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The Headwinds - Handlung

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Zladune

26, Weiblich

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Beiträge: 997

Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 21.01.2023 00:40

Langsam ließ Notos seinen Windtänzer sinken, während sich Nirah zunehmend in ihren Gedankenspielen verlor. Er konnte nicht sagen, was ihn mehr verwunderte. Die ungewohnte Sanftheit in ihrer Stimme, mit der sie diese Bilder vor seinem inneren Auge malte – oder aber, dass sie diese Gedanken überhaupt teilte. Mit ihm von allen möglichen Personen. Er konnte sich beim besten Willen keinen Reim daraus machen. Dennoch. Sie schien angetan von seiner Idee... es freute ihn mehr, als er zugeben wollte. Alles. Je länger sie sprach, desto weniger konnte er sich demselben warmen Lächeln erwehren, welches auch die Züge der Heilerin zierte. Ja, ja er konnte es sich gut vorstellen. Wie die helle Melodie als steter Begleiter im Hintergrund erklang. Unaufdringlich genug, um ihre Präsenz beinahe vergessen zu können, doch immer anwesend. Wie ein treuer Freund, der alles mit einem durchstand. Fröhliche Zeiten, langwierige, monotone Aufgaben wie kraftraubende Krankheiten zu gleichen Teilen. Beinahe wie.... Aber nein. Aller Parallelen zu Trotz – unauffällig waren die beiden nun sicherlich nicht.

Nirah sprach weiter. Auf die verwunderte Nachfrage bezüglich ihres Kranzes hatte er nur ein Nicken von sich gegeben. Bei der Erklärungen zum Sommerkranz horchte er jedoch auf. Allerdings war es weniger die Erläuterung an sich, die sich seiner Aufmerksamkeit bemächtige, als die angespannte, defensive Wahl ihrer Worte. Hatte ihm dies zuerst lediglich ein Schmunzeln entlockt, so blickte er nun sachte lächelnd zu dem blumengeschmückten Ring in den Händen der Heilerin. Der Ausdruck in seinen Augen weich und nachdenklich, mit einem Hauch von schwer zu beschreibender Betrübung. „Nun, ich weiß nicht, ob ich noch wirklich die Möglichkeit bekommen werde, andere Sommerkränze zu sehen." Ob diese Gedanken seiner Überzeugung entstammten, dass er sich bis zur Verabschiedung des Sommers sicherlich nicht mehr in diesem seltsamen Gebiet befinden würde, oder weil ihm eine weitere Betrachtung schlicht und ergreifend seine Blindheit verwehren würde, behielt Notos für sich. „Allerdings habe ich deinen sehen können. Und allein das macht ihn für mich wertvoll. Zumal ich natürliche Schönheit immer zu schätzen weiß."

Hatte ihm Nirah überhaupt zugehört? Vermutlich nicht. Zumindest sprach ihre plötzliche Hektik dafür, mit welcher sie alle Materialien im Korb verstaute. Selbst sein Windspiel und das Öllämpchen blieb nicht von ihrer Aufräumwut nicht verschont. Notos gab sich einem ergebenen Lächeln hin, als er ahnte in welche Richtung das Gespräch abdriftete. Einzig Warnungen und unmissverständliche Befehle hatte die zügellose Heilerin für ihn übrig. Nun, das und...

Das verschmitzte Grinsen, mit welchem er Nirah ebenfalls eine wunderschöne Nacht wünschen wollte, gefror auf seinen Lippen, noch bevor es sich vollständig entfalten konnte. Überrumpelt hielt er inne. Blinzelte er ein paar mal verwundert. Hatte... hatte er sich das gerade nur eingebildet? Natürlich. Das musste es sein. Die zunehmende Kraft der Nebenwirkungen. Niemals im Leben hatte Nirah gerade... warum überhaupt hätte sie ihn bei seinem richtigen Namen nennen sollen? Hatte sie bisher fast noch nie..? Noch dazu mit derselben Weichheit...

Völlig aus dem Konzept gebracht, sah Notos der schwachen, flammenden Silhouette hinterher. Brachte nur nach einem Zögern ein kleines „...Wünsche ich dir auch", von sich. Rieb sich unschlüssig den Nacken. Bevor ihm ein leises Auflachen entkam: „Meinst du, Nirah erinnert sich noch daran, dass ich blind sein kann? Und deswegen Licht nicht wirklich benötige?" Jasper, der sofort die Abwesenheit der Heilerin ausnutzte und von seinem erkorenen Thron heruntergeflogen kam, betrachtete seinen amüsierten Partner, ohne ihm jedoch eine Antwort zu geben. Notos verstand dieses intensive Starren sofort – und seufzte leise auf. Sein Gefährte hatte recht. Abgesehen davon war er nicht töricht genug, um Nirahs Warnungen in den Wind zu schlagen. Falls es tatsächlich der Nachwirkungen der Heilung zu verschulden war, dass seine Blindheit derartig verfrüht zurückkehrte... dann sollten diese wirklich nicht unterschätzt werden. Zu seinem Widerwillen machte es ganz den Anschein, als würde er um ein paar Stunden der Ruhe nicht umhinkommen.

Doch trotz allem konnte er sich nicht dazu bringen, seine derzeitige Position zu verlassen. Niemals würde er sich hier hinlegen! Dieser Verwundbarkeit wollte er sich nicht hingeben. Da behagte ihm das Verharren im Schneidersitz deutlich mehr. Mit einer Hand seine Schwertscheide berührend, lehnte sich Notos an die Wand. Schloss die Augen und atmete tief durch. „Wachst du über mich, Jasper?" Du solltest dann nicht alleine sein, echote es in seinem Kopf. Natürlich würde er nicht allein sein. Er hatte seinen Partner bei sich. Mehr brauchte er nicht. Erst recht nicht jemanden mit einer so entwaffnenden Sanftheit, wie seine Heilerin. Zusammen hatten sie bisher alles durchgestanden. Kein Grund, noch jemanden mit dieser nichtigen Sache zu behelligen. Er hatte schlimmeres als das bisschen Gift überlebt.

Es war dennoch nicht sonderlich einfach für ihn, in einen halbschlafenden Zustand zu verfallen. Sein Blut schien zu schnell zu fließen, hinterließ dabei ein brennendes Kribbeln in den Adern. Erst als es sich ein warmes Federbündel in seinem Schoß zurecht tretelte, übermannte ihn bei dem anhaltenden, tiefen Vibrieren langsam die Erschöpfung, gegen die er so lange erfolgreich angekämpft hatte.

 

Als Notos wieder erwachte, strömte bereits Licht in den kargen, kalten Raum. Schlaftrunken schüttelte er ein wenig den Kopf – bevor er registrierte, wo genau er sich befand und wie spät es scheinbar schon war. Augenblicklich warf er die Decke von sich und sprang hektisch auf. Verdammt. Warum hatte Lux ihn nicht geweckt? ...Er würde wetten, dass die Schlafkappe auch noch nicht aus dem Bett gekommen war. Er sollte nach ihm sehen. Aber dass sogar Kiki sie in Stich ließ...

Die Angespanntheit fraß sich in seine Knochen, als er durch die Tür in den Gang trat. Das helle Holz schien durch das Sonnenlicht beinahe zu strahlen. Es verstärkte nur den Druck auf seinen Schläfen. Aber das war noch gar nichts im Vergleich dazu, was ihn erwarten würde, sobald er in den Hof treten würde. Er wollte gar nicht erst dran denken. Diesmal würde er sich wohl nicht rausreden können... Kurz vor der Tür seines Freundes angekommen, verlangsamte Notos seinen Trott. Stützte sich an der Wand ab. Holte ein paarmal tief Luft. Was bei allen Göttern hat er gestern nochmal getan? Jede einzelne Bewegung schmerzte, kostete ihn mehr Kraft, als sie sollte. Selten hatte ihm ein Training oder eine Mission derartig hart zugesetzt. Und überhaupt...

Notos drehte sich abrupt um, als ein kühler Wind über seine Haut strich. ...War das Rauschen der Blätter schon immer da gewesen? Vorsichtig öffnete er die schwere Holztür, die Hand auf seinem Waffenknauf ruhend – und stutzte, als ihn eine weitflächige Landschaft aus dichtem Grün begrüßte. Der Wind hinterließ feine Wellen im hohen Gras, welches ihm weit über die Knöchel reichte. Und vor ihm, einsam auf einem Hügel stehend, die Konturen einer einzelnen, üppig bewachsenen Baumkrone.

Vertraut. Dieser Ort war ihm viel zu vertraut. Und gehörte hier sicherlich nicht hin. Und doch... Notos ertappte sich dabei, wie sich ein ausgelassenes Lächeln auf seine Miene stahl, als eine ihm wohlbekannten Melodie seine Ohren erreichte. Seine Füße setzten sich von selbst in Bewegung. Folgten dem sanften Summen, dessen Klang allein seine Schritte leichter werden ließ. Je näher er dem Baum kam, umso wärmer schien die Luft zu werden. Angenehm warm jedoch. Nicht wie die Hitze, die durch seinen Körper strömte. Sondern vielmehr... herzlicher. Intimer. Wie eine liebevolle Umarmung. Bald würde er den höchsten Punkt erreicht haben. Der Wind nahm zu. Strich durch seine Haare. Beinahe war es ihm, als würde jemand zärtlich mit dem Daumen über seine Wange streichen – dann tätigte er den ersten Schritt in den Schatten der Baumkrone und seine Welt versank in bodenloser Dunkelheit.

Hastig sah sich Notos um, sein Herzschlag viel zu schnell, doch seine Aufmerksamkeit auf Hochtouren. Er konnte nichts sehen. Blind. Warum war er blind? Das farbiges Aufflackern von Auren vermischte sich zunehmend mit dem tiefen Schwarz. Unzählige Auren. Massen an zähflüssigen Leibern, die sich an ihn drängten. Sich aufstauten. Ihn zu ertränken versuchten. Er konnte sich nicht bewegen. Konnte nichts tun. Er musste raus. Er musste raus. Er durfte nicht schon wieder... Und plötzlich folgte eine bedächtigte Ruhe. Es war still. Totenstill. Unheilverkündend. Die grellen Lichter starben ab, wurden abermals ersetzt von dunkler Finsternis. Bis auf eins. Ein Licht blieb übrig, stach mit seinem farbigen Schimmern heraus wie eine untergehende Sonne am Horizont. Er erkannte es sofort. Würde es immer tun. Tätigte einen Schritt darauf zu – und plötzlich prasselte das intuitive Gefühl von drohender Gefahr auf ihn nieder. Die Intensität zwang ihn beinahe in die Knie. Es kam von überall. Von oben. Von vorne. Von der Seite.

Direkt hinter ihm.

Ein stechender Schmerz an der Seite ließ Notos hochfahren. Als erstes nahm er das Rauschen in seinen Ohren wahr. Seinen rasenden Herzschlag. Und... eine weitere Welle des scharfen Schmerzes. Und noch eine. Und eine weitere.

Dann... spürte er zunehmend den leichten Druck auf seinem Oberkörper. Das anhaltende Vibrieren eines Leibes auf ihm. Umhüllt von einem sanften, beinahe goldenen Licht. Langsam bekam Notos seine viel zu hektischen Atemzüge in den Griff. Nahm seine verkrampfte Hand von der Brust. Legte diese auf Jasper. Und wartete. Wartete so lange, bis die ersten klaren Gedanken wieder in seinen Kopf strömten.

„Danke, mein Freund". Die leisen Worte, die er von sich gab, waren nicht mehr als ein erschöpftes Wispern. Wenngleich er seinem Gefährten trotz allem die Ansätze eines schwachen Lächeln zu schenken vermochte. „Es geht wieder." ...Tat es das wirklich? Die Aura seines Partners hatte ungewöhnlich verschwommene Konturen. Er konnte sich kaum auf diese fokussieren. Dazu strömte das heiße Pulsieren nun wohl bemerkbar durch seinen ganzen Körper. Und dennoch – ihm war kalt. Klammer Stoff haftete an seiner Haut. Ließ ihn mit jedem weiteren, verstrichenen Moment die kühle Luft wahrnehmen, die zu ihm rüberwehte. ...War das Fenster vorhin nicht noch geschlossen gewesen?

Jasper beobachtete besorgt seinen Partner, wie er abermals in einen unruhigen Dämmerschlaf fiel. Dabei am ganzen Körper zitterte. Immer noch schwerfällig atmete. Als er schließlich meinte, unter der ihm fremden Kleidung kurzzeitig ein schwaches, grünes Aufglimmen erkennen zu können, fasste er einen Entschluss. Sah sich nocheinmal zu seinem Partner um. Bevor er unverzüglich aus dem Haus stürmte. Rasch trippelte der kleine Drache nach draußen. Rannte bis er abermals vor einer Tür stand. Verschlossen. Doch nicht mit einem Schlüssel. Und Klinken waren schon lange kein Problem mehr für ihn.

Leises Klackern und Schaben war zu hören, als Jasper die Tür ansprang, die schließlich mit einem leisen Ächzen den Weg freigab. Das Federbündel zwängte sich durch den kleinen Spalt, huschte nach drinnen und visierte sofort ein bestimmtes Zimmer an. Ohne in der Dunkelheit auch nur irgendwo anzuecken, manövrierte sich der gefiederte Drache Richtung Bett. Hüpfte auf dieses drauf und betrachtete für einen Augenblick die fremde Menschenfrau. Die im Schlaf genauso unruhig wie im wachen Zustand wirkte. Jasper legte den Kopf schief. Wartete einen weiteren Moment. Bevor er mit seinen elektrisierten Krallen einmal leicht über den Oberarm der Heilerin fuhr.



Antworten Zuletzt bearbeitet am 21.01.2023 09:07.

Saphyr

26, Weiblich

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 22.01.2023 02:56

Nirah warf den Kopf auf die Seite und murmelte etwas. "Ist es schon Zeit?" murrte sie undeutlich in ihr Kissen hinein. "Ich komme gleich, ich komme gleich." Vielleicht war es die Anwesenheit ihres Besuchers oder lediglich der nicht allzu tiefe Schlaf, der ihr Bewusstsein an die Oberfläche treten ließ. Ihre Augen zuckten unter verschlossenen Lidern und sie regte sich, erwachte jedoch nicht. Sie war in ihrer Hütte, in wohlig warmer Dunkelheit. Mit einer Stimme im Hintergrund, die sich drängend anhörte. Mutter?, fragte sie sich selbst, unsicher, wessen Stimme es wohl sein könnte. Ich will nicht aufstehen. Noch nicht ... Noch nicht....
Plötzlich verschwand all das. Mit einem erschrockenen Keuchen fuhr Nirah hoch und riss die Augen auf. Ein undefinierbarer Druck verschwand sofort von ihrem Bauch. Hektisch tastete sie sie um sich, als suche sie ein Messer oder irgendetwas, mit dem sie sich verteidigen konnte. Ein prickelnder Schmerz echote noch durch ihren Arm und ihr Herz pochte bis zu ihren Ohren. Sie fand kein Messer, dafür streiften ihre Finger etwas anderes. Etwas Weiches. Das daraufhin leise raschelte und sich sofort aus ihrer Reichweite brachte. So schnell, wie sie sich aufgerichtet hatte, erstarrte sie. Wieder raschelte es und - war das ein Tapsen auf ihrem Bett? Das Gefühl von Beklemmung überkam sie, als würde das Etwas sie anstarren. Möglicherweise tat es das auch. Schwer zu sagen, da die Holzblende jegliches Licht von draußen abschirmte. 
Nirah zwang sie zu einem klaren Gedanken. Welches Tier oder Monster konnte in ihr Zimmer kommen, war klein und verteilte ... Moment. Verteilte aufgeladene Schläge? Unwillkürlich strich sie sich über den Arm, der Opfer der kleinen Attacke geworden war. Die Schmerzen waren verschwunden, der Schreck noch nicht. 

"Sir Jasper?", brachte sie ungläubig heraus. Ein scheinbar bestätigendes Schnauben erklang. Oder hatte sie sich das nur eingebildet? "Wie spät ist es?", fragte sie sich selbst, während sie sich hastig aus ihrer Decke schälte. Mit wenigen Schritten war sie beim Fenster und öffnete es. Sanftes Mondlicht drang in den Raum. Genügend Licht, um auszumachen, was da auf ihrem Bett hockte. Tatsächlich war es der kleine Katzenvogel. Nirahs Haltung entspannte sich sichtlich, als sie den Eindringling endgültig erkannte. Seine funkelnden Augen bohrten sich regelrecht in ihr Innerstes und ließen einen Schauer über ihren Rücken wandern. Für einen Moment starrte sie stumm zurück. Wieso war Notos' Gefährte hier, mitten in der Nacht? Ja, er hatte sie sogar geweckt? Wie lange hatte sie geschlafen? Weckt mich. Das ist wichtig. Hieß das ...?

"Notos!" stieß sie aus, als Verständnis sie durchflutete und Bewegung kam in ihren Körper. "Komm, gehen wir zu ihm." forderte sie das Wesen auf und stürmte derweil auch schon aus dem Raum. Recht zielsicher hatte sie eine volle Öllampe zutage gefördert und kurz darauf bereits die Hütte verlassen. Die Luft schien eisig zu sein und legte sich unangenehm um sie. Zudem verscheuchte sie effektiv die ihr anhaftende Müdigkeit. Unter der Asche des ausgebrannten Feuers war immernoch Glut. Mit einem glimmenden Stock entzündete sie das Lämpchen. Bei der Gelegenheit legte sie direkt einige kleinere Äste in die Feuerstelle, ließ sich kaum Zeit damit. Es war nicht verkehrt, die Flammen erneut zu entfachen. Sie könnte sie noch brauchen. Ohne weitere Verzögerung eilte sie zu der anderen Holzhütte.

Nirah rümpfte die Nase als die Luft des Zimmers ihr wie eine Wand entgegenschlug. Leise machte sie auf sich aufmerksam, doch keine Reaktion folgte darauf. Das flackernde Licht machte ihr klar, wieso. Der Krieger saß heftig zitternd auf dem Bett, an die Wand gelehnt, doch in sich zusammengesunken. Er war offensichtlich nicht bei Bewusstsein. Sein Gesicht glänzte und er atmete schnell. Viel zu schnell. Sieht nach Fieber aus. Sie streckte eine Hand nach seiner Stirn aus und ließ sie einen Moment dort ruhen. Er glühte. "Notos?" sprach sie in noch einmal an. Ihre Berührung entlockte ihm nur ein abruptes Zucken und seine Augenlider flackerten hektisch. Doch er blieb weiterhin in einem Zustand, den man nicht als wach beschreiben konnte. "Du solltest dich hinlegen." versuchte sie es weiter. Keine Chance. "Wieso hast du dich nicht hingelegt?" seufzte sie, in ihrer Stimme lag allerdings nicht der übliche Tadel. Nur Besorgnis. Das war nicht gut, ganz und gar nicht. Wärme. Wasser, viel Wasser. Tee! Wenn es sein muss, mit Weidenrinde ... und Stoff. Für kühlende Wickel. Eine Decke! Ganz automatisch listete Nirah im Geiste auf, was sie tun konnte. Dies war nicht das erste Fieber, welches sie miterlebte. Wenngleich sie sonst nicht alleine war und ihre Patienten für gewöhnlich ansprechbar ...

Nicht denken, handeln! Sie griff nach der Decke, die nach wie vor nutzlos zusammengefaltet am Fußende lag. Mit einem Schütteln entfaltete sie sich und war im nächsten Augenblick über Notos' Gestalt geworfen. Nirah beugte sich über ihn, drückte die Ränder so gut es ging zwischen seinen zitternden Körper, Bett und Wand. Am Ende lugte nur noch sein Kopf hervor. Allerdings wurde er mit einem Mal wesentlich unruhiger, fast als wehre er sich gegen den um ihn gewickelten Stoff. "Notos, hey, hey!" zischte sie und versuchte ihn mit einer Berührung an den Schultern zu beruhigen. Was nicht unbedingt half. "Es ist alles in Ordnung. Ich versuche dir zu helfen." sprach sie sanft und trat einen Schritt zurück. Hörte er sie überhaupt und wenn ja, verstand er was sie sagte? Was vor sich ging? Stirnrunzelnd betrachtete sie, die leicht verrutschte Decke und machte dann auf dem Absatz kehrt. Abwarten und beobachten würde eindeutig nicht reichen. Sein Zustand erforderte Maßnahmen. Es war Zeit, sich an die Arbeit zu machen. 

Auf dem Weg nach draußen erfasste sie aus dem Augenwinkel Sir Jasper. Ohne anzuhalten, sicherte sie ihm ein "Bin gleich wieder da, mach dir keine Sorgen." zu. Glücklicherweise hatten die trockenen Äste tatsächlich inzwischen Feuer gefangen, auch wenn es noch keine große Kraft hatte. Sie legte Holz nach, mit dem Ziel, das Lagerfeuer wieder richtig zu entfachen. Aus der Hütte holte sie einen frischen Topf und platzierte diesen auf dem Kochgestell. Außerdem nahm sie im selben Anlauf eine hölzerne Kelle, zwei Eimer und eine Tonschüssel mit nach draußen. Je weniger sie hin und her laufen musste, desto besser. Die Eimer füllte sie mit dem verbleibenden Wasser aus dem Regensammler. Nacheinander schüttete sie diese in den Topf, bis er gut gefüllt war. Einen weiteren Eimer voll Wasser schleifte sie mit nach drinnen und stellte ihn mit einem dumpfen Geräusch neben Notos' Bett. Dann war sie auch schon wieder hinaus gehuscht, hatte Notos nur eines Blickes und Sir Jasper gar nicht gewürdigt. Inzwischen bediente sie sich einer weiteren Öllampe, während die andere im Zimmer verblieben war. Beinahe zitterten ihre Finger, als sie im Vorratsschrank kramte. Weidenrinde, Weidenrinde, Weidenrinde ... Da!
Einige trockene Streifen der Rinde waren sorgfältig in ein Kästchen gelegt worden. Sie nahm das ganze Kästche, den Mörser sowie einen Haufen Verbände und kehrte endlich zu Notos zurück. 

Die Prozedur hatte eigentlich nicht sehr lange gedauert und doch schien es zu lange gewesen zu sein. Die zuvor sorgfältig platzierte Decke war ... nicht mehr zufriedenstellend. Dafür schien der Atem ihres Patienten lauter geworden zu sein. Wieder schlang Nirah den Stoff um Notos, gab sich dieses Mal mehr Mühe, damit ihn richtig einzuklemmen. Ohne Rücksicht auf jedwede Form des Protests. "Wenn du nicht liegen willst, muss es leider so sein. Tut mir leid, Donnerschwinge." sagte sie ruhig ohne eine Antwort zu erwarten. 

Schließlich saß sie auf ihrem Hocker an der kleinen Holzablage neben dem Bett und arbeitete weiter. Mit kreisenden Bewegungen zerkleinerte sie die Rindenstücke zu einem feinen Pulver. Nur das Schaben des Stößels und der unterschiedliche Atem zweier Menschen erfüllte für einige Zeit den Raum. Zwischendurch lüftete sie mehrmals kurz, um etwas frische Luft hineinzulassen. Mehrmals versuchte sie ihm mit der Schüssel kleine Mengen an Wasser einzuflößen. Irgendwann - Nirah verlor bald schon ihr restliches Zeitgefühl und sie war gerade mit ihrem Pulver fertig geworden - schien Notos' Zittern wenigstens etwas nachzulassen. Ein weiteres Mal prüfte sie seine Temperatur und erschrak regelrecht. Es war fast, als wäre er noch heißer geworden. Sie hatte gehofft, das Lüften und die sanfte Kühlung seiner Stirn würde ihn stabilisieren. Jetzt klang sein Atem zunehmend flacher. 
In kürzester Zeit rannte Nirah nach draußen zum Feuer, schöpfte heißes Wasser aus dem Topf in den zweiten Eimer und brachte es nach drinnen. Sie streute eine kleine Menge des Weidenrindenpulvers in die Trinkschüssel und übergoss es mit dem heißen Wasser. 

"Trink, bitte. Notos, trink!" versuchte sie ihn zu überzeugen, die Mischung zu sich zu nehmen. "Ich weiß es schmeckt seltsam. Aber es wird dir helfen, versprochen", flüsterte sie, wiederholte ihre Anstrengungen mehrfach und versuchte es immer wieder, ihm die Flüssigkeit einzuflößen. Das Pulver würde nicht nur die Kühlung seines Körpers unterstützen, sondern ihm bestenfalls etwas von seinem Unwohlsein nehmen. "Es ist alles nur zu deinem Besten." erklärte sie ihm und zog kurz darauf zwei mit kühlem Wasser getränkte Stoffbündel aus dem Eimer. 
"Ich muss dich noch einmal anfassen. Und du würdest mir wirklich entgegenkommen, wenn du mir ein wenig hilfst" meinte sie mit einem schwachen Lächeln. "Ich würde dir gerne kühle Bandagen um die Waden legen." Sie sprach sanft, in der Hoffnung, er möge ihren Anweisungen Folge leisten. In der Hoffnung, er möge sie überhaupt verstehen. "Es sorgt dafür, dass du ein wenig abkühlst. Ich versichere dir, es wird sich angenehm anfühlen. Okay?" fuhr sie mit ihren Überzeugungsversuchen fort. Wenn es sein musste, würde sie ihn dazu zwingen. Doch wenn nicht, wäre es besser.
"Wenn du ein wenig die Beine ausstrecken würdest, dich vielleicht sogar hinlegen ...?"

Oh, dies würde eine lange Nacht werden. Für sie und für Notos. Nirah spürte ihre Erschöpfung kaum, wenngleich sie stetig zunahm. Auch die Schmerzen vom Sitzen auf dem niedrigen Hocker und das sachte Pochen ihres Beins erreichten nicht ihr Bewusstsein. Zu groß war die Sorge und ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem kranken Mann vor ihr, dessen Reaktion auf ihr Heilritual leider deutlich drastischer ausfiel als ihr lieb war. 


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Zladune

26, Weiblich

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Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 24.01.2023 13:25

Jasper sprang aufgeschreckt zur Seite, kaum dass ihn die fremden Finger berührten. Unterdrückte dabei ein Fauchen, gab lediglich mit aufgeplusterten Federn einen dunklen, brummenden Ton von sich. Bevor er mit einem Schütteln sein Gefieder glättete, um dann in eine statuenähnliche Position zu verfallen. Selbst als Bewegung in die rothaarige Menschenfrau kam und kurz danach das Mondlicht seine Konturen umspielte, löste es nicht die kleinste Rührung in dem Wesen aus. Goldenen Augen fixierten die der Heilerin. Regungslos. Auffordernd. Er war nicht gekommen, um einen Streit vom Zaun zu brechen. Von Belang war gerade einzig und alleine...

Notos! Die Ohren des kleinen Drachen zuckten bei dem Klang des vertrauten Namens in die Höhe. Die Intensität wich ein wenig aus seiner Haltung, als Nirah den Grund für sein Kommen zu verstehen schien. Und keinen Moment später deswegen aus dem Raum stürmte. Dass er ihr folgen solle, musste man Jasper nicht zweimal sagen. Er war der Heilerin dicht auf den Fersen, stoppte zeitgleich mit ihr am bereits ausgebrannten Lagerfeuer – doch im Gegensatz zu ihr eilte er daraufhin nicht in das Zimmer seines Partners zurück. Sondern starrte mit schiefgelegenem Kopf die heiße Glut in der Asche an. Die rothaarige Frau hatte Reisig und kleinere Äste drauf geworfen. Das kannte er. Allerdings wehten Menschen normalerweise noch etwas Luft rein, um das gewünschte Feuer schneller zu entfachen. Würde er helfen können, wenn...?

Sein Blick glitt zu der Tür, in welcher die Heilerin verschwunden war. Ließ ein paar Sekunden verstreichen, bevor er zurück zur Feuerstelle schaute. Dann breitete er seine Flügel aus und versuchte mit ein paar umständlichen Schlägen seiner Schwingen die Flammen zu schüren. Die Bewegungen geprägt von äußerster Behutsamkeit und Vorsicht, um die Glut nicht zu ersticken. Als sich das rote Flackern und Lodern ins Holz fraß und es langsam in Brand setzte, ließ Jasper von seinen Bemühungen ab. Drehte sich abrupt um und machte sich mit schnellen Schritten zu seinem Gefährten zurück.

Unterwegs begegnete er Nirah. Keiner der beiden Wesen schenkte dem anderen jedoch sonderlich hohe Beachtung. Der gefiederte Drache verließ sich inzwischen völlig auf seine Instinkte. Und diese teilten ihm mit, dass auf die Heilerin in diesem Fall Verlass war. Sie würde seinen Partner nicht im Stich lassen. Durfte sie einfach nicht. Vor allem, da ihn seine Intuition ebenfalls davor warnte, dass sich sein Gefährte allein wegen ihrem Beistand bei weitem nicht in Sicherheit befinden würde...

Seine Befürchtungen verstärkten sich sofort, als ihn bereits an der Türschwelle stickige, warme Luft begrüßte. Der muffige Geruch der Krankheit hatte sich inzwischen in jeder Ecke des Zimmers festgesetzt, haftete insbesondere an dem weißhaarigen Ritter - dessen Zustand sich seit seiner Abwesenheit nicht verbessert hatte. Im Gegenteil. Das Gesicht verzogen, die Augen fest zusammengekniffen, schien sein Gefährte nur noch mehr in sich zusammengesunken zu sein. Er wirkte unruhig. Als würde er gegen einen nur für ihn sichtbaren Gegner ankämpfen.

Jasper betrachtete seinen Partner sichtbar angespannt. Er mochte das nicht. Ganz und gar nicht. Die zunehmend schlechtere Verfassung seines Gefährten. Seine völlige Hilflosigkeit. Es erinnerte ihn an damals. Er wollte das nicht nochmal erleben. Und deswegen... abermals zuckten die Ohren des kleinen Drachen, als Nirah den Raum betrat. Verfolgte mit scharfem Blick, wie sie den Ritter abermals in die Decke wickelte, die Notos noch vor wenigen Momenten erfolgreich bezwungen hatte – eine Schlacht, die er in wenigen Minuten wohl auch erneut gewinnen würde. Währenddessen versuchte sie immer wieder, ihm Wasser einzuflößen. Erfolglos, soweit er beurteilen konnte. Trotzdem setzte sie sich jedesmal erneut zu ihrem streng riechenden Stöcken und arbeitete weiter. Beharrliches Ding. Sie ließ sich wohl nicht entmutigen, verfolgte ihre Vorhaben bis zum Ende? Vielleicht sollte er das auch tun. Und mit diesen Gedanken verließ Jasper seine beobachtende Stellung und blieb von nun dicht bei seinem Partner. Legte seine Pfote auf den Arm seines Gefährten, wenn er sich abermals unruhig zu regen begann. Zog ihm mit den Zähnen wieder die Decke über den Körper, wenn er sich doch wieder freizukämpfen schaffte. Und verharrte ansonsten mit einer besitzergreifenden Geste beschützend direkt an seiner Seite, den Kopf auf den Beinen des Ritters abgelegt. Hoffentlich würde es ihm bald besser gehen....

Die Macht des Giftes hatte Notos hingegen fest im Griff. Ab und an drängten sich Fragmente der Realität in sein Bewusstsein. Und mit ihnen kamen Stimmen. Verschwommen. Undeutlich. Viel zu laut, viel zu nah. Alles war viel zu nah. Irgendetwas presste sich an seinen Körper, hüllte ihn vollständig ein. Hinderte ihn daran, sich zu bewegen. Zwängte ihn ein. Je mehr er sich dagegen zur Wehr setzte, umso mehr schien es ihn zu umschlingen. Das Atmen fiel ihm zunehmend schwerer. Doch trotz allem nahm das einfach kein Ende. Es blieb lediglich die Hitze. Die verdammte Hitze, die ihn regelmäßig in Wogen überrollte.

Schwach. Dieses Mal hörte er die Stimme klar und deutlich. In ihr schwang eine bekannte, kühle Strenge. Ist das alles, zu was du fähig bist? Ein wenig Leben kam wieder in Notos rein, als er sich hektisch umsah. Am Rande seiner Wahrnehmung meinte er, die Umrisse einer Person zu erkennen, die sich von der Dunkelheit abhoben. Allerdings erklang die Stimme nun direkt hinter ihm. Was wirst du nun tun? Dich deiner Schwäche hingeben? Aufgeben und in Selbstmitleid versinken? Mit einem Mal wurde er grob am Kinn gepackt. Etwas Nasses rann seinen Hals runter. Instinktiv verteidigte sich sein Körper dagegen und Notos versuchte sein Gesicht abzuwenden. Wenn du Zeit zum Jammern hast, hast du auch Zeit, etwas dagegen zu unternehmen. Du hast ein Schwert bekommen. Also kämpfe! Mit einem Mal ließ der Druck nach. Abermals erhob die Präsenz hinter ihm das Wort. Doch statt Verachtung schwang dieses Mal etwas anderes im Unterton mit. Beinahe machte es einen sanften Eindruck auf ihn. Es ist nur zu deinem Besten, mein Junge.

Und plötzlich stutzte Notos. Gab all seinen Widerstand auf und atmete tief aus. Als würde es ihm helfen, wieder die Kontrolle zu erlangen. Ein einziges, kristallklares Wort stach aus dem zähflüssigen, trüben Sumpf seiner Gedanken hervor. Gift. Er wurde vergiftet. Warum? ...Diesmal war es gegen seinen Willen geschehen, richtig? Aber da er allem Anschein nach noch lebte – wo befand er sich nun?

Notos schlug die Augen auf. Versuchte es zumindest, auch wenn es ihn große Mühen kostete, sie allein für ein paar weitere Momente halbwegs offen zu halten. Er bereute es beinahe sofort. Licht stach in seine Augen, hell und brennend. Nah, doch aus keiner bestimmten Richtung. Es schien von überall zu kommen. Es dauerte eine Weile, bis er verstand, was es war. Aura, zu großen Teilen sogar nur eine einzige. Wärme war das Erste, was zu ihm durchsickerte. Die Aura strahlte vor Wärme und einer sanften Fürsorglichkeit. Allerdings, so sehr diese Gefühle gerade im Vordergrund standen, sie schafften es nicht, den Rest zu überschatten. Eine einzigartige Kombination aus feurigem Temperament, einem verbissenen Pflichtbewusstsein und Loyalität aber auch... einer unterschwelligen Sorge und Furcht?

„Neela?". Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Schwach. Kraftlos. Die Müdigkeit, die mit der Hitze in seinem Körper einherging, zerrte an seinem Bewusstsein. Diesmal jedoch bäumte sich seine eigene Aura dagegen auf. Als würde sie damit stumm gegen seine falsche Annahme protestieren wollen. Notos schüttelte leicht den Kopf – was seine Kopfschmerzen nur noch mehr anschwellen ließ. Nein, falsche Farbe. Wer auch immer vor ihm stand, es war sicherlich nicht Neela. Aber wer dann? Diese Intensität. Diese sture Unnachgiebigkeit. Das feurige Flackern vermischt mit einer permanenten, sprunghaften Rastlosigkeit. Er erkannte vereinzelt in dieser Person ein paar Aspekte seiner Freunde. War das der Grund? Der Grund dafür, dass ihm diese Aura so vertraut vorkam? Aber warum... war sie mit solchen Schmerzen verbunden?

Mit einem weiteren Zittern sank Notos noch etwas mehr in sich zusammen. Seine Seite flammte auf. Das Licht brannte in seinen Augen. Es schien nur schlimmer zu werden, je mehr in die flammenden Farben einhüllten. Warum konnte das alles einfach nicht aufhören? Warum konnte sie nicht gehen? Ihm fernbleiben? Es war zu viel. Zu viel Nähe, zu viel Helligkeit, zu viel des so intensiven flammenden Rotes. Warum konnte sie nicht einfach....

„Bleib. Bitte."
Das waren die ersten Worte, die Notos wissentlich von sich gab. Erstaunlich klar und deutlich, wenngleich geprägt von einer tiefen Erschöpfung. Für einen weiteren Moment rang er noch damit, den Blick in den Raum gerichtet zu halten – dann zog ihn das Gift in seinem Körper wieder mit aller Macht in die Dunkelheit zurück.

Zeit spielte schon lange keine Rolle mehr. Inzwischen war er vollkommen in dem zähen Fluss der Dinge verloren gegangen. Und dennoch... diesmal tat Notos, wie ihm befohlen wurde. Er kämpfte. Auch wenn ihm immer wieder das Bewusstsein entglitt. Selbst dann bemühte er sich allerdings, dem Träger des feurigen Lichtes zu folgen. Seine Position zu verfolgen. Doch seine Gedanken waren viel zu trüb und unfokussierten, als dass ihm das gelingen könnte.

Irgendwann spürte er, wie etwas seine Stirn berührte. Er zuckte zusammen, als würde er zurückweichen wollen. Nur...für einen winzigen Moment nahm das Flackern vor ihm festere Konturen an. Notos schlug die Augen auf, blinzelte verwirrt. Nirah? Die Benommenheit hatte bereits angefangen, ihn wieder einzulullen – doch davor spürte er erneut kühle Finger auf seiner Haut. Irgendetwas wurde ihm zugeschoben und an die Lippen gehalten. Nach einem kleinen Zögern hob er einen Arm und bekam ein Handgelenk zu fassen. Wartete - und wieder wurde die Silhouette der Person vor ihm klarer. Nirah, eindeutig Nirah. Eine gewisse Ruhe überfiel Notos. Die Worte seiner Begleiterin machten für ihn weiterhin kaum Sinn... aber er trank den Inhalt der Schüssel dennoch aus. So bitter er auch war. Seine Heilerin ließ ihm keine Gelegenheit, missmutig das Gesicht zu verziehen, sondern redete weiterhin auf ihn ein.

Er brauchte eine geraume Weile, um zu verstehen. Hinlegen? Stimmt, er saß ja noch... Die Aura vor ihm begann sich wieder zu entfernen, als er sich endlich zu einer kurzatmigen Antwort durchrang. „Wie bei der Heilung?" Langsam richtete sich Notos aus seiner in sich zusammengesunkenen Position auf. Hielt dann inne. Haderte kurz mit sich, bevor er seine Hand ausstreckte. Die Decke rutsche zum unzähligsten Mal wieder vollständig von ihm ab. „Würdest... du mir dabei wieder die Hand geben? Es...würde helfen."



Antworten Zuletzt bearbeitet am 27.01.2023 15:16.

Saphyr

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 06.02.2023 04:19

Wer ist Neela, dachte sie irritiert.
Als Notos endlich etwas von sich gegeben hatte, hatte Nirah in ihren Bewegungen gestoppt und sich näher zu ihrem Patienten gebeugt. Er war sehr leise gewesen, nur ein einziges Wort. Ein Name, der ihr nicht bekannt vorkam. Der Ausdruck von grimmiger Entschlossenheit auf ihrem Gesicht hatte sich nur noch tiefer eingegraben. Wo auch immer der Geist ihres Patienten weilte, es war nicht die Gegenwart. Gab es jemanden, der informiert werden muss, sollte er ... Nein. Er wird nicht sterben, nicht wegen eines kleinen Fiebers. Ihre Augen verweilten unentwegt zwischen sorgenvoll zusammengezogenen Augenbrauen auf Notos' Gestalt und den Auswirkungen seines "kleinen" Fiebers. Nicht, solange ich da bin, jedenfalls.
Während sie weiterarbeitete, drängten sich neue Überlegungen in ihren Kopf. War sie seine Frau? Hatte jemand wie Notos eine Frau? Die Vorstellung erschien ihr seltsam abwegig, obwohl es keinesfalls unmöglich war. Hatte er Familie, Freunde, die in diesem Moment auf ihn warteten? Vielleicht, es wäre ungewöhnlich, wenn nicht. Selbst wenn, ihr wäre es unmöglich irgendetwas anderes zu tun, als abzuwarten. Sie wusste noch immer nicht, woher er eigentlich kam. Auch wenn er ihr den Namen des Ortes verraten hatte. Aber er würde nicht sterben. Dessen war sie sich sicher. Sie hatte Sterbende gesehen, begleitet. Ein Heilritual brachte im Normalfall niemanden um. Keinen jungen und gesunden Krieger. Es waren lediglich ihre Gedanken, die alle möglichen Szenarien hintereinander abspielten.

Warmes, fast heißes Wasser rann ihr über die Finger, als Notos sich weigerte, die Medizin zu trinken. Auch ihre Versuche, ihn zu einer liegenden Position zu überreden, blieben wirkungslos. Er verschloss krampfhaft den Mund, zuckte mit dem Kopf hin und her, floh regelrecht vor der Schüssel. Alles andere entlockte ihm nicht den Hauch einer Reaktion. 
Frustriert zog sich von ihrer über ihn gebeugten Position zurück, ließ sich auf den Hocker fallen und stellte die Schüssel für einen Moment neben sich ab. Nirah musterte ihren Patienten stumm und gab ein hörbares Seufzen von sich. Wieso machst du es mir so schwer? 
Plötzlich erhaschte sie den Blick zweier glänzender Augen, die sich in ihre zu bohren schienen. Bleib. Bitte. Worte, verständliche Worte! Sie rückte ihren Stuhl wieder ein wenig näher zu Notos und beugte sich abermals zu ihm. "Ich gehe nicht fort", antwortete sie mit weicher Stimme. "Ich bleibe bei dir. Bis es dir besser geht." Sie brachte ihm ein aufmunterndes Lächeln entgegen. Doch seine Lider flackerten bereits und der Moment der Klarheit verblasste. Nirah blieb, wo sie war und beobachtete ihn für eine Weile. Er schien etwas ruhiger geworden zu sein. Und es war ein gutes Zeichen, dass er mit ihr gesprochen hatte. Selbst wenn er offensichtlich nicht wirklich bei Bewusstsein war. Doch er schien sich nun immer wieder zurück zu kämpfen. Mehrmals glaubte sie, er sähe an ihr vorbei, schloss aber seine Augen direkt danach wieder. 

Vielleicht hatte sie jetzt eine bessere Chance ihm die Medizin einzuflößen und seine Position zu ändern. Abermals streckte sie die Hand aus und legte sie auf Notos' Stirn. Dieses Mal nicht, um seine Temperatur zu prüfen. Oder eher, nicht nur. Sie wollte ihn auch dabei unterstützen, etwas wacher zu werden. Beiläufig strich sie bei der Gelegenheit ein paar an seiner Haut klebenden Haare aus dem Weg und versuchte gleichzeitig, mit ihm zu sprechen. Er zuckte unter ihrer Hand zusammen. Kurz darauf schlug er tatsächlich die Augen auf. Er schaffte es kaum, sie zu fokussieren, aber das war eindeutig ein Fortschritt. "Du musst die Medizin trinken." erklärte sie ihm und griff mit der freien Hand nach der Schüssel mit der warmen Flüssigkeit. Beinahe erschrak sie, als eine viel zu heiße Hand plötzlich ihren Arm festhielt. Schaffte es, nichts zu verschütten und erstarrte stattdessen. Und dann ... er trank endlich!
Etwas in ihr atmete erleichtert auf. "Sehr gut", lobte sie ihn. "Und jetzt musst du dich hinlegen. Ich muss an deine Beine. Ich helfe dir, dich abzukühlen. Es wird gut tun." wiederholte sie sinngemäß die Anweisungen, die sie zuvor schon getätigt hatte. 

Das Gefühl, dass er sie wieder nicht verstanden hatte, beschlich sie. Nirah lehnte sich zurück und entschloss sich schließlich, ihm keine Wahl mehr zu geben. In dem Augenblick sprach er mit ihr. Er hat es verstanden!
"Ja genau. Wie bei der Heilung." bestätigte sie ihm. Er regte sich und schien sich langsam aus seiner Starre zu lösen. Ihr Zögern dauerte nur eine Sekunde, als er nach ihrer Hand bat. "Natürlich", sagte sie und streckte sofort ihre Hand nach seiner aus und dann direkt auch noch die andere. "Okay, versuch dich jetzt hinzulegen. Ich hab dich, ja? Jasper, mach bitte Platz."

Der Vorgang war ... umständlicher als erwartet. Doch schließlich lag Notos auf dem Rücken, die Beine ausgestreckt, so wie sie es beabsichtigt hatte. Nirah entzog ihm ihre Hände und warf die Decke über ihn. Vielleicht würde sie endlich auf ihm bleiben und ihren Zweck erfüllen können. Obwohl Notos' gefiederter Begleiter gute Arbeit geleistet hatte, wie sie hatte feststellen müssen. 
Sie kündigte noch einmal an, dass sie seine Beine aufdecken würde und machte sich dann ans Werk. Sie schlug die Decke ein Stück zurück und schob den weichen Stoff der Hosenbeine nach oben. Zum Glück trug er die Kleidung des Dorfes und nicht seine eigene, robustere ... 
Mit geübten Handgriffen schlang sie die kühlen Bandagen um seine Waden und darum herum noch eine weitere, trockene Schicht. Dann deckte sie ihn zu und hoffte, er würde sich nicht ständig aus der unterstützenden Wärme hervor kämpfen. 

Es gab nichts, was sie sonst noch hätte tun können. Notos schien irgendwann in eine Art ruhigen Schlaf zu fallen. Davor hatte sie es noch mehrmals geschafft, ihm mehr Flüssigkeit zu verabreichen, indem sie ihm aufhalf, ihn mit einem Arm stützte und mit dem anderen die Schüssel hielt. Ein paar Mal hielt sie eine seiner Hände, weil es ihn zu entspannen schien. Er kooperierte ... größtenteils. Zumindest deutlich mehr als die ganze Zeit zuvor. Später ließ sie ihn damit zu Frieden, sodass er zur Ruhe finden konnte. Dafür tauschte sie mehrmals die kühlenden Wickel gegen frische aus, bis sie entschied, dass seine Temperatur sich stabilisierte. Sie ging nur einmal nach draußen, um mehr Wasser zu holen und Holz nachzulegen. 
Den Rest der Zeit wartete sie. Beobachtete. Kämpfte gegen ihre immer schwerer werdenden Lider an, gegen den Sog, der sie selbst in die Dunkelheit ziehen wollte. 

Schlussendlich - Notos Atem ging inzwischen gleichmäßig und ruhig - gab sie regelrecht unfreiwillig ihrer Erschöpfung nach. Bevor sie vom Stuhl fiel. Schwerfällig ließ sie sich zu Boden gleiten und lehnte sich mit dem Rücken an das Bett. Ein unruhiger Schlaf übermannte sie, aus dem sie immer wieder hochschreckte, sich davon überzeugte, dass ihrem Patienten gut ging, um direkt wieder in sich zusammenzusinken. 

Sie musste doch eine längere Zeit am Stück geschlafen haben, denn ein Geräusch weckte sie. Zuerst konnte sie es nicht einordnen. Dumpf. Wie ein Klopfen. Nein ... Schritte. Wie spät war es? Ein leises Knarzen erklang, das Klopfen kam näher. Verharrte kurz. "Sieh an. Da seid ihr." Ein leises Kichern.
Nirah sog scharf die Luft ein, als plötzlich die Stimme in unmittelbarer Nähe erklang und sie riss orientierungslos die Augen auf. "Ah, du bist wach", bemerkte der Mann mit einem Hauch von offensichtlicher Belustigung. "Ich habe euch Frühstück gebracht. Weißhaars Anweisung."
Verspätet verdunkelte sich Nirahs Mine, als sie erkannte, wer im Zimmer stand. "Devon." knurrte sie den anderen Wächterlehrling an. Eigentlich war er kaum mehr als ein Junge. Der verzog nur den Mund zu einem verabscheuungswürdigen Grinsen und stellte einen Korb auf die Ablage über ihr. "Nicht, dass ich dich sonst mit meiner Anwesenheit belästigen würde, versteht sich." fügte er in freundlichem Klang hinzu.
Hastig zog sich Nirah auf Beine, sodass Devon nicht länger über ihr thronte. Devon hatte sich derweil an das Bett gestellt und musterte den schlafenden Notos abschätzig. 
"Das ist also der Fremdling ... Du weißt schon, dass es nicht von uns verlangt wird, bei unseren Patienten zu schlafen" gab er süffisant von sich und schenkte ihr einen wissenden Blick. Nirah funkelte ihn nur verständnislos an. "Vielleicht sollten wir anfangen, Wetten abzuschließen, wie er es geschafft hat ...", murmelte er gut hörbar.

"Raus!" zischte sie und drängte ihn mit vor Wut lodernden Augen zur Tür. Weg von Notos regloser, hilfloser Gestalt. Devon war genauso wenig ein Krieger wie sie. Sie würde es darauf ankommen lassen. Doch er ließ sich hinausschieben, ohne Widerstand zu leisten. Er blieb lediglich vor der Tür stehen und lächelte sie an. "Nichteinmal ein Wort des Dankes für das Essen. Typisch. So wird das nie etwas." tadelte er sie spottend. 
Dann fiel die Tür krachend vor seinem zufriedenen Gesicht zu. 


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Antworten Zuletzt bearbeitet am 06.02.2023 14:53.

Zladune

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Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 10.02.2023 01:15

Licht umhüllte ihn, als Nirah ihre Hand auf die seine legte. Hell. Brennend. Stellenweise schwappte das flammende Rot sogar in sein eigenes, inzwischen stark gedimmtes Blau über. Und doch nahm er dies alles dankbar in Kauf. Selbst das schmerzhafte Pulsieren seiner Seite, das mit jeder Berührung einherging. Er hätte in diesem Moment vieles getan. Allein um wenigstens ihre Konturen erahnen zu können. Sein Halt, sein einziger Orientierungspunkt in völliger Dunkelheit, die mit farbigen Schlieren durchsetzt war, wo keine sein dürften. Nur als die Heilerin ihn stützte und leitete, schien sich der Nebel für den Hauch eines Momentes zu lichten.

Instinktiv griffen seine Finger bereits beim ersten Mal nach ihrem Handgelenk, umschlossen es fest mit so viel Kraft, wie er gerade zustande war aufzubringen. Als hätte er Bedenken, dass die Hand unter ihm sofort verschwinden könnte. Oder sich die Person neben ihm bei der kleinsten Berührung einfach in Luft auflösen würde. Eine mehr als hinderliche Reaktion, zumindest wohl für seine Heilerin, doch er konnte sich dem nicht erwehren. Erst als ihr Puls spürbar gegen seinen Daumen schlug und er den stetigen Energiestrom unter seinen Fingerkuppen wahrnehmen konnte, lockerte Notos seinen Griff zunehmend, bis der Druck kaum mehr vorhanden war.

Solange sie blieb, war alles in Ordnung. In diesen Momenten gab er sich gerne der Ruhe hin, ließ sich von der tiefsitzenden Erschöpfung treiben, die ihn unaufhörlich an die Grenze seines Bewusstseins zerrte. Und wann immer Nirah ihm doch ihre Hand entzog... war Jasper zur Stelle. Der kleine Drache wuselte unentwegt um die beiden Menschen herum, balancierte auf der Bettkante und machte lediglich genug Platz, damit sich der Ritter hinlegen konnte. Oder damit ihm die Heilerin Wasser einflößen konnte. Sonst aber blieb das Federbündel in unmittelbarer Nähe. Wartete, bereit dazu, sofort den Platz mit der Heilerin zu wechseln, wenn sie von seinem Partner abließ. Noch im selben Augenblick huschte das Federbündel dann jedes Mal wie ein geölter Blitz zu seinem Gefährten, sprang auf den Bauch und zog mit den Zähnen den Ärmel näher zu sich. Nur um sich anschließend mehr oder minder auf Notos' Arm zu legen. Dabei fixierten die goldenen Augen unaufhörlich die rothaarige Frau, verfolgten aufmerksam ihr Tun und Handeln.

Dieses Spiel wiederholte sich... mehr als nur einmal. Beinahe hätte es sich zu einem gewohnten Trott in dieser Nacht entwickeln können. Hätte Nirahs Körper sie nicht selbst irgendwann zur Pause gezwungen. Jasper verharrte dennoch sitzend auf seinem Partner. Solange er dies tat, konnte dieser schließlich nicht mehr die Decke von sich werfen. Wenngleich fraglich war, ob er dies wirklich noch tun würde. Seit einer geraumen Weile regte sich Notos kaum. Das langsame, rhythmische Heben seines Brustkorbs bestätigte, dass auch er den Kampf gegen die Müdigkeit an irgendeinem Punkt verloren hatte. Einzig ein Mal kam noch ein wenig Bewegung in ihn rein. Nicht viel Zeit war vergangen, seitdem sich Nirah zur Nachtruhe begeben hatte. Genug jedoch, um Notos aufgrund ihrer fehlenden, unmittelbaren Nähe halbwegs die Augen öffnen zu lassen. Ein Blick zu Seite reichte diesmal aus, um die groben Konturen des glühenden Lichtes zu erahnen. Seine Hand rutschte von seinem Bauch, nah genug zur Bettkante, damit seine Fingerkuppen in den äußeren Rand der Aura eintauchen konnten – und dies allein war auch bereits genug, um ihn abermals in einen ruhigen Schlaf verfallen zu lassen.

Jasper war der erste, der die Morgensonne grüßte. Der gefiederte Drache hob bei dem Klang von dumpfen Schritten, die sich zu ihnen näherten, sofort den Kopf. Angespannt bewegten sich die kleinen Ohren hin- und her, bevor er sich abrupt aufrichtete und keine Sekunde später mit einem Satz hinauf zum Schrank flog. Nicht viel später ging mit einem leisen Ächzen die Tür auf und ein junger Bursche trat ein. Jaspers Federkleid plusterte sich auf, als er die Konversation zwischen Nirah und dem Fremden verfolgte – den sie zwar kannte, jedoch offensichtlich nicht mochte. Er teilte ihre Meinung. Insbesondere dann, als dieser seinem Gefährten gefährlich nahe kam...

Die Krallen bohrten sich ins Holz unter ihm, doch die Heilerin griff glücklicherweise vor ihm ein, um den anderen Menschen von seinem Partner weg und sogar aus dem Zimmer rauszudrängen. Zeitgleich mit dem lauten Knall, welcher den Abschied des Mannes ankündigte, landete der Drache auf dem Boden. Bewegte sich lauernd auf die Tür zu. Angriffsbereit, begleitet von einem unterschwelligen, drohenden Knurren. Stoppte kurz daraufhin, hielt witternd die Nase in die Luft – und richtete sich mit einem Mal stocksteif auf. Drehte sich um, nur um mit den Hinterpfoten abfällig über die Dielen zu scharren. Bevor er mit einem abschätzigen Blick Nirah musterte. Und schließlich mit erhobenen Schweif davontrippelte.

Sein Weg führte ihn ohne Umschweife zu dem geflochtenen Behälter, welchen der Fremde mitgebracht hatte. Jasper starrte für einen Moment den Inhalt in diesem nieder, ehe sein gefiederte Kopf im Korb verschwand. Als er wieder auftauchte, hielt der Drache etwas, was wie ein kleiner Laib Brot aussah, zwischen den Zähnen gefangen. Anschließend breitete er seine Schwingen aus und glitt im lautlosen Flug vor die Füße der Heilerin. Vor welchen er auch seine frisch gefangene Beute niederlegte. Für einen weiteren Moment starrte er die Rothaarige nieder, mit einer stummen Aufforderung in den Augen. Dann drehte er sich um, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen und tapste erneut auf das Bett zu. Hüpfte vorsichtig auf seinen Partner drauf und beschnupperte intensiv dessen Seite, an welcher sich gestern noch ein Geflecht aus Gift durch seine Haut gezogen hatte. Die flauschigen Öhrchen zuckten in die Höhe. Jaspers Aufmerksamkeit ruhte für eine Weile auf der ruhenden Gestalt seines Gefährten, welcher allen fremden Präsenzen und lauten Geräuschen zu Trotz keine Absicht zum Aufwachen zeigte. Und legte sich schließlich einfach nahe dessen Hand nieder, die Pfoten unter dem gefiederten Leib versteckt. Falls sein Freund noch Zeit für die Genesung benötigte, dann würde er ihm diese nicht nehmen. Sondern weiterhin über ihn wachen. Allein. Ohne fremde Menschen, die ihn argwöhnisch betrachteten. Obwohl... die goldenen Augen schweiften zu Nirah rüber. Nun gut, ein weiteres Wesen würde er hier noch dulden.

Als Notos wieder erwachte, strömte längst warmes Licht durch die Fenster rein. Doch diesmal war es keine Berührung, die ihn weckte. Oder, nicht nur. Es war auch der warmer Atem, der die empfindliche Haut an seiner Halsbeuge streifte. Erst daraufhin spürte er das familiäre Abtasten seiner Stirn. Das matte Lächeln hatte sich auf seine Lippen geschlichen, noch bevor er die Augen vollständig geöffnet hatte. Sofort schob sich das Bild einer sandfarbenen Pfote vor sein Gesicht, gefolgt von einem Blick, der ihn forschend betrachtete. „Morgen, Jasper", entwich es ihm schlaftrunken, die Stimme dunkel und rau. Das Schmunzeln, welches diesen Gruß begleitete, war dafür umso sanfter.

 

Der kleine Drache machte erst einen überraschten Satz nach hinten. Deutete dann ein paar freudige, flatternde Schläge seiner Schwingen an. Bevor er sah, wie sein Gefährte auffordernd seine Hand hin- und herbewegte. Die Pupillen des gefiederten Wesens vergrößerten sich – ehe er ausgelassen die Hand ansprang. Die Vorderpfoten in den Unterarm gekrallt, versuchte er immer wieder einen der Finger zu erwischen, die seinen weichen Unterleib kraulen wollten.

Notos rang mit einem müden, heiteren Grinsen, als sein Partner ihm vorsichtig in den Finger biss. Jasper war heute verspielter gelaunt als gewohnt. Aber das änderte wohl leider nichts an der Tatsache, dass er schon längst hätte aufstehen sollen. Eigentlich sollte man meinen, die Zeiten, in denen er noch regelmäßig zum Morgenappell erscheinen musste, hätten sich tiefer in sein Gehirn gebrannt. Notos versuchte sich mit einem Ruck aufzurichten – und verzog sofort das Gesicht. Gut, das war vielleicht keine so gute Idee gewesen... Die Welle des Unwohlseins, die über ihn hereinbrach, hätte ihn fast erneut ins Bett gedrückt. Jede Muskelfaser sträubte sich gegen diese abrupte Bewegung, antwortete auf diese mit einem scharfen Brennen. Es brauchte ein paar tiefe Atemzüge, bis er verstand, weshalb dem so war. Der Grund für seinen Aufenthalt in diesem kargen, ihm nicht vertrauten Raum. Seine Mission. Die Konfrontation. Der Hinterhalt gefolgt von seinem Absturz in dieses unbekannte Gebiet. Fremde Wälder und der Zusammenstoß mit...

Notos drehte seinen Kopf zur Seite – und spürte die feurige Aura intuitiv schneller, als er den dazugehörigen Rotschopf wahrnehmen konnte. Verschwommener als sonst, aber erkennen würde er sie wohl überall. Er blinzelte irritiert. Hob dann mit einem kleinen Lächeln befangen die Hand: „Morgen, Nirah".



Antworten Zuletzt bearbeitet am 10.02.2023 14:28.

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 11.02.2023 03:56

Nirah starrte die Tür an. Noch immer hob und senkte sich ihr Brustkorb schneller als gewöhnlich, vor Schreck ebenso wie vor Wut. Das höhnische Lachen klang in ihren Ohren nach. Natürlich hatte er die Gelegenheit ausgenutzt, seine Sprüche zum Besten zu geben. Er bekam den Mund kaum auf, wenn Weißhaar oder andere Wächter in der Nähe waren. Unter sich waren die Lehrlinge aber kaum zurückhaltend, ganz besonders Devon nicht. Sie wusste ganz genau, was er ihr hatte sagen wollen, hinter dem Schleier von beinahe kameradschaftlich wirkenden Worten. 
Hört her, die seltsame Außenseiterin greift nach dem letzten Strohhalm, indem sie einen Fremden ins Dorf bringt. Wieso sollte sie sich sonst mit ihm abgeben, so bissig wie sie uns alle meidet? Oder meint ihr etwa ... oh ja,
das ist eine gute Idee, Kiran. Nicht schlecht. Ich frage mich nur ... wie hält er es überhaupt mit ihr aus?
Es würde sie nicht wundern, wenn die anderen tatsächlich Wetten miteinander abschlossen, was hinter Notos' Aufenthalt steckte. Das wäre nichts Neues.
Was meint ihr, wann wird sie anerkannt? Wenn sie dreißig ist, sagst du? Ich bin ja für nie. 
Oh, wenn sie Devon das nächste Mal in die Finger bekam ... dann würde sie, würde sie ... 

Die Sinne umwölkt von ihrem Ärger, bemerkte sie erst jetzt, dass nicht nur sie die Tür anstarrte. Ein kleines Wesen - nach der langen Nacht fast schon ein Bekannter - stand drohend vor dem Eingang. Seine Haltung spiegelte ihre eigenen geballten Fäuste wider.
Langsam vertrieb sie die Anspannung aus ihren Muskeln. "Vielleicht sollte ich lieber andere im See ertränken, anstatt mich selbst. Was meinst du?" fragte sie Sir Jasper knurrend. Doch der war schon anderweitig beschäftigt. Sein Kopf verschwand gerade im Frühstückskorb. Nirah quittierte es mit einem gequälten Lächeln, die Gedanken ganz woanders.
Es war nichts Neues, dachte sie. Und es gab Wichtigeres. Ruckartig drehte sie sich zum Bett, seufzte beinahe auf. Notos war bei all dem Lärm nicht aufgewacht. Er atmete ruhig und gleichmäßig. Und er sah besser aus, viel besser. Auch wenn sich dunkle Spuren von Erschöpfung auf seinem Gesicht eingegraben hatten. Wie groß die Schatten in ihrem eigenen wohl waren? Sehnsüchtig wanderte ihr Blick zu dem wunderbar weich anmutenden Bett - leider immer noch besetzt - dann zu Boden. Vielleicht sollte sie wirklich nicht hier schlafen. Nur noch ein wenig ... 

Als sie müde blinzelte, schob sich eine Gestalt zwischen sie und ihren auserkorenen Platz. Sir Jasper legte etwas vor ihr auf den Boden und bohrte seinen goldenen Blick in sie. Dann verschwand er zurück zu seinem bevorzugten Ort des Aufenthalts: Notos' gesamter Körper. Nirah hatte bereits verstanden. Sie ließ sich zu Boden sinken und pickte dabei das Brot auf, legte es in ihren Schoß. Das Brennen in ihren Augen wurde untermalt von einem ununterdrückbaren Gähnen. Sie zog das Brot ein wenig näher an sich, blinzelte wieder. "Ich esse es später", murmelte sie irgendwann leise im Halbschlaf.

Es war erstaunlich, was ein Laib Brot aushalten konnte. Nachdem Nirah erwacht war, hatte sie ihn äußerst irritiert aus ihrer Umarmung gezogen. Wenig später waren die Erinnerungen zurückgekehrt und sie hatte in sich hinein gelächelt. Die Kruste war nur etwas eingedellt, kaum der Rede wert. Spuren von Zähnen zierten sie an einer Stelle. Aber es roch frisch und weckte ein Grollen in ihrem Magen. Sie war aufgestanden und hatte kurzerhand den gesamten Inhalt des Korbes auf der Ablage ausgebreitet. Nach einem schnellen, aber sehr üppigen Frühstück schlief Notos noch immer.
Mit einem Blick machte sie Sir Jasper auf die übrigen Lebensmittel aufmerksam. Es war fraglich, ob er davon etwas für sich selbst haben wollte. Sie musste es ihm wenigstens anbieten. Sie war schon auf dem Weg nach draußen, als ihr ein Gedanke kam und sie zum Fenster eilte. Weit geöffnet ließ es trockene, warme Luft in den Raum. Oder einen gewissen Katzenvogel hinaus. Ganz wie es ihm beliebte. Die beiden Wassereimer in den Händen verließ Nirah das Quartier.

Gleißende Sonnenstrahlen raubten ihr die Sicht und legten Wärme auf ihre Haut. Es war später, als sie gedacht hatte. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel. Das Feuer war endgültig ausgebrannt. Nirah warf das restliche Wasser aus den Eimern in ihr Gesicht, nutzte es, um Müdigkeit, Anstrengung und Erschöpfung wegzuwaschen. Sie sog die frische Luft ein, die schon bald in Hitze umschlagen würde. Langsam wich der Schmerz aus ihren Gliedern, das Strecken half. Lange wollte sie nicht draußen bleiben. Aber Notos ging es gut - besser zumindest. Das Schlimmste war überstanden. Bald würde er hüpfen wie ein junger Vogel. Und singen, krächzen. Wahrscheinlich hatte das Fieber seinen Hang zu dummen Sprüchen nicht gleich mit verbrannt. Nirah schmunzelte vor sich hin. Ihr Auftrag war fast erfüllt, die Heilung beinahe abgeschlossen. Ein wenig, einige Stunden könnte sie ihn noch ertragen. So lange, wie es notwendig war, aber keine Sekunde länger.
Es hatte schon etwas für sich, wenn er nicht reden konnte. Dennoch ... sie konnte es kaum erwarten, bis er zu seinem alten Selbst zurückfand. Bis er endlich ein eindeutiges Zeichen von sich gab, dass es ihm wieder gut ging. Niemals wieder, so hoffte sie, würde jemand einen derart kritischen Zustand wegen einer einfachen Heilung erreichen. Sie wusste, dass ihre Hoffnungen ins Leere laufen würden. Für die nächsten Tage reichte es allerdings eindeutig.

Bis sie sich entschloss, nach drinnen zurückzukehren, war doch mehr Zeit verstrichen als geplant. Das warme Licht tat gut. Nicht nur ihrem Körper, auch ihrem ermüdeten Geist. Sie füllte frisches Wasser in einen Eimer und schnappte sich drinnen Salbe und Verbände aus den Vorräten.
Im Zimmer hatte sich inzwischen Sommerluft breit gemacht und den Dunst von Krankheit verscheucht. Die Sonne fand ihren Weg in jeden dunklen Winkel, begleitet von Vogelgesang und dem Geräusch einer sanften Brise in den Bäumen. Nirah nahm auf dem mittlerweile verhassten Hocker Platz. Vorsichtig hob sie das Bein und stütze den Fuß an der Bettkante ab, weit genug von Notos entfernt, dass es ihn nicht in seinem Schlaf stören würde. Langsam löste sie den Verband, den er so sorgfältig angelegt hatte. Er hatte gut gehalten, doch er musste endlich runter. Ein schmerzhaftes Ziepen begleitete die Prozedur, wo Blut am Stoff angetrocknet war. Sehr behutsam, um nicht die Wunde aufzureißen, befreite sie sich Stück für Stück. 

Die Striemen unterhalb ihres Knies bis fast zum Knöchel sahen gut aus. Außenstehende hätten nicht auf den ersten Blick erkannt, wie tief es gewesen war. Das Gewebe hatte bereits begonnen, sich neu zu bilden. Es war nicht entzündet, keine übermäßige Rötung um die Wundränder herum. Scheinbar hatten ihre Heilrituale, die sie für sich selbst eher nebenbei durchgeführt hatte, gut funktioniert. Selbst das stetige Pochen hatte nachgelassen, war einem nicht allzu präsenten Schmerz gewichen. Am besten war es, wenn sie einfach nicht an die Verletzung kam, ein paar Tage lang. Ansonsten würde es sie nur noch unwesentlich einschränken. Sie trug die Kräutermischung, welche weiterhin Komplikationen verhindern würde, sorgfältig auf. Danach legte sie einen neuen Verband an, deutlich weniger fest als der erste, der die Blutung hatte stoppen sollen.

Wie lange es schlussendlich dauerte, bis Notos sich regte, war schwer einzuschätzen. Nirah hatte die Zeit genutzt, um aufzuräumen, die Überreste der langen Nacht zu beseitigen. Lediglich die Schüssel und der Wassereimer blieben zurück. Als er erwachte, saß sie still neben ihm, ihren Sommerkranz in der Hand, ein paar weitere Zweige und Blüten hineinsteckend. Sie legte ihn sofort beiseite, als sie ihn mit Sir Jasper sprechen hörte.
Der entspannte Ausdruck in ihren Zügen verzog sich zunehmend zu aufrichtiger Erheiterung. Sie war wohl nicht die Einzige, von der der größte Stress abgefallen war. Sir Jasper wirkte ausgelassen, ein fedriges Energiebündel. Und Notos ... vollständig auf der Höhe war er sicherlich nicht. Aber sein Gesicht hatte wieder eine gesunde Farbe und sein Verstand wirkte klar.

Demonstrativ die Arme verschränkend entgegnete sie den Gruß. "Wohl eher Mittag." berichtigte sie ihn. Die aufgesetzte Haltung verschleierte nicht das ebenso erleichterte wie amüsierte Lächeln, welches Nirahs Lippen zierte. "Du solltest vorerst darauf verzichten, dich mehr als nötig anzustrengen", sagte sie streng. Oh, ihr waren seine voreiligen Bewegungen nicht entgangen. Sogleich schob sie ihm auch noch eine Schüssel mit Wasser entgegen, ohne auch nur ein Wort dazu zu sagen. Ein Blick sollte genügen. Dann zögerte sie. Lange. Plötzlich wusste sie nicht mehr, was sie hier tat, warum sie noch immer hier saß. Wie sie reagieren sollte. Normalerweise hätte sie sich schon längst zurückgezogen, höchstens noch regelmäßig seinen Zustand geprüft und sich überzeugt, dass er genug trank. Aber ich habe versprochen, dass ich bleibe. Und es eingehalten.
"Ich bin froh, dass du wach bist." brachte sie letztlich recht undeutlich hervor. "Willkommen zurück, Notos."


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Antworten Zuletzt bearbeitet am 11.02.2023 03:56.

Zladune

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Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 15.02.2023 01:09

Er musste wohl noch unter dem Effekt des Giftes stehen. Oder nicht richtig erwacht sein. Anders konnte er es sich nicht erklären. War die Person vor ihm wirklich Nirah? Die unverwechselbare Aura sprach dafür, doch... seit wann trug die zügellose Heilerin in seiner Anwesenheit ein so unverschleiertes, heiteres Lächeln? Ein ungewohnter Anblick – aber zusammen mit ihrer tadelnden Haltung und der offensichtlichen Belustigung, die in ihrer Stimme schwang, wirkte diese Kombination vertraut. Sehr vertraut. Es war ihm unmöglich, die natürliche Reaktion zu unterbinden. Augenblicklich gewann das ursprünglich kleine, warme Lächeln an Intensität. „Mittag schon? Nun, gut dass ich darauf zählen kann, dass du mich rechtzeitig in die Welt der Lebenden zurückholst."

Mittag also. Er hatte zu viel Zeit verloren. Was hatte ihn überhaupt dazu geritten, so lange zu schlafen? Deutlich vorsichtiger als zuvor hievte sich Notos langsam in eine sitzende Position, bedacht darauf, Jasper dabei nicht von sich runterzustoßen. Der erhöhte als Antwort den Druck auf den Fingern, die er weiterhin in Gefangenschaft hielt. Notos ignorierte diesen Protest, genauso wie den scharfen Blick, mit welchem ihm Nirah die Schüssel in die Hand drückte – eine Geste, die ihm ungewohnt bekannt vorkam. Aus Gründen, die ihm partout zu entfallen schienen. Oder vielleicht war er auch nur zu beschäftigt damit, das verschmitzte Grinsen zu unterbinden, welches sich bei den Warnungen der Heilerin auf seine Lippen schleichen wollte. Er scheitere miserabel. „Mach dir keine Sorgen", winkte er beschwichtigend ab, „es geht mir bereits viel besser, nun, da ich dich sehen kann."

Plötzlich verschwand das Ziepen und Zerren an seiner Hand vollständig. Stattdessen verlagerte sich der Fokuspunkt der Krallen auf seinen Unterarm. Denselben, der noch immer die gefüllte Schüssel hielt. Ein zweiter, fordernder Blick bohrte sich in sein Innerstes. Diesmal folgte Notos dem Befehl, kam jedoch nicht umhin, fragend die Brauen nach oben zu ziehen. Warum waren alle so erpicht darauf, dass er Wasser zu sich nahm? Natürlich, es war nicht verkehrt. Er würde viel trinken müssen, um das Gift endgültig aus seinem Körper bannen zu können. Der Nachdruck, mit dem sie beide allerdings auf diese darauf bestanden, war verwunderlich. Es ging ihm gut. Besser zumindest, als er selbst angenommen hatte, nach den ausdrücklichen Warnungen zu etwaigen Nebenwirkungen. Doch Jasper und Nirah taten so, als wäre er auf dem halben Wege ins Grab. Oder als wäre er es vor kurzem noch gewesen... Die nächsten Worte der Heilerin schienen diese Vermutung lediglich bestätigen zu wollen.

Ich bin froh, dass du wach bist. Willkommen... zurück? Notos Lächeln verblasste, nahm unsichere Züge an. Ein Teil von ihm ahnte die Antwort, noch bevor die zögerliche Frage im Raum erklang. „...War es so schlimm?"
Die letzten Stunden... nur wenig davon war in seinem Bewusstsein verblieben. Und selbst diese Fetzten an verschwommenen Bildern glichen mehr flüchtigen Eindrücken als realen Gegebenheiten, die tatsächlich passiert sind. Er erinnerte sich dunkel an... das heiße Blut in seinen Adern. Seine Blindheit. Strahlendes Licht, welches scharf in seine Augen stach. Stimmen, viele Stimmen. Oder doch eine einzelne? Und dann war da noch...

Irritiert legte Notos die Stirn in Falten, als ihn ein warmer Lufthauch streifte, sich um ihn legte wie ein sanfter Mantel der Geborgenheit. Sein Blick wanderte kurz zum weit geöffneten Fenster. Nachdenklich – mit einem leisen Hauch von Wehmut in den Augen. Jemand hatte ihn gerufen. Dessen war er sich sicher. Allerdings...wer? Und hatte ihn diese Person zu sich rufen wollen? Ihn um Hilfe gebeten? Oder... war es eine Warnung gewesen?

Die strenge Intensität wich sofort aus seinem Gesicht, als er sich nach einem kleinen Zögern Nirah wieder zuwandte. Stattdessen setzte er eine deutlich beschwingtere, sorgenfreiere Miene auf. Zwang sich, seine Haltung nicht zu verkrampft zu halten. Er wollte und sollte einfach nicht daran denken. „Nun, wie dem auch sei. Es ist wohl nicht mehr von Belang. Schließlich bin ich wieder wohl auf". Oder eher, er wird es bald wieder sein. Selbst die tiefsitzende Müdigkeit in seinen Gliedern würde in den nächsten Stunden verschwinden. Wenn nicht... nun, er konnte dem notfalls ein wenig nachhelfen. Doch es war vermutlich gar nicht nötig.

Notos sah auf sich herab. Ließ seine Aufmerksamkeit an seiner Seite ruhen, durch die gestern noch in regelmäßigen Abständen ein brennender Schmerz auf- und abgeebbt war. Er hatte es sich bisher zwar nicht selbst ansehen können... doch das Gift schien tatsächlich gewichen zu sein. Zumindest konnte er dessen Präsenz in seinen Energieströmen kaum mehr wahrnehmen. Allmählich wurden seine Züge weicher, als er liebevoll durch Jaspers Federkleid strich. „Und das habe ich wohl auch euch zu verdanken, nicht wahr?" Dann hob er seinen Kopf an, suchte kurz den Blickkontakt mit der Heilerin auf. Ehe er mit einem aufrichtigen Lächeln eine Verbeugung andeutete, eine Hand dabei auf die Brust gelegt. „Danke, dass ihr über mich gewacht habt. Und... ich entschuldige mich für alle entstandenen Umstände."

Und mit diesen Worten... legte Notos die leere Schüssel auf die Ablage neben sich und stand unvermittelt auf. Jasper quittierte diese Aktion mit einem aufgescheuchten Sprung zur Seite. „Ich fürchte, ich werde deutlich mehr Wasser benötigen. Und... vielleicht auch einen Kleiderwechsel?" Er schenkte Nirah ein verhaltenes Grinsen. Die Spuren der vergangenen paar Stunden gehörten von seinem Leib gewaschen. Zusammen mit den letzten Überresten des Giftes. Schonen konnte er sich später immer noch.

Er tätigte ein paar vorsichtige Schritte in Richtung des Schranks und bekam seine Hellebarde zu fassen. Seine Stütze, zu Zeiten jeder Schwäche. Für einen Moment genoss er die vertraute Form in seiner Hand, ließ einen Teil seiner Energie in die Waffe rüberschwappen – und stutzt kurz, als ihm ein roter Schimmer auf seinem Handrücken auffiel. Doch nach einem Blinzeln war dieser bereits wieder verschwunden, weshalb er es nur bei einem verwunderten Kopfschütteln beließ. „Ich nehme mal an, dabei willst du mir keine Gesellschaft leisten?" Der witzelnde Unterton stach klar heraus, überschatte dabei mühelos selbst den kleinsten Ansatz an Erschöpfung in seiner Stimme. Er konnte sich bei Nirahs Sturheit vorstellen, dass sie ihn lieber weiterhin überwachen wollte. Aber dafür sollte er wirklich keine Hilfe benötigen müssen.



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Saphyr

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 10.03.2023 14:52

Nirah machte nur eine wegwerfende Handbewegung. "In Anbetracht der Umstände ist dein Erwachen sicherlich rechtzeitig" gab sie zurück. "Wenigstens weilst du noch unter den Lebenden, nicht? Ich hätte es mir auch anders überlegen können." Ein leises Geräusch, wie ein Lachen, begleitete die Worte.
Dann erst wurde ihr Notos' Lächeln, das ihrem entgegen strahlte, richtig bewusst. Es ließ kurz darauf von ihr ab, wandte sich Sir Jasper zu. Ihr Ausdruck wankte unentschlossen. Und erstarrte wie ertappt, als Notos sie mit einem noch breiteren Grinsen als zuvor bedachte. Es geht mir bereits viel besser, nun da ich dich sehen kann. Nirahs Lächeln fiel unmittelbar aus ihrem Gesicht und Missbilligung legte sich über ihre Augen. Oder war es Verwirrung, Ärger? Nun, das war auch egal. Ohne genau zu wissen, was er ihr dieses Mal sagen wollte, gab sie aus Prinzip ein widerstrebendes Schnauben von sich.


Etwas verwirrt wirkte ihr Patient noch. Sie folgte seinem langen Blick nach draußen, sagte nichts, verharrte abwartend. Schließlich folgte wenig später ein ergebenes Seufzen angesichts Notos' völliger Unkenntnis über die vergangenen Stunden."Du warst seit gestern Nacht nicht mehr ansprechbar. Hattest hohes Fieber. Wenn ich mich nicht täusche, auch Halluzinationen. Ich war die ganze Zeit ... du warst wirklich ... vergiss es. Irgendwann hat sich jedenfalls alles stabilisiert und ich habe dich schlafen lassen." berichtete sie beinahe vorwurfsvoll. "Lass es das nächste Mal einfach nicht so weit kommen, verstanden? Vielleicht lernst du daraus. Insofern ist es von Belang." sagte sie nachdrücklich, weiterhin nicht ohne Tadel. Starr beobachtete sie die kleine Verbeugung, doch ihr Blick wurde beide den Worten unmerklich einen Hauch sanfter. Nirah schüttelte den Kopf. "Spar dir deinen Dank, Donnerschwinge. Ich habe nur meine Pflicht erfüllt." murrte sie ihn an.

Kaum hatte sie dies gesagt, sprang sie regelrecht vom Stuhl als ihr Gegenüber sich plötzlich aus dem Bett schwang. Mit zwei stolpernden Schritten rückwärts brachte sie mehr Platz zwischen sie beide. Wieso war er schon wieder so agil? Konnte er nicht noch ein wenig das Bett hüten, weniger ... energiegeladen sein? Zumindest für ein bisschen länger? Wortlos nickte sie nur hinsichtlich Notos' unmittelbaren Plänen. Frische Kleidung und eine Wäsche waren nicht verkehrt. Ihr Patient war derweil schon durch den halben Raum gewandert und hatte seine Waffe in Beschlag genommen. Nirah stand einfach nur da, mit noch fester verschränkten Armen und sah ihn abwartend an.

Erst die nächste Frage riss sie aus ihrer Halbstarre. "Selbstverständlich sollte ich dir Gesellschaft leisten." fing sie an, machte dabei wieder einen kleinen Schritt auf Notos zu. "Ich muss sehen, wie die Verletzung aussieht und ich habe dich eindeutig noch nicht für gesund erklärt. Außerdem ..." Sie unterbrach sich und starrte den Mann vor ihr an. Die weißen Verbände, die großflächig um seinen Oberkörper geschlungen waren, lugten unter dem nicht mehr frischen Hemd hervor. Oh einige Eimer Wasser würden kaum reichen, er sollte sich am besten direkt in den See werfen. Im selben Moment wurde ihr bewusst, was er sie eigentlich gerade eben gefragt hatte.
Stille.
"Schön!" zischte sie lauter als es in dem kleinen Zimmer nötig gewesen wäre. "Geh dich waschen, es ist sehr nötig. Ich gehe etwas anderes erledigen. Und danach haben wir beide noch ein paar Dinge zu klären. Du schuldest mir etwas, Donnerschwinge."

Ob es eine gute Idee war oder nicht, die Tür fiel laut hinter ihr zu als Nirah nach draußen stürmte und ihren Patienten sich selbst überließ. Ihre Schritte führten sie zu den leeren Öllampen, die sie fein säuberlich aufeinander gestapelt hatte. Sie nahm alle, verließ die Hütte und schlug direkt die Richtung zu dem schmalen Weg zwischen den Bäumen hindurch ein. Etwas später wuselten Menschen geschäftig an ihr vorbei, so wie es tagsüber im Dorf stets war. Wobei jetzt zu Mittag weniger als üblich unterwegs waren. Manche würden essen oder sich nach dem Essen ausruhen, andere würden die Hitze der Tagesmitte meiden. Die, deren Weg Nirah kreuzte, sahen nur kurz desinteressiert auf. Ein paar nickten ihr knapp zu.

Gerade als Nirah an Weißhaars Hütte hatte anklopfen wollen, war die Tür geöffnet worden. Ein beeindruckend großer Mann mit wirren blonden Haaren und Bart und einem stets ernsten Gesichtsausdruck war ihr entgegengekommen. Nirah war hastig einen Schritt zurückgegangen und hatte ihn respektvoll gegrüßt. So respektvoll, wie es erwartet wurde. Erik war nicht nur ein gefürchteter Krieger in den mittleren Jahren, sondern auch der Häuptling des Dorfes. "Ich glaube, Vater hat mit dir gerechnet." hatte er nur gesagt und war dann zügig davon gestapft. Der alte Wächter war dort, wo sie ihn erwartet hatte: In seiner Hütte, an seinem Arbeitstisch, fast wie gestern als sie im Dorf angekommen waren. Dieses Mal lagen keine Kräuter vor ihm. Er sah nur nachdenklich in den Raum. Sein Blick hellte sich auf, als er Nirah sah, die hineingeschlüpft war. 

"Nirah. Ich hatte mich schon gefragt, wann es dich vom Heilerquartier wegtreiben würde. Wie geht es unserem Patienten?" fragte er lächelnd. Natürlich, Devon hatte sicherlich davon berichtet, was er vorgefunden hatte. Dass sie bei Notos gewacht hatte und er geschlafen hatte. Ihr Mentor würde seine eigenen Schlüsse daraus gezogen haben und diese waren zumeist erstaunlich zutreffend. Nirah trat näher an den Tisch und stellte die leeren Schalen der Öllampen darauf ab. "Besser. Er hatte eine härtere Nacht als ich erwartet habe. Eine ... Blutvergiftung durch eine Verletzung. Er hat mit starkem Fieber auf das Heilritual reagiert. Hat bis Mittag geschlafen. Aber jetzt scheint er wohlauf zu sein." berichtete sie sachlich die wichtigsten Ergebnisse. Es war ein gängiges Ritual zwischen ihr und ihrem Mentor, sich über den Verlauf von Heilungen auszutauschen.
Auch wenn sie dieses Mal nicht ganz ehrlich war. Notos' Vergiftung sah vielleicht einer Blutvergiftung ähnlich, doch nach allem, was sie wusste, war es keine. Doch wie hätte sie erklären sollen, dass sie gar nicht genau wusste, was mit ihm los gewesen war? Er muss von einer mit leuchtender Magie versehenen Waffe erwischt worden sein. Welche Magie? Nun, eine, die gar nicht existiert, soweit ich weiß. Das hörte sich absurd an. 
"Ich verstehe. Erzähl mir genau, welche Maßnahmen du ergriffen hast und welche Reaktionen du beobachten konntest." forderte Weißhaar sie auf. Nirah setzte sich an den Tisch und begann die Ereignisse der letzten Nacht bis vorhin, als sie Notos zurückgelassen hatte, zusammenzufassen. Sir Jasper erwähnte sie mit keinem Wort, genauso wenig wie ihre gemeinsame Bastelrunde und ihren Aufenthalt am Fuß des Bettes. 

Schließlich nickte der Mentor anerkennend. Er begann mit Nirah darüber zu diskutieren, welche Möglichkeiten es gab, einem unwilligen Patienten Heilkräuter zu verabreichen. Sie gingen gemeinsam ähnliche Fälle und mögliche Komplikationen bei der Heilung von Vergiftungen durch. Weißhaar schien recht zufrieden mit ihrer Arbeit und Nirah selbst vergaß für eine Weile alles außer den anregenden Austausch zwischen zwei eifrigen Heilern. 

"Er wird uns verlassen, sobald er vollständig genesen ist?" erkundigte sich der Ältere. Es klang fast wie eine Feststellung oder eine Erwartung. "Das wird er." antwortete Nirah zögerlich. "Gut." meinte Weißhaar und stand auf. Nirah tat es ihm gleich. "Er schien mir kein Mann zu sein, der Gastfreundschaft überstrapaziert. Du weißt so gut wie ich, dass er nicht hierher gehört. Aber bis dahin wird er wohl keine größeren Probleme verursachen. Schaut nur, dass sein kleiner Begleiter nicht unter die Augen der anderen kommt, dass er nicht mit gezückten Waffen im Dorf herumläuft und dass er möglichst unsere Kleidung trägt. Wir sollten Unruhe vermeiden." 
Nirah erstarrte als ihr Mentor eindeutig über Sir Jasper sprach. Woher weiß er ... "Ich dachte, er könnte vielleicht ... Ja. Verstanden. Ich kümmere mich darum." murmelte sie. "Wann darf ich zurück zu meiner eigenen Hütte?", fragte sie vorsichtig. "Sobald er verschwunden ist." war die prompte Antwort. Sie setze sofort zu lautem Protest an, holte schon tief Luft. Atmete wortlos wieder aus. Sie wusste nicht genau wieso, aber langsam bekam sie den Eindruck hinter der Entscheidung lag mehr als eine Bestrafung. War ihr Mentor wirklich so besorgt, weil ein fremder Krieger im Dorf war? Dafür wirkte er ein wenig zu unbekümmert. "Bis dahin hast du keine Lehrstunden bei mir. Aber bereite dich bitte auf die Tag- und Nachtgleiche vor. Du hast eine Aufgabe zu erfüllen."
Hörbar zähneknirschend gab Nirah ein leises "Verstanden." von sich. Damit war die Unterredung mit ihrem Mentor beendet.

Sie war nicht dazu gekommen, ihm von ihren Vermutungen zu ihren Visionen zu erzählen und sie war sich auch nicht sicher, ob sie es wollte. Der Gedanke war durchaus aufgekommen, doch irgendetwas hatte sie abgehalten. Vielleicht war es besser, das Thema selbstständig zu klären und danach freudig den Abschluss ihrer Ausbildung zu verkünden. Mit einem Stapel Kleidung machte sie sich auf den Weg zurück. Sie nahm nicht den Trampelpfad wie zuvor, sondern huschte quer durch die engstehenden Bäume. Das war der kürzeste Weg. 
Ein dunkler Schemen zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Nirah blinzelte mehrmals und blieb plötzlich wie angewurzelt stehen. Der Wolf, das Tier, das sie in Träumen und offensichtlich auch in echt verfolgte, stand still ein Stück entfernt zwischen den Bäumen. Er stand einfach nur da, am helllichten Tag. Und er sah sie an. Ruhig, abwartend. Sein Fell war wirklich so schwarz wie die Nacht. Und sein eisblauer Blick brannte sich in ihren. Es bestätigte sich, was sie zuvor schon gedacht hatte: Er war recht groß, viel zu groß für einen einfachen Wolf zugegeben. Zum ersten Mal erhaschte sie einen klaren Blick auf ihren Verfolger und Nirahs Atem stockte. Bis sich irgendwann ein hoffnungsvolles Lächeln auf ihre Lippen schlich.
"Bist du hier, um mir mein Zeichen zu geben? Bist du mein Zeichen?" flüsterte sie ehrfürchtig. "Habe ich es geschafft?" 

Plötzlich ertönte ein scharfes Knurren und Bewegung kam in die starre Gestalt. Er machte einen Satz nach vorne, hielt inne und sah Nirah einen kurzen Moment eindringlich an. Wie eine Aufforderung. Dann preschte er los, trabte ohne ein weiteres Zögern davon. Nirah fing sofort an ihm hinterher zu laufen. Ich soll ihm folgen. Er wird meine Frage beantworten. Sie hastete ihm hinterher. Äste, Sträucher, Bäume behinderten ihren Weg. Sie konnte kaum mit seiner Geschwindigkeit mithalten. Immer weiter entfernte er sich, bis er einen Haken schlug und hinter dem Grün von Blättern verschwand. Keuchend folgte Nirah ihm, nahm dieselbe Kurve, stolperte und brach durch das Dickicht auf eine Lichtung. Verwirrt versuchte sie die Gestalt des Wolfes auszumachen. Dann erkannte sie wo sie war. Direkt vor ihr ragte eine Heilerhütten auf und ein Stück weiter rechts erkannte sie noch die kalte Asche des gestrigen Lagerfeuers. Der Wolf war verschwunden. Wieder einmal. 

Nirah bohrte ihre Fingernägel in den weichen Stoff der Kleidung, machte ein paar Schritte in die Lichtung hinein ohne wirkliche Hoffnung. Er war und blieb verschwunden. Sie war der Hütte näher gekommen, war um sie herum gelaufen und stand nun vor dem Eingang. Notos' Hütte, wurde ihr klar. Sie fluchte in sich hinein, fauchte frustriert, knurrte, grollte. Verharrte dort. Verdammte den Wolf und seine Aktionen. Es half nichts. Man spielte wieder Spiele mit ihr. Das ist alles.
Grob stieß sie die Eingangstür auf und klopfte laut, ungeduldig gegen seine Zimmertür. "Bist du fertig, Donnerschwinge?" rief sie mit eindeutigem Ärger in der Stimme und einer großen Portion Ungeduld nach drinnen. 


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Zladune

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Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 14.03.2023 23:00

Ab einem Punkt war Notos das Lächeln nicht mehr von den Lippen gewichen. Selbst als Nirah ihm seine überraschend ernste Lage schilderte, in welcher er sich letzte Nacht allem Anschein nach befunden hatte. Lediglich die Intensität seines Lächelns schwand. Stattdessen trug er einen beinahe entschuldigenden Ausdruck im Gesicht. Der sich nur verstärkte, als ihn eine weitere Welle des Tadelns erwischte. Lass es das nächste Mal einfach nicht so weit kommen. Er schwieg nur, beließ es bei einem sanften Schmunzeln. Besser, er ging nicht näher darauf ein. Nirah würde von ihm diesbezüglich kein Versprechen einfordern können. Nicht, wenn es so eindeutig nicht einhaltbar war. Er würde damit nur ihren Unmut herausfordern.

Obwohl, der war eigentlich stets bei ihr zu erwarten. Egal ob er ihr aufrichte Worte des Dankes entgegenbrachte oder sich aber mit Absicht einen kleinen Scherz erlaubte. Aber das war schon in Ordnung. Er nahm dies sogar ganz gerne in Kauf. Insbesondere ihre Reaktion auf sein Necken trug meist einen schwer zu widerstehendem Hauch von Liebenswürdigkeit mit sich. Wie auch in diesem Fall. Sie wollte ihm also beim Baden Gesellschaft leisten, ja? Hatte Notos auf Nirahs überraschend nonchalante Antwort erst ein verwundertes Blinzeln von sich gegeben, so war er nun an der Reihe, seine Arme zu verschränken. Eine Braue wanderte mit zunehmender Belustigung weiter in die Höhe, je länger sich seine rothaarige Heilerin unbewusst um Kopf und Kragen redete. Als sie unmittelbar stoppte, versuchte er gar nicht erst, das offensichtlich amüsierte Grinsen zu verstecken. Er konnte geradezu sehen, wie es in Nirahs Kopf ratterte, während sie ihn wortlos anstarrte. Für einen verdächtig langen Moment.

Ihre Augen verrieten sie, noch ehe er das leise Klicken zu hören vermeinte. Sein Grinsen wurde eine Spur breiter. Gut, sie hatte es endlich verstanden. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Schmunzelnd verfolgte er den sofortigen Abgang in klassischer Nirah-Manier, kommentierte das laute Krachen der Tür nur mit einem sachten Kopfschütteln. Niedlich. Doch sie hatte nicht unrecht. Er schuldete ihr etwas. Anscheinend angefangen mit seinem Leben. Jetzt waren sie wohl quitt. Allerdings wusste er genauso gut, dass sie das damit nicht gemeint hatte – schließlich haben beide ja lediglich ihre Pflicht erfüllt. Nein, ihr ging es schlicht und ergreifend nur um ihre Abmachung. So wie ihm auch. Das war alles, was dahintersteckte. Er durfte das nicht vergessen.

Notos machte sich gar nicht erst die Mühe, die kostbaren Regenwasservorräte des Dorfes zu plündern. Das wäre sinnlos. Seine gesamte Bekleidung fühlte sich an, als wäre sie vollständig in Schweiß getränkt gewesen. Der zwar inzwischen getrocknet war, aber das würde nicht den Geruch daran hindern, sich bald vollständig zu entfalten.... Da würden zwei, drei Eimer Wasser nicht reichen. Blieb also nur der Ort, an den es ihn für seinen Geschmack schon ein wenig zu oft gezogen hatte. Den Anblick der inzwischen vertrauten, silbrigen Wasseroberfläche empfing er diesmal mit einem stummen Aufseufzen. Dieses Bild würde ihn wohl heute zum letzten Mal grüßen. Fast schon verspürte er aufgrund dessen einen Anflug an Trauer, so vernunftwidrig dies auch war.

Von Jasper war keine Spur zu sehen, als Notos ans Ufer kniete und sich die Überreste der Erschöpfung aus dem Gesicht wusch. Auch wenn der kleine Drache dem Ritter gefolgt war – nach der durchstanden Nacht würde er ihn niemals allein gehen lassen. Jedoch blieb er auch diesmal versteckt, nutze die natürlich tarnenden Farben seines Gefieders, um mit dem dichten Dickicht zu verschmelzen. So verharrte er, bewegungslos, ohne einen Laut von sich zu geben. Und lauerte. Beobachtete dabei, wie sein Partner abermals Wasser mit seinen Händen schöpfen wollte. Dann plötzlich innehielt. Das kühle Nass fiel widerstandlos wieder zurück, als Notos seine Finger zur Schläfe führte. Kurz daraufhin etwas zu fassen bekam. Zarte, doch mittlerweile stark in die Mangel genommene, blassblaue Blüten kamen zum Vorschein. Ein mattes Lächeln stahl sich auf seine Züge. Vergissmeinnicht. Es war ihm vollständig entfallen, dass er diese seit gestern immer noch trug. Wie ironisch.
Vorsichtig legte er die kleine Blumen ins Wasser. Sah dabei zu, wie sie mühelos auf der Seeoberfläche trieben, sich störrisch jeder einzelnen Welle widersetzten. Seine Lippen formten dabei die stummen Worte, bevor er sein Handeln registrieren konnte. Doch als er es bemerkte, stieß er seine Hand mit einem geschmeidigen Stoß ins Wasser. Ein schweres Seufzen begleitete die dabei entstandene größere Woge, die das winzige Pflänzchen mehr von ihm wegtrieb. Und wie immer konnte er sich dennoch nicht der dankbaren Verbeugung erwehren, bevor er sich endgültig abwandte. Genug der Ablenkungen. Er hatte eine Aufgabe zu erfüllen.


...Zugegeben, im Nachhinein hätte er vielleicht schon eher daran denken sollen. So allerdings kam es ihm die Idee erst nachdem er sein frisch durchtränktes Oberteil in den Händen hielt und auswrang – er hätte Ersatzkleidung mitnehmen sollen. Oder zumindest seine eigene. Warum hatte er nicht daran gedacht? Nein, statt an das Wichtigste zu denken, war es ihm nur noch eingefallen, den kleinsten Leib an Brot mitzunehmen, bevor er die Hütten verließ. Bei den Göttern, das war ja mal wieder ein großartiger Start in den Tag... Erneut erklang ein tiefes Ausatmen, als er sich spontan entschied, seine Verbände vorerst nicht abzunehmen, stattdessen nur das notwendigste zu erledigen. Vorsichtig schöpfte er etwas vom Wasser auf seine Arme und um die weißen Bandagen herum, wusch sich die deutlichsten Spuren der vergangenen Nacht vom Körper. Mehr konnte er später erledigen.

Nur wenige Minuten später befand Notos wieder auf beiden Beinen, vollständig bekleidet und mit seiner Hellebarde in der Hand. Lautlos glitt die Klinge durch die Luft, dicht gefolgt von dem dumpfen Klang von Schritten. Ausfallschritten. Anfangs waren die Manöver noch deutlich schwerfälliger, geprägt von einer für ihn ungewohnten Nachlässigkeit. Erst nach und nach gewann jeder Hieb, jeder Schwung seiner Waffe die ihm vertraute Sicherheit, die er sich seit Jahren erarbeitete. Die Bewegungen gingen weiterhin fließend ineinander über, wirkten jedoch weitaus weniger grazil vollführt. Nicht wie mit einem Schwert. Was allerdings nicht fehlte, war die unverkennbare Präzision jedes solchen Angriffs. Und mit jeder verstrichenen Sekunde mischte sich mehr der beschwingten Leichtigkeit dazu. Der nasse Stoff des beigen Oberteils haftete dabei unnatürlich schwer an seine Haut, presste sich geradezu an ihn. Aber es machte ihm nichts aus. Anfangs war die Kühle, die damit einherging sogar sehr angenehm. Insbesondere nun, da die schwüle Hitze des Tages langsam ihren Höhepunkt erreichte.

Mit einem Mal hielt Notos abrupt inne. Die Augen geschlossen. Ein kalter Schauer rann über seinen Rücken, während er nachdenklich die Stirn runzelte. Dann fiel seine Aufmerksamkeit zielsicher auf eine bestimme Gruppierung an dicht beieinander wachsenden, stellweise ineinander verwobenen Gebüschen. Er ließ seine Waffe sinken. „Ihr drei schon wieder." Es klang weniger wie eine Frage, mehr wie eine simple Feststellung.
Stille. Dann erklang ein Rascheln. Anders jedoch als bei seinem ersten Besuch, flohen seine Verfolger diesmal nicht. Nein, sie traten sogar langsam aus ihrem Versteck heraus. Drei junge Gesichter blickten ihm entgegen. Zwei Jungen, ein Mädchen. Sie konnten kaum halb so alt sein wie er. Der älteste von ihnen, ein für sein Alter erstaunlich großgewachsener Bursche mit dunklem, blonden Haar hatte sich in einer abwehrenden Haltung vor die anderen zwei gestellt, einen Arm dabei leicht gehoben. Zwang sie somit dazu, auch weiterhin hinter ihm zu bleiben. Beinahe hatte diese Geste etwas Schützendes an sich. Misstrauen schlug ihm entgegen wie eine geballte Faust. Misstrauen und... eine schwer zu versteckende Neugier.

Unwillkürlich begann Notos sanft zu lächeln. „Womit habe ich die Ehre verdient, gleich zweimal heimlich beobachtet zu werden?"
Schweigen. Dann erhob der blonde Junge, wohl der Anführer der Truppe, die Stimme. Gehässig. Abwertend. Und offensichtlich bemüht, tiefer zu klingen, als sie wirklich war. „Du bist ein Fremder. Du gehörst hier nicht hin. Du und deine seltsame Waffe".
„Ja!", schaltete sich sein Freund dazu. Erntete dafür prompt einen warnenden Seitenblick. „Warum sieht die überhaupt so seltsam aus? Es sieht aus wie eine Axt mit einem viel zu langen Stiel. Damit kann man doch gar nicht richtig kämpfen." Und während der schlaksigere der beiden Jungen vom anderen einen Hieb mit dem Ellenbogen kassierte, ahnte Notos so langsam, woher der Wind wehte. Er hob seine Hellebarde an. „Ich kann gerne zeigen, wie man damit kämpft – werft mich einfach ab." Stumme Irritation verdrängte zum Teil die feindselige Haltung, als die Bande untereinander verdatterte Blicke austauschte. „Ich meine es ernst.", beteuerte er nochmal schmunzelnd. „Werft mich ab. Egal mit was. Tannenzapfen, Stöcke, Steine... Ich halte es aus."

Es dauerte eine geraume Weile, bis wieder Leben in das Grüppchen kam. Und selbstverständlich war es der Anführer, der den ersten Angriff startete. Ein kleiner, verzweigter Ast, halbherzig und im hohen Bogen geworfen. Notos wehrte diese mit einem genauso lahmen, wenig enthusiastischen Hieb seiner Waffe ab. „Ist das alles?", stichelte er neckend. Das war wohl das Startzeichen. Ab diesem Zeitpunkt flogen ihm häufiger Projektile des Waldes entgegen. Die Kinder trauten sich sogar immer öfter direkt auf ihn zu zielen. Nun, zumindest die Jungs. Als das erste schwerere Geschütz gewählt wurde, schaffte es Notos diesen erst auf den letzten Drücker zu parieren. Der Stein landete mit einem lauten Platschen im See. Ihm entkam ein schiefes Grinsen. Das.. war gar nicht mal so übel! Und es war tatsächlich nicht ganz einfach, diese Menge an kleinen Geschossen gleichzeitig abwehren zu können. Er würde sich wohl mehr...

Es traf ihn völlig unvorbereitet. Im wahrsten Sinne des Wortes. Der Schmerz an seinem Hinterkopf war von kurzer Dauer und eigentlich kaum der Rede wert. Dennoch hielten auf einmal alle inne, als das kaum wahrnehmbare, dumpfe Geräusch eines Aufpralls dicht neben ihm erklang. Notos blickte zu Boden. Ein Kiefernzapfen. Anders als die restlichen Sachen, musste er von der Seite geworfen worden sein. Was wiederum bedeutete... Als er wieder zu der Gruppe an Kindern aufsah, erkannte er gerade noch, wie das kleine Mädchen zurück zu den Jungen huschte und sich verschreckt hinter dem Blondhaarigen versteckte. Sie war definitiv die Jüngste der drei. Und trotzdem schon so eine pfiffige Strategin...

Die Haltung der anderen wirkte mit einem Mal ebenfalls angespannt. Abwartend. Die Vorsicht wich aber genauso schnell wieder – nämlich dann, als ein heiteres Lachen die kleine Lichtung erfüllte. „Nicht schlecht, nicht schlecht! Damit geht der Sieg wohl an euch." Notos' Lachen erstarb, hinterließ auf seinem Gesicht aber weiterhin ein gutmütiges Grinsen. „Wie sieht's aus? Wollt ihr es mal probieren?"

---

„Achte auf deine Stellung. Die Füße sind zu weit auseinander. Und die Hand muss den Schaft so umgreifen... genau. Hände näher zusammenrücken, sonst rutscht dir die Waffe beim nächsten Schwung aus den Händen... Perfekt." Notos war sich nicht ganz sicher, wann genau der Übergang stattgefunden hatte. Der Augenblick, an welchem die Neugier der Drei endgültig überhandnahm. Zwar konnte diese die Vorsicht nicht gänzlich überschatten. Aber das Misstrauen wich langsam, je länger seine kleine Einführung in die Handhabung der seltsamen Waffe andauerte. Der Anführer der Truppe war der erste, der sich nach langem Zögern herangetraut hatte. Nicht ohne drohende Blicke und einer Warnung im Sinne von "Wenn mir etwas zustößt, wird mein Vater dich umbringen und das ganze Dorf auf dich hetzen". Aber es war ein Anfang. Und er hatte sich nicht schlecht gehalten. Notos erkannte eine Person, die schonmal eine Waffe in der Hand gehalten hatte. Sein junger blonder Schüler gehörte definitiv dazu. Sein Freund hingegen, dem er nun gerade die wichtigsten Grundlagen zu vermitteln versuchte...

Notos beobachtete mit einem skeptischen Blick die weiten, ausholenden Bewegungen – und griff schließlich ein, als der schlaksige Junge die Hellebarde von oben auf die Erde hinabdonnern lassen wollte. Die kalte Klinge drückte scharf gegen seine Handfläche, als dem Jungen wie zu erwarten bei dem Schwung die Waffe entglitt. Notos quittierte es lediglich mit einem gutmütigen Aufseufzen. „So wird es nicht funktionieren. Du kannst diese Waffe nicht wie einen Besen herumschwingen." Spottendes Kichern ertönte aus den hinteren Reihen, woraufhin sein neuster Lehrling frustrierter die Schultern hängen ließ. Notos hingegen ging auf den Kommentar gar nicht erst ein, sondern sah über diesen Fehlschlag wie schon die ganze Zeit geduldig lächelnd hinweg. „Obwohl, mit einem Besen würde das wohl auch funktionieren. Aber es geht einzig und allein um die Technik. Sieh her." Er umschloss mit dem Jungen zusammen die Hellebarde, um seine Haltung zu korrigieren, aber auch, um ihm das Führen zu erleichtern. „Du musst dich entscheiden, ob du zustoßen oder einen Hieb vollführen möchtest. Lass uns zuerst auf ersteres fokussieren. Dafür musst du diese Stellung einnehmen... gut. Versuch es nochmal."

Die nächsten paar Manöver funktionierten deutlich besser. Ein paar Mal sogar ohne seine Hilfe. Dennoch... Nachdenklich betrachtete er die für die Kinder eigentlich viel zu lange Waffe. „Hm. Nun, ich würde euch noch mehr beibringen. Aber dafür wäre es wohl besser, wenn ihr eigene Übungswaffen hättet. Vielleicht würden Äste ausreichen, etwas kürzer aber als meine eigene..." Er schaffte es nicht mal fertig zu reden, da erklang bereits ein „Ich finde als erster eine!", dicht gefolgt von einem „Heh, warte!" Und da waren die Jungs schon im Wald verschwunden. Schmunzelnd sah er ihnen nach. Plötzlich waren seine Verfolger so übermütig. Nun, alle, bis auf eine...

Ein scharfes Starren brannte sich in seinen Nacken, bevor Notos sich mit einem warmen Ausdruck im Gesicht zu der Jüngsten im Bunde umdrehte. Er ging vor ihr in die Hocke. „Und was ist mir dir, junge Dame? Wolltest du es auch versuchen?" Scheues Starren war nach wie vor die Antwort. Dabei fixierte sie nicht mal seine Augen. Eher eine Partie weiter darüber. Er verharrte in dieser abwartenden Position, bevor das kleine Mädchen es scheinbar selbst nicht mehr aushalten konnte. „Sind deine Haare so hell, weil du krank bist? Warst du deswegen bei den Heilerhütten?", platzte es auf einmal unverblümt aus ihr heraus. Notos blinzelte verwundert – und begann dann unvermittelt verhalten vor sich hinzustrahlen. Goldig. „Nun, nicht ganz, aber..." Verstohlen ließ er seinen Blick in der Lichtung umherwandern, ehe er sich verschwörerisch noch etwas weiter vorlehnte. „Möchtest du ein Geheimnis hören? Aber niemand darf davon erfahren, in Ordnung?" Die Augen seines Gegenübers wurden größer. Sie nickte heftig. Notos' Schmunzeln gewann an Intensität. Oh, er war sich sicher, zumindest in den Kreisen der Dorfkindern würde bald jeder davon wissen.

„Ich hatte nicht immer so helle Haare. Seltsam, nicht wahr? Es passierte, als ich deutlich jünger war. Kaum älter als deine Freunde. Weißt du... in der Nähe meines Dorfes gab es ein Monster. Es musste uralt sein. Meistens ließ es uns in Ruhe und wir taten das gleiche. Allerdings... unter den Jungs gab es eine Mutprobe – je näher man sich an die Höhle des Biests traute, umso mehr wurde man von den anderen respektiert. Und nun, ich war jung, wollte vor den anderen angeben... ich habe mich sogar in die Höhle rein getraut. Weißt du, was ich gesehen habe?" Seine Zuhörerin erstarrte. Rutschte noch ein wenig näher heran. Notos fuhr gedämpft fort, gestikulierte dabei veranschaulichend: „In der hintersten Ecke der Höhle lag ein langer, schuppenbesetzter Körper. Mit gewaltigen, krallenbesetzten Pranken. Und viiiiel größer als ich es war. Außerdem lagen bei seinem langen, dornigen Schweif unzählige glitzernde Gegenstände und Edelsteine. Und unter ihnen..." Notos klopfte vielsagend auf seine Hellebarde.

Das junge Mädchen holte tief Luft: „Du hast nicht!!" Dann hielt sie inne, fuhr leiser fort: „Du hast deine Waffe von diesem Monster geklaut?" Er nickte bedächtig. „Und hätte dafür fast mit meinem Leben gezahlt. Ich hatte nur Glück, dass das Wesen anfangs schlief und dass ich schon damals der flinkste Junge im Dorf war. Sogar flinker als viele der erwachsenen Krieger. Als das Biest aufgewacht war, war ich fast schon aus der Höhle draußen. Dennoch... es war wütend. Hat nach mir ausgeholt. Ich habe die Magie, die dessen Krallen umwabert hat, nie zuvor gesehen. Es hat mich nur knapp streifen können, sonst wäre ich sicherlich nicht mehr am Leben. Ich war unglaublich töricht. Aber es hat mich für meinen Mut für immer gekennzeichnet. Einerseits dieser Waffe und dem ein oder anderen ....Kratzer. Aber auch mit meiner seltsamen Haarfarbe, die ich seither trage."

Lautes Rascheln erklang, als ein Schatten aus dem niedrigen Gebüsch hervortrat. „Er bindet dir nur einen Bären auf, Alyn. Solche Monster gibt es nicht." Das Augenrollen war aus der Stimme des blonden Anführers klar rauszuhören. Zu Notos' großer Überraschung wurde er wohl wieder belauscht. „Aber...er hat helle Haare. Sie sind fast weiß wie Schnee", gab das Mädchen patzig von sich. „Und er hat eine seltsame Waffe. Sie sieht richtig edel aus. Du hast selbst gesagt, dass du sowas nie gesehen hast, Colin." Und damit wäre das Trio wohl wieder komplett. Der älteste der Bande gab nur ein undeutliches Murren von sich, schien der Geschichte weder zu glauben noch diese komplett widerlegen zu können. Und Notos? Der grinste nur verschmitzt vor sich hin. „Ich sehe, ihr seid zurück. Nun denn, wollen wir weiter machen?"



Antworten Zuletzt bearbeitet am 01.07.2023 23:18.

Saphyr

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 08.04.2023 00:28

Keine Antwort. Nicht ein Ton kam durch die Tür. Nirah wartete nicht lange und öffnete sie schwungvoll. Wenn Notos nicht meinte, antworten zu müssen, war er selbst Schuld. Holz krachte gegen die Wand. Sie eilte hinein, stoppte sofort wieder und sah sich einmal um. Niemand war hier. Das Bettzeug war so zerwühlt, wie sie es zurückgelassen hatte, der Essenskorb stand noch da und sah auf den ersten Blick unberührt aus. Die lange Waffe war natürlich verschwunden, ebenso wie ihr Besitzer.
"Sir Jasper?", fragte sie. Keine Regung. Patient wie Begleiter schienen ausgeflogen zu sein.
Nirah spürte ein verräterisches Pochen in sich aufsteigen. Sie ließ die Kleidung auf das Bett fallen. Wie lange war sie weg gewesen? Die Zeit war während des Austauschs mit Weißhaar schnell verflogen. Es war sicherlich lang genug, damit Notos sich hätte waschen, seine Sachen packen und das Dorf ungesehen hinter sich lassen können.

Sich einmal im Kreis drehend, regelrecht suchend sah sich Nirah ein weiteres Mal um. Die beiden Windtänzer und der Kranz waren noch da, offensichtlich unangerührt. Als ob er etwas davon mitnehmen würde. Hastig eilte sie zu dem schlichten Schrank, riss die Türen auf. Etwas Helles kam ihr von oben entgegen gesegelt, wahrscheinlich mitgerissen von den Türen. Eindeutig Notos' Hemd. Der Rest der Montur lag ordentlich gefaltet im Schrank. Sie erkannte das dunkle Blau sofort. Sofort atmete sie erleichtert auf. Notos wäre wohl kaum ohne seine Kleidung gegangen. Ein helles, nervöses Lachen bahnte sich einen Weg nach außen. Gleichzeitig verfluchte Nirah sich für ihre eigene Reaktion. Er würde nicht gehen, ohne sich zu verabschieden? Oder? Immerhin war noch nicht alles geklärt. Noch längst nicht. Sie vertrieb das Bild des Wolfes, der sie unentwegt anstarrte, aus ihren Gedanken. Es gab Fragen zu beantworten, eine Abmachung zu erfüllen. Das war alles. Geistesabwesend faltete Nirah das Hemd. Sie stopfte es zum Rest der Montur, wo es aussah, als hätte sie es achtlos zusammengeknüllt. Dann verließ sie das Zimmer.

Draußen hoffte sie fast, den Wolf wiederzusehen, doch natürlich tauchte er nicht auf. Nirah fragte sich, ob sie sich glücklich schätzen sollte, dass er sich überhaupt gezeigt hatte oder ob sie umso genervter von ihm sein sollte. Wahrscheinlich beides. Dabei hatte es so vielversprechend gewirkt ... bis er sich in Luft aufgelöst hat. Wieder.
Notos war auch nicht hier draußen, was zu erwarten gewesen war. Wenn er nicht hier war, nicht in der Hütte und nicht abgehauen war ... Er hatte sich waschen wollen. Vielleicht hatte nicht nur Nirah - berechtigterweise - daran gedacht, ihn im See zu versenken. Die Erinnerung an ihn, wie er am Wasser saß und still nähte, kam ihr vor Augen. Entweder er war dort am Seeufer und machte ... irgendetwas. Mehr Blumen sammeln oder etwas in der Art. Oder er war irgendwo im Wald und stellte etwas unfassbar Dummes an. Andererseits ... fast alles, das ihr einfiel, schien unfassbar dumm zu sein in Anbetracht seines Gesundheitszustandes.

Trotzdem trugen Nirahs Füße sie zielstrebig zu dem silbern glitzernden Spiegel des Dorfes. Eilig ging sie das Ufer entlang, in die Richtung, wo sie Notos am Tag zuvor gefunden hatte. Bald schon hatte sie die Stelle erreicht. Er war nicht da. Für einen Moment blieb sie stehen und sah sich um. Ein säuerlicher Ausdruck wollte sich gerade schon auf ihr Gesicht schleichen, da erregte ein Klacken ihre Aufmerksamkeit. Noch mal. Wieder. Das Geräusch folgte einem undefinierbaren Rhythmus. Sie konnte nicht einordnen, was die Quelle war. Allerdings sagte es ihr eindeutig, dass Menschen es verursachen mussten. Beziehungsweise ein ganz bestimmter Mensch mit einer langen Waffe und einem Hang zur Lästigkeit. Gedämpfte Stimmen ertönten irgendwo hinter einer Mauer aus Gebüsch. Mehrere? Eine davon schien dem verschwundenen Krieger zu gehören. 

Nirah lief um die grüne Barrikade herum, ausnahmsweise den langen Weg nutzend. Dahinter befand sich eine recht große, ebene Fläche auf der sich zwei, drei, nein vier Personen versammelt hatten. Einer davon war glücklicherweise tatsächlich Notos. Und die anderen drei kamen ihr ebenfalls bekannt vor. 
"Weißt du, es könnte schon was dran sein, Colin." meinte Brann gerade nachdenklich. "Wenn das Monster wirklich so seltsame Magie hatte, könnte es bestimmt seine Haare so hell gemacht haben." In seiner Hand hielt er einen langen Stock. "Eben!" kam es von weiter hinten. Colin entwich derweil ein abfälliges Schnauben. Er machte eine flinke Bewegung mit seinem eigenen Stock und Brann gab einen schmerzerfüllten Laut von sich. "Du sollst nicht reden, sondern üben" belehrte Colin grinsend seinen Freund, welcher sofort seine "Waffe" anhob und einige schwungvolle Bewegungen gegen die Luft machte. Ein Mädchen stand etwas im Hintergrund und sammelte Dinge vom Boden auf. Kurz darauf wandte sie sich mit verhaltenem, aber eindeutig vorfreudigem Lächeln an Notos. "Darf ich dich nochmal abwerfen?" 

Die Szene war völlig unerwartet und ließ Nirah wahrscheinlich deswegen umgehend erheitert schmunzeln. "Darf ich dich auch abwerfen, Donnerschwinge? Ich denke, das würde mir sehr gefallen." fragte sie in die Runde. Die Kinder erstarrten sofort, schienen sie erst jetzt richtig zu bemerken. Colin und Brann wirkten ein wenig so, als hätte man sie bei etwas Verbotenem ertappt. "Und darf ich fragen, was genau hier eigentlich vor sich geht?" 
Alyn regte sich überraschenderweise als Erste. Ihre Augen funkelten voller Aufregung, auch wenn ihre Stimme schüchtern klang. "Der Fremde bringt uns Kämpfen bei." 
Nirah zog die Augenbrauen hoch. "So, tut er das?" Ihr Blick huschte zu dem Krieger und fixierte seine irritierend blauen Augen. "Ich denke der Fremde hat nicht erwähnt, dass er noch krank ist und sich deswegen noch etwas schonen sollte, oder?" Alyn verschränkte fast vorwurfsvoll die Arme und gab eine leises "Nein, hat er nicht!" von sich.  "Und ich schätze, dein Vater weiß auch nichts von der Angelegenheit, Colin?", sagte Nirah, ohne auch nur einen Moment von Notos abzulassen. "Jedenfalls habe ich ihn vorhin getroffen und er hat nicht erwähnt, dass mein Patient ihm neuerdings seine Arbeit abnimmt?" Colin machte ein seltsam ersticktes Geräusch.
"Und wie lange gedenkt der Fremde, noch Unterrichtsstunden zu geben?", fragte sie Notos. Sie klang strenger als sie sich fühlte. Denn das kleine Lächeln blieb hartnäckig auf seinem Platz. "Ich meine ..." und sie klaubte einen Tannenzapfen vom Boden, warf ihn drohend einmal nach oben. "... ich kann auch warten." 


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