Aislyn
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Aislyn
von LiskaFly am 09.11.2018 12:02Prolog:
Wenn die Sonne schien, brach draußen der Trubel los. Auf dem Marktplatz tummelten sich allerlei Händler und boten ihre Waren an. In einer Ecke rief jemand: „Frische Äpfel, saftig und knackig!" in einer anderen hieß es: „So fein gewebte Teppiche gibt es nirgends außer hier!" Im Verlaufe des Tages wurde der Platz manchmal gar so voll, dass man Stunden brauchte um ihn einmal zu überqueren. Und in den weniger vollen Straßen und Gassen schallte lautes Kinderlachen, wenn die Jüngeren dort Fangen und ähnliches spielten. Von irgendwo her war fröhliche Musik von vorbeiziehenden Musikanten zu hören und in ihrem Zimmer aus dem Fenster das ganze Spektakel beobachtend saß die kleine Aislyn und wartete darauf, dass die Sonne sich verzog und den Wolken mit ihrem Regen wich. Ihr Blick wanderte gen Himmel, wo er sich der Enttäuschung eines klaren, blau leuchtenden Himmels annahm. „Aislyn?" Zog sie eine Stimme aus ihren Gedanken. „Aislyn, komm, wir gehen auf den Markt. Heute ist so schönes Wetter und wir brauchen neue Zutaten für Brot. Nachher kannst du auch gerne mit den anderen Kindern spielen gehen." Ein Knoten bildete sich in ihrem Hals, sodass die einzige Antwort, welche das Mädchen hervorbrachte ein leichtes Nicken war. Gerade wollte sie nach ihrem Mantel greifen, als ihre Mutter ihr den Weg versperrte. „Aislyn, du möchtest doch nicht bei solch einem warmen Wetter den Mantel tragen? Ich glaube du willst dich nur wieder verstecken." Aislyn schaffte es kaum ihre Mutter anzusehen und schwieg, bis die große Frau mit dem langen, gold- gewellten Haar einen Schritt auf sie zu machte und das Gesicht des Mädchens in ihre Hände nahm. „Du bist so ein hübsches junges Mädchen. Sag mir, weshalb möchtest du dein Gesicht vor den anderen Menschen hier verstecken?" Tränen schossen ihr in die Augen, als sie zu einer Antwort ansetzte. „Weil sie mich hier nicht haben wollen. Ich bin anders. Ich werde nie so sein wie sie." Letztendlich waren ihre Worte nur ein leises Flüstern, welches dazu ausreichte um auch ihrer Mutter die Augen mit Tränen zu füllen. „Du bist nicht anders, Aislyn, meine kleine Prinzessin. Deine Haut und dein Haar ändern nichts daran, dass du ein Mensch bist, so wie auch sie, mit den gleichen, wenn nicht sogar besseren inneren Werten." Aislyn konnte die Tränen nun nicht mehr zurückhalten, woraufhin ihre Mutter sie in ihre Arme nahm und vorsichtig drückte, bis die Tränen schließlich versiegten."Hey, wenn du willst, können wir ja nachher etwas zusammen unternehmen. Was hältst du von einem Spaziergang am Waldrand? Zur Hölle mit den anderen Kindern. Wenn sie dich schlecht behandeln ohne einen Grund zu haben, dann haben sie es einfach nicht verdient mit so einem wundervollen jungen Mädchen zu spielen." Ein erleichtertes Lächeln spiegelte sich nun auf Aislyns Gesicht wieder. Ihre Mutter versprach ihr sich zu beeilen und verschwand nun aus dem Haus und auf dem Marktplatz um neue Zutaten zu kaufen, während Aislyn sich wieder an das Fenster setzte und mit Blick gen Himmel voller Sehnsucht hinaus starrte.
Wie versprochen dauerte es nicht allzu lange, bis Aislyns Mutter zurückkam und als sie auf ihre Tochter zukam hielt sie etwas hinter ihrem Rücken versteckt. „Was hast du da?" Wollte Aislyn wissen und versuchte einen Blick auf den mysteriösen Gegenstand zu erhaschen. „Mach kurz deine Augen zu Prinzessin, dann wirst du es erfahren." Aislyn tat wie ihre Mutter es ihr sagte. Sie konnte spüren, wie zwei Hände etwas mit ihren Haaren machten und als sie ihre Augen wieder öffnen durfte, hatte sie einen kleinen Spiegel vor ihrem Gesicht, in welchem sie eine wunderschöne violette Blume in ihren Haaren sah. Sie sagte nichts, denn ihr Gesicht sprach bereits Bände. „Ich habe dir doch gesagt, dass du ein wunderschönes junges Mädchen bist. Glaub mir, eines Tages wird dir jeder zu Füßen liegen, Aislyn. Du wirst die Prinzessin der Herzen sein, so wie du bereits das meine beherrschst." Ihr Blick veränderte sich erneut und mit leiser Stimme antwortete sie: „Ich will aber keine Prinzessin sein." Überrascht über diese Aussage wollte ihre Mutter den Grund wissen, woraufhin Aislyn kaum hörbar meinte: „Alles was ich will ist tanzen."
„Und das wirst du auch, Liebling, ganz bestimmt. Du wirst sie alle verzaubern mit deinem Tanz, aber nicht heute, nicht jetzt. Jetzt gehen wir ein wenig spazieren und die Sonne genießen, ja?" Mit diesen Worten, hielt sie ihre Hand hin, welche Aislyn glücklich ergriff und ihrer Mutter nach draußen folgte.
Die warmen Strahlen der Sonne wurden unterstützt von einem leichten Wind, was zusammen mit dem Gezwitscher der Vögel und den raschelnden Blättern eine sehr angenehme Atmosphäre erschuf. Nach einer Weile gelangten die beiden an einen kleinen Bach, an welchem sie sich hinsetzten und ihre Füße im Wasser baumeln ließen. „Mama? Warum sehe ich so anders aus?" Die Frage hatte Aislyn sich selbst schon so oft gestellt, doch nun fragte sie sie zum ersten Mal ihre Mutter. „Aislyn-" Begann ihre Mutter, hielt jedoch einen kurzen Moment inne, bevor sie dann weiter sprach: „Die Welt, welche du kennst, ist hier, diese Stadt, dieser Wald. Die Menschen, welche du kennst, leben hier. Sie sind allesamt hier geboren und haben ihr ganzes Leben hier verbracht. Doch da draußen, außerhalb der Grenzen dieser Stadt, geht die Welt noch weiter. Es gibt so viele Länder, so viele Orte und Landschaften und Menschen." Erneut hielt sie inne, sprach jedoch nicht weiter sondern starrte mit einem wie leer gefegten Gesichtsausdruck auf die kleinen Wellen des Baches. Aislyn wusste nicht, was genau sie mit dieser Aussage anfangen sollte, beschloss jedoch ihre Mutter nicht weiter zu fragen. Stattdessen starrte sie ebenso auf das fließende Wasser und verlor sich in ihren Gedanken. Das leise Plätschern, das Rascheln des Windes in den Blättern und das Gezwitscher der Vögel vermischten sich in ihren Gedanken zu einer wunderschönen Melodie und in ihrem Kopf spielten sich Bewegungen ab. Arme hoben sich, Beine machten kleine, rhythmische Schritte, die Hüfte kreiste leicht und dann war es auf einmal alles wieder vorbei, als Aislyns Mutter sie erneut ansprach." Zeit vergeht schneller, als man es manchmal realisiert, Aislyn." Erneut wusste das Mädchen nichts damit anzufangen, schwieg jedoch, da ihre Mutter fortfuhr: „Ich werde schon bald gehen müssen. Aislyn, diese Blume in deinem Haar, hüte sie gut. Solange du sie bei dir trägst bin ich bei dir und wache über dich." Noch bevor Aislyn etwas dazu sagen konnte stand ihre Mutter auf und meinte: „Wir sollten nun langsam zurück gehen. Der Himmel färbt sich bereits rot. Wir wollen doch nicht zu spät sein." Ein weiterer unverständlicher Satz. Aislyn lebte mit ihrer Mutter alleine. Es gab niemanden, der auf sie wartete und nichts, was die beiden am Abend in der Stadt zu tun hatten. Wozu sollten sie also zu spät kommen? Ohne nachzufragen folgte sie ihrer Mutter und dachte über alles nach, was ihr diesen Tag gesagt wurde.
Gerade, als sie den Wald verließen ertönten Schreie. „Aislyn, weißt du noch die Abkürzung zu unserem Haus, welche ich dir einmal gezeigt habe?" Verängstigt wegen dem plötzlichen Stimmungswandel nickte das Mädchen stumm. „Geh heim, schau nicht zurück. Wenn du zu Hause bist, schließe alle Türen und Fenster zu und warte nicht auf mich, hast du verstanden?" Aislyn wollte etwas sagen, fragen was los war, sich ihrer Mutter widersetzen, doch ohne auch nur etwas zu verstehen wusste sie, dass sie ihrer Mutter vertrauen musste, also rannte sie los und sah nicht zurück. Trotz der vielen Schreie, welche aus allen Richtungen ertönten stoppte sie nicht, ehe sie sich in ihrem Haus befand und alle Fenster und Türen fest verschlossen waren. Anschließend nahm sie eine Decke und verkroch sich damit unter ihrem Bett, wo sie sich die Ohren zuhielt und wartete, bis das Geschrei vorüber war.
Jou... Das ist der Prolog zu einer meiner Geschichten. Ich würde mich über Rückmeldungen, Kommentare, Verbesserungsvorschläge freuen. Und ansonsten hoffe ich, dass es euch gefällt. weitere Kapitel werden folgen.
Tomorrow is a mystery
And today is a gift
That's why they call it present