zufällig sachte über eine der Verbandschichten mit den Fingern zu fahren. Immer, wenn er sich sicher war, dass ihn seine Begleitung nicht beachtete und immer auch nur mit der Hand seiner unverletzten Seite. Als er fertig war, entfernte er noch vorsichtig den Lederriemen und gab schließlich kurz Bescheid, dass er seinen Teil der Behandlung abgeschlossen hatte. Und störte sie nicht weiter, gab ihr damit die Möglichkeit, sich endlich dem Schlaf hinzugeben.

Im Gegensatz zu ihm. Etwas umständlich tastete er nach seinen gesammelten Ästen, warf das Holz ins Feuer und kroch wieder nahe zum Höhlenausgang. Leise, mit zittrigem Atem, lehnte er sich an die steinerne Wand. Jasper schlich sich auf seinen Schoss schnupperte dabei besorgt an seiner Seite. Notos schenkte seinem Partner mit zusammengebissenen Zähnen ein aufmunterndes Lächeln. Er würde wohl noch eine Weile brauchen, um sich zu sammeln. So gut es ging richtete er sich sitzend in der Höhle auf, versuchte in einen ähnlichen meditativen Zustand wie bei seiner Ankunft in diesen seltsamen Wäldern zu verfallen und dabei gleichzeitig Wache zu halten. Dieses Mal gelang es ihm erst nach mehreren Anläufen und selbst dann hatte er Mühe, seine Konzentration aufrecht zu halten. Er fand erst Ruhe, als er mit der Zeit zu summen anfing. Eine ihm zu gut bekannte Melodie, ruhig und so leise, dass man seine Stimme beinahe kaum von den restlichen Geräuschen des Waldes heraushören konnte. Und so verweilte der Ritter in dieser bizarren Situation noch für eine ganze Weile, während die Ansätze eines friedlichen, einschläfernden Singsangs mit den Lauten der Umgebung verschmolzen.



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Saphyr

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 05.09.2022 01:30

Ich würde sagen, dein Wolf mag dich. Sein 'Necken' interpretierte sie nicht unbedingt als Zuneigung. Aktuell hatte Nirah eher den Eindruck, dass er großen Spaß an seinem Spiel mit ihr hatte. Aus irgendeinem Grund musste sie Notos einen Seitenblick zuwerfen. 
Die Frage war, war das Tier überhaupt ihr Wolf. So viel sie wusste, konnte er genauso gut auch rein zufällig auf sie aufmerksam geworden sein. Vielleicht hatte er sie bei der Jagd gewittert und irgendein abstruses Interesse an ihrem menschlichen Geruch entwickelt. War er noch jung, hatte er noch keine Erfahrung mit Menschen gemacht? Spürte er, dass sie ihrer Umwelt näher stand - ihn eingeschlossen - als ihren eigenen Artgenossen. Oder er hatte sich aufgrund von Jasper an sie geheftet. Wer wäre nicht neugierig auf dieses seltsame kleine Wesen? 
Wer es glaubte ... 

Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr wuchs ihre Überzeugung, dass sie nach Ausreden suchte. Dieser ... Wolf, sie hatte keinen anderen Namen dafür - er war niemals ein normaler Wolf - war derjenige aus Nirahs Vision. Wie er sich die ganze Zeit näherte, nur um direkt wieder zu entschwinden, entsprach exakt seinem Verhalten im Traum. Von der Augenfarbe ganz zu schweigen. 
Nur wenn es vorherbestimmt war, dass sich ihre Wege kreuzten, was war sein Ziel? Noch wichtiger, was war Nirahs Part in der ganzen Geschichte? Sie versuchte sich vorzustellen, was ihre Aufgabe war. Leider kam sie auf keine andere Idee, als abzuwarten. Bis die Botschaften deutlicher wurden oder der Wolf sich dazu bequemte, sich länger als einige Momente zu zeigen. Es wird sich alles fügen. Das war ja ganz klar ihre größte Stärke ... 
Nirah nahm sich vor, die Angelegenheit genauestens zu beobachten. Wenn sie schon nichts anderes tun konnte, so würde sie doch wenigstens die Augen offen halten. Auch könnte sie vermehrt meditieren, um sich möglichen hilfreichen Eingebungen zu öffnen. 

All das ging immer noch in ihrem Kopf vor, weshalb ihre Aufmerksamkeit nicht vollständig bei Notos lag. Trotz des versuchten Gesprächs. Sie wurde völlig in die Gegenwart gerissen, als dieser plötzlich nach ihrem Handgelenk griff. Zielsicher. Ihr Körper entzog sich ihrer Kontrolle und zuckte überrascht zusammen. Hättest du nicht einfach auf meine Frage antworten können, schoss es verärgert durch ihre Gedanken. 
Es war mitnichten das erste Mal, dass sie sich berührten. Doch alles bisher war notwendig oder zweckdienlich gewesen. Das hier fühlte sich seltsam vertraut und damit irgendwie unangenehm an. Nirah blieb völlig starr, als der Mann auch noch ihre Stirn befühlte, bevor er sich dem eigentlichen Gegenstand des Interesses zuwandte: ihrem Bein. 
"Das reicht." brachte sie leise heraus. Auf mehr als nur eine Weise. Das Zischen kam leider nicht so offensichtlich durch, wie beabsichtigt. Hatte sie Notos vorher noch fragend mit ihrem Blick fixiert, war es sie nun, die den Blick abwandte. 

Anfangs beobachtete sie noch jeden Handgriff des Fremden. Erst als Nirah überzeugt war, dass er tatsächlich wusste, was er tat, lehnte sie sich entspannt zurück. Die Augen geschlossen, das Bein ausgestreckt und locker, damit er ohne Probleme den Verband anlegen konnte, lag sie auf der Erde. Sie war beinahe schon eingeschlafen, als Notos ihr signalisierte, dass er fertig war. Mehr schlafend als wach krabbelte sie durch den steinernen Durchgang in das innere der Höhle. Das Licht des Feuers drang kaum in die beruhigende Dunkelheit. Nirah schlang ihren Mantel um sich und legte sich auf den Rücken. Das Ritual von zuvor würde sein Übriges dazu beitragen, dass sie nicht auskühlte.
Mit dem letzten bisschen Wachheit, das sie zusammenbringen konnte, meditierte sie, um ihre Heilung anzuregen. Sie dämmerte noch während ihres Zaubers, mit dem tröstlichen Rhythmus der Energien um sich herum, weg. 

Nirah war sich nicht sicher, ob sie noch schlief, als sich eine weitere Melodie in den vielstimmigen Chor mischte. Unruhig warf sie sich von einer Seite auf die andere. Sie öffnete sogar die Augen, nur um einen menschlichen Schatten aufrecht in der Nähe zu entdecken. Etwas daran war nicht so, wie es sein sollte. War ihr Begleiter noch wach?
"Geh schlafen, Notos. Wir werden unsere Kräfte brauchen morgen", murmelte sie im Halbschlaf. Dann drehte sie sich zurück auf die andere Seite und war sofort wieder weggetreten. Dabei verschwand jegliche Erinnerung an das kurze Erwachen.

Was als Nächstes folgte, brannte sich dagegen in Nirahs Bewusstsein ein, obwohl es mit Sicherheit ein Traum war. Er begann wie der letzte: Die blauen Augen umkreisten sie in völliger Schwärze, kamen immer näher. Sie erkannte wieder die Umrisse des Wolfes. An dem Punkt, wo er zuvor verschwunden war, blieb er stehen. Starrte sie an. Unendlich lange. Nirah streckte die Hand nach seinem Fell aus und griff ins Nichts. Wie dunkler Nebel löste sich seine Gestalt auf. Sie drehte sich um, noch immer gefangen in der undefinierbaren Umgebung. Nur um wieder in die leuchtenden Augen zu sehen. Dieses Mal waren es nur Augen, die ohne Anker, ohne Spur des dazugehörigen Wolfes vor ihr in der Luft hingen. Dort blieben sie. Und blieben, und blieben ... 

Als Nirah erwachte, dauerte es einige Augenblicke bis sie wusste, wo sie war. Und warum. All ihre Gliedmaßen fühlten sich schwer an. Sie spürte, dass sie zu lange geschlafen hatte. Es zeigte sich in der hartnäckigen Schläfrigkeit, die wie zähflüssiges Harz an ihr klebte. Ihr Bein pochte dumpf und erinnerte sie daran, dass sie es wohl nötig gehabt hatte.
Sie setzte sich auf, bemerkte da erst, dass sie alleine war. Keine Spur von Notos und Sir Jasper. Etwas stach in ihre Seite, bei ihrer Bewegung. Der Zahn des Monsters, der unter ihrem Gürtel klemmte. Moment ... waren es nicht zwei gewesen? Sie hatte die Trophäen gestern eingesammelt, um einen davon Notos zu geben. Das hatte sie ganz vergessen.

Sie ließ sich Zeit sich ausgiebig zu strecken und richtig wach zu werden. Fast hoffte sie, dass sich Notos und sein Gefährte über Nacht in Luft aufgelöst hatten. Es würde sie nicht wundern, wäre er abgehauen, wieder seinen eigenen undurchschaubaren Plänen folgend. Als sie aus der Höhle kroch, wurde sie eines Besseren belehrt. 
Dort stand er, mitten auf der einzigen freien Fläche, umgeben von dichtem Wald. Sein Gesicht war von ihr abgewandt. Sir Jasper war natürlich bei ihm. Scheinbar regungslos verharrte er mit dem Schwert in der Hand, bereit zum Schlag. Dann ließ er seine Waffe in einer geschmeidigen Bewegung auf einen unsichtbaren Feind niedergehen. 

Langsam ging Nirah humpelnd auf ihn zu. Mit verschränkten Armen blieb sie schließlich ein paar Schritte - ein gewisser Sicherheitsabstand war nötig - von ihm entfernt stehen und beobachtete ihn. Er kämpfte nicht nur gegen die Luft, sondern auch gegen den ein oder anderen Ast oder Strauch. Mal hoch, mal tief, in alle Richtungen. Sir Jasper schien ihm behilflich zu sein, indem er sich ab und zu auf einen Ast setzte oder gar einen aus der Luft herabfallen ließ. Es war erstaunlich, wie jemand mit geschlossenen Augen solch ein Training absolvieren konnte. 
Nirahs Neugier kehrte mit aller Macht zurück. Heute war der Tag der Antworten. Sie sah noch ein wenig zu, bis sie sich räusperte. "Herzlichen Glückwunsch. Du hast soeben ein ganzes Rudel von hilflosen Büschen um ihr Leben gebracht. Ich bin beeindruckt." sagte sie mit einem mühsam unterdrückten Grinsen. 
"Bist du endlich fertig? Wir müssen reden." 







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Zladune

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Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 05.09.2022 20:41

Notos erwachte, kaum dass die ersten schwachen Sonnenstrahlen ihren Weg durch die dichten Blätterkronen zum Höhleneingang fanden. Sofort verzog er noch im halbwachen Zustand missmutig sein Gesicht. Er hatte viel zu wenig geschlafen. Der unterschwellige Druck auf seinen Schläfen signalisierte ihm das nur allzu deutlich. Benommen schüttelte er ein wenig den Kopf. Sah in das Innere der Höhle, betrachtete die schattenhaften Konturen der im Halbdunkeln liegenden Person. Senkte seine Aufmerksamkeit auf einen müde wirkenden Jasper auf seinem Schoss, der sich streckte und ein herzhaftes Gähnen von sich gab. Und stutzte.

Moment.

Er konnte sehen.

Perplex blinzelnd huschte sein Blick über das Innere der Höhle, die Asche und darunter verborgene Glut am Feuerplatz, dann auf die Vielfalt an verschiedensten Grüntönen außerhalb, am Waldrand. Blinzelte erneut, die Hoffnung hegend, dass er damit die leicht verschwommenen Konturen von allem verschärfen konnte. Auch wenn er nach all den Jahren seine Lektion schon längst gelernt haben sollte. Es war doch immer wieder verwunderlich, wie befremdlich ihm der Übergang zwischen den Stufen seines Sehvermögens noch vorkam. Als wäre das heute der erste Tag, an dem er aus seiner Blindheit erwachte.

Und wie immer erfüllte ihn auch diesen Morgen eine freudige, innere Unruhe, kaum dass diese Information wirklich zu ihm durchsickerte. Vielleicht war sie sogar stärker als üblich. Er würde endlich sehen können, wo er überhaupt gelandet war. Mit etwas Glück konnte er heute endlich abschätzen, in welchem Gebiet des äußeren Ringes er sich befand und wie tief er bei seinem Absturz gefallen war. Oh. Oh! Er würde sich endlich nicht mehr durch jedes verdammte dornige Gestrüpp kämpfen müssen! Oder aufpassen müssen, dass er nicht gegen irgendeinen Baum stieß. Oder Acht darauf geben, dass er seinen Kopf nicht gegen einen Ast donnerte. DAS war nervtötend gewesen. Mit einem erleichterten Aufseufzen lehnte er sich stumm lächelnd an die Höhlenwand. Und er würde endlich... sein Blick schweifte zur der schlafenden Gestalt, versteckt im Schatten ihres Lagers. ...Er würde endlich sehen, wie seine Begleiterin überhaupt aussah.

Beinahe war Notos versucht, sich aufzurappeln und nachzuschauen. Allein weil er sich ihre Verletzung ansehen wollte. Doch kaum dass sich dieser Gedanke in seinen Kopf geschlichen hatte, zwang er sich dazu, sich wieder zu setzen und erstmal durchzuatmen. Bei seinem Glück würde sie aufwachen, sobald er in ihrer Nähe war, und würde es bestimmt so missverstehen, dass er sie beim Schlafen beobachtet oder etwas ähnlich Seltsames getan hatte. Und das wollte er wirklich nicht riskieren. Stattdessen schloss er die Augen, versuchte seine Konzentration wieder auf ihre Aura zu richten. Es war deutlich einfacher, wenn er blind war und all die anderen Farben und irritierenden Körperkonturen und Gegenstände ausblenden konnte. Aber mit etwas Geduld funktionierte es auch im Dunkeln. Bald ließ er davon jedoch beruhigt ab. Sie lebte, atmete tief und gleichmäßig und ihre Verletzung sah recht gut aus. Das würde schon werden.

Für eine kleine Weile verharrte er noch in dieser Position, die Augen geschlossen und an den kühlen Höhleneingang gelehnt. Es war ein verlockender Gedanke, sich einfach noch für ein paar Minuten auszuruhen. Sich dem bleiernen Mantel der restlichen Müdigkeit hinzugeben. Er hatte gestern Nacht noch viel zu lange damit verbracht, sich zusammenzuflicken. Und gedankenverloren in den Himmel zu starren. Und Wache zu halten. Jedes Tier, welches sich verdächtig nahe an ihr Lager gewagt hatte, hatte ihn sofort aus seinem Dämmerzustand gerissen. Aber niemals blieben sie lange. Jaspers Präsenz und der Monsterkadaver hielten die meisten wohl auf Abstand. Er seufzte. Und ließ die Vernunft schließlich siegen.

Es bedarf ein wenig an Neuorientierung, bis sich Notos wieder mit der Lichtung vertraut machte. Der Bach war schnell gefunden und er nutzte ihn sofort, um sich die restliche Müdigkeit aus dem Gesicht zu waschen sowie die gestern benutzten Tücher zu säubern. Er war gerade dabei, die Stoffe auf einem Ast zum Trocknen aufzuhängen, da sah er aus dem Augenwinkel, wie sich sein Partner aus der Höhle trollte. Und verdächtig darauf zu achten schien, dass ihn niemand beobachtete. Etwas blitzte in seinem Maul auf. „Sir...", gab Notos im mahnenden Ton von sich. „Was trägst du da herum?" Der kleine Drache plusterte sich verschreckt auf, sah ihn lange an – und war mit einem Sprung in den Baumkronen verschwunden. Der Weißhaarige schüttelte schmunzelnd den Kopf. Er hoffte nur, dass Jasper keine von Nirahs Habseligkeiten stibitzt hat.

 

Ab dem Moment verbrachte der Ritter den frühen Morgen mit dem Trainieren. Als er vorhin einen Blick auf seine Wunde geworfen hatte, hatte er missmutig feststellen müssen, dass die Vergiftung vorangeschritten war. Inzwischen hatten die dunkelvioletten Adern seinen Rippenbogen leicht überschritten, waren seinen Brustkorb langsam nach oben geschlängelt. Wenigstens waren sie noch weit entfernt von seinen Schultern – und vor allem seinem Herzen. Vermutlich hatte er gestern doch etwas zu viel Energie in das Biest reingejagt. Die Vergiftung war zwar noch lange nicht lebensgefährlich, aber besser wäre es, das Zeug schnell aus seinen Körper zu bekommen.

Dieses Mal ließ er seine Hellebarde nahe beim Monsterkadaver liegen, zog stattdessen sein Schwert aus der Scheide. Hielt es gen Himmel, ließ die Klinge im Sonnenlicht aufblitzen. Lächelte dabei schwermütig, bevor er die Augen schloss und wartete. Die ersten Hiebe, die fielen, waren jedoch nicht schlagartig vollführt und von langen Zwischenpausen gekennzeichnet. Stattdessen gingen die Bewegungen fließend ineinander über, langsam und bedächtig. Ziellos. Es wirkte mehr wie ein stiller Tanz als wirkliches Training. Die Klinge verfolgte jeden einzelnen Lufthauch, durchschnitt diesen lautlos. Langsam gewann Notos einen Fokuspunkt. Das Bild von einer massiven, dunkelroten Aura tauchte in seinem Kopf auf. Sein Griff verstärkte sich. Er visualisierte den gestrigen Kampfverlauf. Was war gut verlaufen? Wo waren seine Schwachpunkte gewesen? Wie hätte er seine Technik verbessern können?... Wie hätte er es verhindern können, dass Nirah verletzt wurde?

Er verzog das Gesicht, presste die Lippen aufeinander. Seine Hiebe wurden präziser, schneller. Natürlich wusste er, dass es keinen Sinn machte, Vergangenem nachzutrauern. Aber es wäre genauso verkehrt, dies völlig zu ignorieren. Er hatte einen Fehler gemacht und den musste er sich eingestehen. Und dafür sorgen, dass ihm solche Fehler möglichst nie wieder unterliefen. Dieses Mal hatte seine Unachtsamkeit jemanden eine noch heilbare Verletzung am Fuß beschert. Das nächste Mal konnte seine Schwäche fatalere Auswirkungen haben.

Mit der Zeit kam Jasper hinzu, versuchte ihm auf seine Art zu helfen. Sein Partner kannte diese Art von Training zur Genüge und bald waren sie beide wieder in ihre bequeme Routine verfallen. Irgendwann bekam er am Rande seiner Wahrnehmung mit, dass sich eine ihm bekannte, flammenfarbene Aura dazugesellte, mit Abstand stehen blieb und sie beobachtete. Er unterdrückte ein Lächeln, die Augen weiterhin geschlossen, konzentrierte sich lieber auf seine Abfolge an Schwerthieben. Beinahe hatten diese etwas meditatives an sich. Mit der Zeit wäre er wohl wieder in einen fast tranceartigen Zustand verfallen, hätte seinen Kopf ausgeschalten und einfach nur seinen Körper reagieren lassen – da fiel auch schon der erste schnippische Kommentar. Unwillkürlich begann er zu grinsen. „Ich wünsche dir ebenfalls einen wunderschönen guten Morgen", antwortete er belustigt. Ein scharfes Surren folgte, als er mit dem Schwert einen Ast zweiteilte. Dann atmete er tief aus, steckte dabei das Schwert langsam wieder in die Schneide. Nur kurz öffnete er die Augen, hatte sich bereits fast schon wieder von ihr abgewendet als er verkündete: „Bin gleich da. Ich stelle schonmal die erste Frage: Wie geht es dir?"

Ungewohnt zielsicher wanderte er zu dem Leichnam des Biestes rüber. Er hatte es bereits am Morgen inspiziert, aber diese spezielle Art war ihm nicht bekannt. Er hatte ähnliche Monster gesehen, kleinere, mit schneeweißem Fell, damit sie sich besser im tiefen Schnee der Bergketten im äußeren Ring verstecken konnten. Dieses Exemplar hier war größer, hatte das dichte Fell stellenweise für eine verhornte Panzerung ausgetauscht und war generell von der Färbung her dunkler, mehr an die Schatten der Wälder angepasst. Nun, jetzt zierte das Fell zudem noch eine schwarze, blitzförmige Musterung und ein klaffendes Loch an der Unterseite des massiven Leibes.

Notos griff nach zwei Bündeln, welche neben dem gefallenen Biest lagen. Er hatte versucht, alle Pfeile von Nirah zusammenzusuchen. Viele davon hatte er vorsichtig aus dem Körper des Monsters ziehen müssen, bemüht, die Pfeilköpfe nicht zu zerstören. Die blutverschmierteren Exemplare waren bereits gereinigt und alle in zwei Gruppen unterteilt: Die Pfeile, die völlig intakt waren – zum Glück war dies beim Großteil so der Fall – und die, bei denen er sich unsicher war.

Mit beiden Bündeln in der Hand drehte er sich endlich zu seiner Begleiterin, schmunzelte dabei gutmütig, während er zu ihr schritt – und endlich Zeit hatte, sie ordentlich zu mustern. Er begann leicht vor sich hinzugrinsen. Da hatte er ja mit dem hitzigen Feuerkopf lustigerweise gar nicht so falsch gelegen. Das markanteste an ihr war auf jeden Fall ihr auffällig rotes Haar, welches seinen Blick immer wieder zu ihrem Gesicht ziehen wollte. Sie wirkte jung, zumindest jünger als er, was wohl auch ihrem Verhalten entsprach. Das Gesamtbild vermittelte aber schon einen völlig anderen Eindruck. Sein Kopf sagte: Sie ist ganz klar aus der Gilde der roten Wurzel. Sieh sie dir an! Das ist die Kleidung von Jägern. Praktisch, robust, für längere Aufenthalte in der Wildnis gedacht. Auf jeden Fall schon länger getragen, aber es würde seinen Zweck erfüllen. Wenngleich sie verdächtig wenig rot trägt und auf den ersten Blick keine Symbole der Gilde zu sehen sind.... Seine Intuition blieb ruhig, schien ihm nur ein einziges Wort zu vermitteln: Heilerin. Aber beide Stimmen waren nicht ganz korrekt. Sie war... einfach Nirah. Das Erscheinungsbild der jungen Frau, die vor ihm stand, passte perfekt zu der feurigen, unruhigen Aura, die manchmal von Ranken in den Farben der Wälder umringt wurde.

Notos entkam ein aufrichtiges, verhaltenes Lächeln: „Ich muss sagen, du bist genauso einzigartig wie..." wie deine Aura, vervollständigte sein Kopf. Doch er hielt inne, beendete den Satz lieber anders. „... wie ich es mir gedacht habe." Er hielt ihr die zwei Bündel hin, grinste dabei ausgelassen: „Ich habe übrigens deine restlichen Pfeile aufgesammelt. Die meisten müssten denke ich... in...Ordnung... sein?" Seine Stimme ebbte gegen Ende langsam ab. Nirah sah ihn mit einem undefinierbaren Ausdruck im Gesicht an. Sein Grinsen wandelte sich zu einem unsicheren Lächeln. Fragend runzelte er die Stirn, legte dabei den Kopf leicht schief. „...Was ist?" Hatte er was falsch gemacht? Die Heilerin blickte ihn derartig intensiv an, dass er instinktiv ein paar Schritte zurück trat. „Nirah? Warum starrst du mich so an?... Siehst du etwas was dir an mir gefällt... oder wie soll ich das interpretieren?" Der Versuch eines Witzes scheiterte an seinem eigenen zweifelnden Ton. Was war hier los?



Antworten Zuletzt bearbeitet am 05.09.2022 21:39.

Saphyr

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 07.09.2022 15:12

Nirah legte den Kopf schief und antwortete nicht. Wollte er wissen, wie es um ihr Bein bestellt war? Dann war die Antwort, es würde heilen. Im Ruhezustand waren die Schmerzen erträglich. Laufen konnte sie auch. Sie musste nicht zum Dorf getragen werden. Das war doch etwas. Die Erinnerung an ihren Beinahe-Zusammenbruch zuckte durch ihre Gedanken und sie verzog das Gesicht. Es würde etwas Zeit brauchen, bis nichts mehr zu sehen war, aber nicht sehr lange, bis es sie nicht mehr einschränkte. Sie hatte in ihrem Leben schon schlimmere Dinge gesehen. Allerdings würde sie bald schon den Verband abnehmen müssen, um der Wunde weitere Behandlung zukommen zu lassen. Zu Hause könnte sie eine frische Kräuterpaste herstellen, die Entzündungen hemmte und die Heilung beschleunigte.
Vielleicht wollte er auch wissen, ob sie sich nach dem langen Schlaf ausgeruht fühlte. Das war allerdings etwas, das er sich selbst denken konnte. Natürlich hatte die Ruhe kleine Wunder gewirkt. Dafür gesellte sich nun langsam aber sicher der Hunger in die Reihe der vielen Unannehmlichkeiten, bei denen Notos unangefochten an der Spitze stand. Sie hatte gestern schon vor Beginn der Jagd nur ein kleines Mahl zu sich genommen und das Fleisch war ihnen ja geraubt worden. Und wenn man gerade beim Thema war ... sollte sich Notos nach ihrem Geisteszustand erkundigen wollen, dann ... Das wusste sie selbst noch nicht.
Also tat sie die Frage nach langem Zögern mit einem "Beeil dich einfach, Donnerschwinge." ab.

Sie beobachtete, wie der Mann zu dem toten Monster ging. Im Tageslicht konnte sie auch endlich seine tatsächliche Fellfarbe erkennen. Gestern war es regelrecht mit dem Wald verschmolzen. Sie fragte sich immer noch, wie dieses es geschafft hatte, sich so vollkommen unbemerkt anzuschleichen. Zugegeben, sie war abgelenkt gewesen. Allerdings hatte das Untier deutlich größere Kontrolle über die Magie gehabt, als ihr lieb war. Es blieb zu hoffen, dass solche Wesen in Zukunft weiterhin einen großen Bogen um alle Dörfer machten.

Erst jetzt erkannte sie, wozu Notos den Umweg gemacht hatte. Er trug ihre Pfeile in den Armen. Nirah dachte an die drei, die noch in der Höhle lagen. Zusammen mit ihrem Bogen. Sie hatte sie unbedingt haben wollen. Dabei war sie nicht von einem weiteren Angriff ausgegangen. Nur ohne ihre Pfeile war ihr Bogen nicht zu gebrauchen und sie fühlte sich angreifbar. Schutzlos. Unruhig.
Erstaunlich, wie wichtig solch eine Kleinigkeit sein konnte. Dass Notos so geistesgegenwärtig gewesen war und sich um ihre wertvolle Munition gekümmert hatte ... Das hätte er nicht tun müssen. Sie hätte sie auch selbst aus dem Monster ziehen und aufsammeln können. Nirah verscheuchte die aufkeimende Dankbarkeit wie eine lästige Fliege. Sie hatte diesem Mann schon eindeutig viel zu viel zugestanden. Sie hatte ihm Hilfe angeboten, hatte sich dann trotzdem von ihm das Leben retten lassen, war drauf und dran gewesen, in seine Arme zu springen, nur um nicht mehr laufen zu müssen, hatte zugelassen, dass er ihre Wunde versorgte, obwohl sie hier die Heilerin war ... Und jetzt kümmerte er sich schon um ihre wichtigsten Habseligkeiten? Um ihr einen Gefallen zu tun, oder wie? Das war zu viel des Guten.
Es gab Grenzen. Für Nirahs Geschmack befanden diese sich in einem großflächigen Umkreis von mehreren hunderten Schritten um sie herum. 

Trotz allem wanderte ihr Blick zu dem Zahn an ihrem Gürtel. Eigentlich hätte jeder einen haben können, wenn sie den anderen nicht verloren hätte. Ärgerlich. Vielleicht sollte sie ihm die verbleibende Trophäe geben. Der Gedanke widerstrebte ihr zutiefst und doch war er plötzlich nicht mehr loszuwerden. Später, entschied sie. Sie könnte noch darüber nachdenken, bis sich ihre Wege trennten. Was spätestens am Ende dieses Tages der Fall sein würde. Es sollte nicht allzu lange dauern, das Dorf zu erreichen, wenn sie sich einmal in Bewegung gesetzt hätten. Je nachdem, wie schnell sich Notos dieses Mal durch das Gestrüpp schlug. Immerhin lief sie jetzt nicht mehr Gefahr, ihm ohne Halt davonzueilen. Sie würde selbst etwas langsamer gehen müssen. Und dann würde sie ihn beim Ältesten abladen und in ihrer Hütte verschwinden. Ein guter Plan. 

Du bist genauso einzigartig, wie ich es mir gedacht habe. 

Nirahs Kopf schnellte bei Notos' Worten nach oben, bereit, ihn scharf anzufauchen. Inzwischen stand er vor ihr. Was sollte das denn nun wieder?! Versuchte er mit voller Absicht ihren Unmut herauszufordern? 
Sie sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an, er sah mit seinem immerwährenden Lächeln zurück. Moment. Er sah sie an. Nicht wie sonst aus völlig trüben Augen, sodass sie sich stets fragte, wohin diese sich richten mochten. Nein, sie waren von einem klaren, eiskalten blau. 
Sie schnappte nach Luft. Vermutlich wäre berechtigte Überraschung das vorherrschende Gefühl, das sie empfinden sollte, obgleich der unerwarteten Veränderung. Doch ihr Körper verkrampfte sich in echtem Schock. 

Alles um Nirah herum verschwand. Das dunkle Grün der Bäume, das tote Wesen im Hintergrund. Selbst Notos Gestalt, die vor ihr aufragte, verschwamm. Sie sah nur die stechenden Augen. Für einige Zeit glaubte sie sich in ihren Traum der letzten Nacht zurückversetzt. Hörte nichts mehr, sah nichts mehr anderes. Sie konnte nichts weiter tun, als zurückzustarren. Bewegungsunfähig, zu nichts anderem in der Lage, als auf ein weiteres Zeichen zu hoffen.
Plötzlich entfernten sich die Augen. Wollten wieder entgleiten, wie die Male davor. Nicht, bleib stehen, schrie eine Stimme in ihrem Inneren. Sie verschwinden, sie verschwinden! 

Es war Notos Rückzug und die damit einhergehende Verzweiflung, die in ihr aufstieg, die sie dazu befähigte, einen Schritt nach vorne zu machen. Sie war nicht gefangen in ihrem Traum. Sie konnte sich bewegen. Und die Augen gehörten weder einem Wolf noch der undurchdringlichen Dunkelheit. Sondern dem Fremden.
Unmöglich! Das war Einbildung, oder nicht?
Nirahs Sicht stellte sich wieder scharf und sie ging weiter auf Notos zu. Dabei fixierte sie weiterhin seine Augen, ließ sie keine Sekunde unbeobachtet. Sie kam so nahe, dass sie nach oben schauen musste.
Fast grob umfasste sie sein Kinn, um seinen Kopf nach unten zu neigen, damit sie einen es leichter hatte, sich das Ganze aus der Nähe anzusehen. Langsam drehte sie ihn einmal nach rechts, einmal nach links. Das Weiß seiner Blindheit wollte nicht zurückkehren. 

Wieso nicht, verdammt?
Mit einem Mal strömte es auf Nirah ein, was es bedeuten mochte, wenn das alles real war. Das Zeichen, auf das sie so lange gewartet hatte, stand mit Leib und Seele direkt vor ihrer Nase. Und was war mit dem Wolf? Hatte er sie etwa absichtlich zu dem Mann geleitet, weil ... Weil was? Es würde alles Sinn ergeben. Überhaupt, wie hoch war die Chance, dass sie mitten in den Wäldern jemandem begegnete, dem ihre Bräuche völlig fremd zu sein schienen. Wieso sollte in aller Welt ausgerechnet er, derjenige sein, der ihren Pfad auf dem Weg zur Wächterin kreuzte. Schicksal, flüsterte die gehässige Stimme. Als würde sie sich daran ergötzen, dass sie ... 

Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie ihrem Begleiter gerade die Fingernägel in die Haut bohrte. Unvermittelt ließ sie Hand fallen, fuhr sich damit stattdessen durch die Haare und massierte dann die Stelle zwischen ihren Augen, als hätte sie Kopfschmerzen. "Entschuldige", murmelte sie tonlos. "Du hast ... du bist ... Ich meine ..."
Es wollte einfach nichts Sinnvolles aus ihrem Mund kommen. "Deine Augen. Sind blau." erklärte sie schließlich sehr aufschlussreich. Sah ihn noch kurz stumm an, unsicher wie sie reagieren sollte. Dann zog sie ihm die Pfeile aus den Händen und setzte zur Flucht an. Zur Höhle, den Bogen holen. Und dann? Das wusste sie auch noch nicht. Nur weg von ihm. Sie brauchte Luft zum Atmen. Kaltes Wasser in ihrem Gesicht. Irgendetwas!
Sicher, sie hatte ein Zeichen gewollt. Aber nicht so eines. Nicht ihn. Ihretwegen konnte ein ganzes Rudel an Wölfen sie verfolgen, wenn sie dadurch nicht an ihn gebunden wäre. Wenn dadurch nicht ihr Weg mit seinem verwoben war. Nein, nein, nein. Vielleicht deutete sie das Ganze falsch. Vielleicht war es ein großer Zufall. Niemals, antwortete ihr die Stimme. 


Möge das Chaos mit uns sein!
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